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Jugendförderung in Osterholz Angst um den guten Ruf von Petri und Eichen

Kündigungen in der Kinder- und Jugendarbeit sorgen in Osterholz für Unruhe. In die Diskussion haben sich ehemalige Führungskräfte der Träger St. Petri und Alten Eichen eingemischt – und finden deutliche Worte.
26.09.2024, 05:00 Uhr
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Angst um den guten Ruf von Petri und Eichen
Von Christian Hasemann

In den Stadtteilen des Bremer Ostens schlagen die überraschenden Kündigungen zweier Bereichsleiter für die Kinder- und Jugendarbeit bei Petri und Eichen weiter hohe Wellen. Die Vorgänge beschäftigen in den kommenden Tagen nicht nur Ausschüsse und Beiräte. Auch ehemalige Führungskräfte des Trägers melden sich zu Wort. Sie sehen seinen Ruf in Gefahr.

Wilfried Möhlmann war Geschäftsführer bei der St.-Petri-Kinder- und Jugendhilfe, Detlev Busche war 40 Jahre beim Träger Alten Eichen angestellt, unter anderem als Leiter des Kinderheims. Möhlmann und Busche haben den Zusammenschluss der beiden Träger zur jetzigen gemeinnützigen GmbH Petri und Eichen maßgeblich auf den Weg gebracht.

Sorge um die Wirkung in der Fläche

Dass die beiden Träger überhaupt zusammengingen, liegt an einem Grundproblem der Kinder- und Jugendhilfe: der schwierigen Finanzierung. "Wir wollten das Profil beider Träger erhalten, aber unter der gemeinsamen Trägerschaft die Kosten reduzieren", erklärt Busche. Gleichzeitig, so sagt es Möhlmann, habe man die sozialräumliche Verbreitung in Osterholz und Horn erhalten wollen.

Aus dieser sozialräumlichen Verbreitung zieht sich Petri und Eichen mit der Kündigung zweier Bereichsleiter für die Jugendförderung und dem teilweisen Verzicht auf Projektförderung über das Förderprogramm Wohnen in Nachbarschaften (Win) ein stückweit zurück. "Dass man das jetzt aufs Spiel setzt, das halte ich für fahrlässig", sagt Busche.

Busche bestätigt, dass der Aufwand für Projektanträge groß ist. "Aber warum macht man das nicht zum Thema aller Träger?" Er plädiert für eine Verschlankung des Bürokratieaufwands. "Da fehlt mir, dass die Träger auf den Putz hauen."

Dass der Verwaltungsaufwand hoch ist, bestätigt das Sozialressort auf Anfrage nicht. Tatsächlich sei, so ein Sprecher, ein Win-Antrag eins der "schlankesten" Antragsverfahren. Anders sei es beim Programm Lokales Kapital für Soziale Zwecke (LOS) gewesen, doch auch dort sei es seit 2022 zu Vereinfachungen gekommen. Petri und Eichen sei bisher der einzige Träger, der sich aus dem Programm verabschiede.

Es geht auch immer darum, Kinder und Jugendliche anzusprechen, die sonst nicht so zu erreichen sind.
Wilfried Möhlmann

"Uns war wichtig, dass wir mit diesen Angeboten Zugang zu den Familien haben, denn Familienhilfe trifft nicht überall auf Sympathie", sagt Möhlmann. St. Petri habe sich damit im Stadtteil einen guten Namen verschafft. "Es geht auch immer darum, Kinder und Jugendliche anzusprechen, die sonst nicht so zu erreichen sind." Umgekehrt sei es so, dass die Mitarbeiter mitbekämen, was im Quartier gerade los sei, ergänzt Busche.

Er erinnert auch daran, was der Träger mit den beiden nun vor der Entlassung stehenden Mitarbeitern für ein Kapital habe. "Ein guter Ruf transportiert sich auch über die Mitarbeiter. Dass man das aufs Spiel setzt, verstehe ich nicht, denn das ist Kapital, das man hat." Sorgen um die Zukunft der beiden geschassten Mitarbeiter mache er sich nicht. "Die werden woanders mit Kusshand genommen."

Letztlich geht es den beiden ehemaligen Geschäftsführern auch nicht so sehr um Personalien, sondern um Kommunikation. "Ich hätte mir gewünscht, dass der Träger, wenn er Probleme mit der Refinanzierung hat, sich mit dem Ortsamt, dem Beirat, den Quartiersmanagern und den Mitarbeitern zusammensetzt und den politischen Druck erhöht." Letztlich müsse man zeigen, dass Petri und Eichen ein verlässlicher Partner sei. Tatsächlich waren die Verantwortlichen in den Stadtteilen von der plötzlichen Ankündigung von Petri und Eichen völlig überrascht worden.

Die wirtschaftliche Seite

Warum die wirtschaftliche Seite in den vergangenen Jahren bei Petri und Eichen offenbar mehr im Fokus steht, darüber können Möhlmann und Busche nur spekulieren. Sie betonen aber, dass es auch zu ihrer Zeit immer wieder kritische Phasen in der Finanzierung gab, diese aber gemeinsam mit den Mitarbeitern gelöst werden konnten.

Ein Blick in das Kuratorium von Petri und Eichen verrät, dass dort Menschen sitzen, die mutmaßlich nicht unbedingt einen sehr engen Lebensbezug zu Tenever haben, sondern sich in wirtschaftlich deutlich stärkeren Kreisen bewegen: Architekten, Wirtschaftsprüfer, Unternehmer, vornehmlich weiß, vornehmlich männlich. Pädagogen oder Sozialarbeiter sind darunter nicht zu finden. In den vergangenen Jahren hat Petri und Eichen ein Beratungsunternehmen beauftragt, auf dessen Empfehlung hin Geschäftsführer Bernd Schmitt, Diplom-Pädagoge, und Kai Uwe Hamm 2022 ebenfalls überraschend entlassen wurden. Stattdessen wurde eine Interimsgeschäftsführung eingesetzt – bestehend aus zwei Unternehmensberatern.

Beiräte wollen Fragen stellen

Die aktuellste Bilanz von Petri und Eichen im Bundesanzeiger weist für das Bilanzjahr 2021 ein Minus von 232.132 und 2020 von 265.918 Euro aus. Das bei einer Gesamtbilanz von annähernd 22 Millionen Euro im Jahr 2021. Annähernd 17 Millionen Euro entfielen 2021 auf die Löhne der Angestellten. Dieser Posten dürfte in den vergangenen Jahren noch gestiegen sein.

Wie es bei Petri und Eichen weitergehen wird, das möchten auch die Beiräte im Bremer Osten wissen. Für Montag, 30. September, hat der Osterholzer Beirat Vertreter von Petri und Eichen in seine Sitzung ab 18.30 Uhr im Schweizer Foyer eingeladen. Bereits am Donnerstag, 26. September, macht der Ausschuss für Wohnen in Nachbarschaften in Hemelingen Petri und Eichen zum Thema.

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