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Bis Ende 2027 ausgelegt Übergangswohnheim Rotes Dorf in Osterholz eröffnet

In Osterholz hat das Übergangswohnheim Rotes Dorf eröffnet. Es soll zunächst bis Ende 2027 bis zu 150 Bewohnern eine Unterkunft auf Zeit sein. Vor Ort begegnen Anwohner der Unterkunft noch mit Skepsis.
11.09.2025, 05:00 Uhr
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Übergangswohnheim Rotes Dorf in Osterholz eröffnet
Von Christian Hasemann

Noch sind an diesem Morgen Handwerker dabei die letzten Arbeiten zu erledigen: An einer Stelle muss noch gepflastert, an anderer Stelle noch die letzte Technik angeschlossen werden. Doch bereits im Laufe der Woche sollen in das sogenannte Rote Dorf an der Straße Am Hilgeskamp die ersten drei Familien einziehen. Einziehen in eine Bleibe auf Zeit, denn das Übergangswohnheim soll nur das Sprungbrett in normalen Wohnraum sein. Während eines Tages der offenen Tür konnten sich Anwohnerinnen und Anwohner einen Überblick über die Anlage verschaffen.

Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD) fand vor einem Rundgang mit der Einrichtungsleitung lobende Worte für das Rote Dorf. "Ich finde die Anlage total gut gelungen mit dem Garten und dem Spielplatz." Martin Böckmann vom Träger Caritas betonte: "Es ist wichtig, dass wir die Menschen nicht nur begleiten, sondern, dass sie auch integriert werden, in Wohnungen, in Arbeit."

Schlichte Unterkünfte für Familien

150 Menschen können maximal in dem Containerdorf leben, das 56 Appartements für zwei und vier Personen bietet. Die Mobilbauten gruppieren sich dabei als doppelstöckige Atrium-Häuser mit Laubengängen um den Spielplatz im Zentrum des Roten Dorfes. Wenn man so möchte der Dorfplatz. An seinem Kopfende die Gemeinschaftsräume. Hier gibt es auch einen Innenspielbereich für Kinder, an diesem Tag allerdings fehlt noch das Mobiliar, einzig ein paar Spiele stehen bereit. Überhaupt fällt beim Blick in die Wohnräume auf, dass die Einrichtung von Luxus weit entfernt ist: Doppelstockbetten, Linoleumböden, schmale Spinde als Schränke und eine einfache Küchenzeile sowie ein kleines Bad. Damit erschöpft sich der Wohnkomfort.

Für die künftigen Bewohner, das sollen laut Auskunft der Caritas und der Sozialbehörde vor allem Familien sein, dürften dies allerdings deutlich mehr Lebensqualität und Privatsphäre mitbringen als das Leben in den Erstaufnahmeeinrichtungen, von denen sie in das Rote Dorf umziehen. Sechs Mitarbeiter, von denen eine Stelle gezielt für die Vermittlung in reguläre Wohnungen zuständig sein wird, werden sich laut Leiterin Katharina Eicken um die Menschen in dem Dorf kümmern. "Wir wollen Teil der Nachbarschaft werden", sagt sie über ihre Zielsetzung. Sie hoffe darauf, dass sich die Menschen vor Ort kennenlernten und vernetzten. "Das Rote Dorf ist offen und nicht verschlossen", lädt sie die Nachbarschaft ein.

Skepsis und Sorgen bei Anwohnern

Im Vorfeld hatte es über den Standort Auseinandersetzungen gegeben. 2023 hatte der Ortsbeirat Osterholz den Standort Am Hilgeskamp, ein Straßenzug, der vor allem von Einfamilienhäusern geprägt ist, abgelehnt. Er hätte stattdessen das Dorf lieber an einem anderen Standort in Osterholz gesehen. Ein Argument des Beirats: Die Infrastruktur vor Ort sei nicht so gut geeignet wie an anderer Stelle im Stadtteil. Anders sieht es die Einrichtungsleiterin. "Ich finde die Infrastruktur sehr gut", sagt Eicken. Der Nahverkehr sei beispielsweise nicht weit entfernt.

Der Tag der offenen Tür war ausdrücklich auch an Anwohnerinnen und Anwohner gerichtet. Am Morgen nahmen dieses Angebot eine Handvoll Menschen wahr, die sich zwar neugierig aber auch noch etwas reserviert zeigten. Eine Frau formulierte es so: "Wir arrangieren uns nun damit." Auch wenn die Skepsis und Sorgen bei ihr deutlich zu spüren war, sagte sie: "Aber ich freue mich, wenn sich die Menschen hier wohlfühlen."

Das Übergangswohnheim ist zunächst bis Ende 2027 ausgelegt. Die Investitionskosten für den Bau und die Grundstücksmiete liegen bei 5,7 Millionen Euro. Ob es zu einer Verlängerung kommt, wird sich dann entscheiden. Dies wird davon abhängig sein, wie sich die Zahl der Schutzsuchenden entwickelt. Eine Verlängerung wäre aber nichts Ungewöhnliches. Im benachbarten Hemelingen hat der Beirat zuletzt einer Verlängerung des Grünen Dorfes in Arbergen, sozusagen der Bruder des Roten Dorfes, zugestimmt. In Arbergen hat es in den inzwischen annähernd zehn Jahren, seit das Dorf besteht, keine größeren Auffälligkeiten gegeben. Und auch Osterholz hat Erfahrung mit Unterkünften für Geflüchtete: Jahrelang stand ein Übergangswohnheim an der Otto-Brenner-Allee, dort, wo nun das sogenannte Nordquartier der Gewoba entsteht.

Sinkende Asylzahlen

Derzeit sinken die Zuzugszahlen in Deutschland sowie ganz Europa. In Deutschland ging die Zahl der Asylanträge im August im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent, in Europa um 24 Prozent zurück. Allerdings leben noch immer zahlreiche Menschen in Bremen in Leichtbauhallen in der Überseestadt und am Klinikum Bremen-Mitte. In den 34 Übergangswohnheimen dagegen versorgen sich die Menschen selber und sind über Kitas und Schulen in die Stadtteile eingebunden. Nach Angaben des Sozialressorts sind alle Verträge mit Hotels inzwischen gekündigt. Im Jahr 2024 hat Bremen 4101 Menschen aufgenommen als Asylsuchende (1904), als Geflüchtete aus der Ukraine (1811) oder als unerlaubt eingereiste Ausländer auf der Grundlage humanitären Bleiberechts (386).

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