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Jugendförderung in Bremen-Ost Wirbel beim Jugendhilfeträger Petri und Eichen

Überraschender Umbau beim Jugendhilfeträger Petri und Eichen: Die Bereichsleiter für die Jugendförderung sollen gehen. Erste Auswirkungen sind in den Stadtteilen bereits spürbar.
08.09.2024, 18:00 Uhr
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Wirbel beim Jugendhilfeträger Petri und Eichen
Von Christian Hasemann

Die Nachricht hat sich wie ein Lauffeuer durch Osterholz und Hemelingen verbreitet: Petri und Eichen möchte offenbar die Jugendförderung umstrukturieren. Betroffen davon sind zwei langjährige in den Stadtteilen bestens vernetzte Bereichsleiter des Jugendhilfeträgers, die nun offenbar vor die Tür gesetzt werden sollen. In einer Mail der Geschäftsführung an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dem WESER-KURIER vorliegt, heißt es, dass alle Bereichsleiter des Geschäftsbereichs Jugendförderung und die Mitarbeitervertretung eingeladen worden und über die geplanten Veränderungen der Zuwendungsanträge 2025 informiert worden seien.

Bereichsleiter Jugendförderung sollen gehen

"Aufgrund der politischen Entscheidungen und der schlechteren finanziellen Ausstattung der Jugendförderung werden wir in diesem Jahr Anpassungen vornehmen müssen", heißt es weiter. Sprich: Es soll Geld gespart werden. Aus voneinander unabhängigen Quellen aus den Stadtteilen heißt es übereinstimmend, dass dies die Stellen der Bereichsleiter Jugendförderung, Cemile Tolan und Faro Tuncel, seit 18 Jahren bei Petri und Eichen tätig, betrifft. Diese sollen demnach gestrichen werden – völlig unerwartet, wie es heißt.

Dass finanzielle Grüne ausschlaggebend sein sollen, sorgt für Stirnrunzeln in Osterholz. Denn die Träger der Offenen Kinder- und Jugendarbeit haben per Haushaltsbeschluss sieben Prozent mehr Geld bekommen – damit auch Petri und Eichen. "Das entspricht unserer Einschätzung nach auch den Kostensteigerungen der Träger", so ein Sprecher des Sozialressorts auf Nachfrage.

"In der Vergangenheit nicht auskömmlich finanziert"

Von Petri und Eichen heißt es, dass die haushaltslose Zeit alle Kinder- und Jugendhilfeträger sehr belastet habe. Die aktuelle Haushaltssperre führte und führe nicht zu einer Verbesserung der Lage.

"Verstärkt wurde dies obendrein durch den Umstand, dass die Offene Kinder- und Jugendarbeit in der Vergangenheit nicht auskömmlich finanziert war", so eine Sprecherin. Daran ändere auch die Erhöhung nichts, da diese trotzdem nicht ausreichend sei. "Aus diesem Grund sind interne Umstrukturierungen notwendig, um die pädagogische Arbeit auch zukünftig in gleicher Qualität weiterführen zu können."

Spürbare Auswirkungen

Für Wirbel in Osterholz und Hemelingen sorgt die Nachricht deshalb, weil Petri und Eichen mit mehreren Jugendeinrichtungen in Hemelingen und Osterholz vertreten ist. Dazu gehören unter anderem der Fitpoint, der Kinderbauernhof Tenever und die Jugendfreizeitheime in Hemelingen und Tenever.

Tatsächlich hat die offensichtliche Neuausrichtung Folgen. "Win-Anträge (das Förderprogramm Wohnen in Nachbarschaften) für kommende Woche wurden von Petri und Eichen zurückgezogen", sagt Aykut Tasan, Quartiersmanager im Schweizer Viertel. Es sei kommuniziert worden, dass auch künftig keine Anträge mehr gestellt würden.

Dieser Rückzug bedeutet weniger Angebote für Kinder und Jugendliche in den Quartieren, die hohe Kinderzahlen haben.
Aykut Tasan, Quartiersmanager

"Das betrifft unter anderem den Kinderbauernhof, die Umweltlernwerkstatt und die Hausaufgabenhilfe", zählt Tasan auf. Über Win-Gelder werden kleinteilige Projekte in sozial benachteiligten Quartieren finanziert. "Dieser Rückzug bedeutet weniger Angebote für Kinder und Jugendliche in den Quartieren, die hohe Kinderzahlen haben."

Grundsätzlich habe ein Träger die Freiheit, seine Tätigkeitsbereiche zu verändern, sagt der Sprecher des Sozialressorts. "Wenn dadurch finanzielle Mittel frei werden, stehen sie für andere Träger zur Verfügung, die vielleicht ähnliche oder andere für den Stadtteil attraktive Projekte anbieten."

Aykut Tasan spricht von einem Vertrauensbruch Petri und Eichens. "Wenn ein Träger Angebote für unsere Quartiere einstellt, dann ist das dramatisch. Wer soll das übernehmen?"

Angst greift um sich

Die Tenever-Quartiersmanagerin Katrin Höpker hat beobachtet, dass im Ortsteil die Angst umgeht, dass das Quartier dorthin zurückfällt, wo es vor 25 Jahren war. Denn zusätzlich drohen durch die Kürzungen beim Jobcenter Angebote wegzufallen, die bisher mit sogenannten Arbeitsgelegenheiten möglich waren.

Derweil versucht Petri und Eichen die Stimmung zu beruhigen. So heißt es: "Petri und Eichen bleibt weiterhin an allen Standorten der Stadt bestehen und wird sich in keiner Weise aus der Jugendförderung zurückziehen." Kein Jugendhaus oder Freizi werde geschlossen. "Gerade nach dem Wochenende der Wahlen in Thüringen und Sachsen ist es uns ein bedeutsames Anliegen, in allen vier Stadtteilen (Tenever, Hemelingen, Huchting und Horn-Lehe) weiterhin sichtbar zu sein und zu bleiben."

Seit Jahren Umstrukturierungen

Ziel der Umstrukturierung ist offenbar, die wirtschaftlichen Bereiche zu stärken, wie zum Beispiel den stationären Bereich, und die weniger wirtschaftlichen zu verkleinern. Das Organisieren, Dokumentieren und Evaluieren von beispielsweise Win-Projekten gilt als personell aufwendig – eine Aufgabe der Bereichsleiter Jugendförderung.

Seit der Fusion der beiden Jugendhilfeträger St. Petri und Alten Eichen 2020 hat es immer wieder rumort. 2022 ersetzte das Kuratorium für Außenstehende völlig überraschend die langjährigen Geschäftsführer Kay Uwe Hamm und Bernd Schmitt mit Albrecht von Bonin und Sebastian Matysek. 2023 wurde Tobias Bathelt zum Geschäftsführer bestellt.

Die betroffenen Mitarbeiter wollten sich zu den Vorgängen bei Petri und Eichen nicht äußern.

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