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Gegen die zunehmende Vermüllung Bremens Stadtteil-Parlamentarier packen mit an

Der Müllvandalismus in Bremen wird seit Monaten immer schlimmer, jetzt setzten Stadtteil-Parlamentarier aller Fraktionen Zeichen gegen diese Missstände am Osterdeich und in den Wallanlagen.
21.07.2021, 18:00 Uhr
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Stadtteil-Parlamentarier packen mit an
Von Sigrid Schuer

Die Stadtteil-Parlamentarier der Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt krempeln die Ärmel hoch und sagen dem Müllvandalismus in den grünen Naherholungsgebieten im Herzen Bremens den Kampf an. Tatort Osterdeich: Am vergangenen Sonnabend mischten sich Steffen Eilers (Grüne), Sprecher des Beirates Östliche Vorstadt, sowie Waltraud Steimke, Insa Drechsler-Konukiewitz (beide Grüne), Holger Ilgner (SPD) und Jan Strauß (Die Linke) aus dem Beirat Mitte unter die vielen Feiernden am Osterdeich, um grüne Müllsäcke zu verteilen. Die Botschaft im Rahmen der von den Beiräten in Kooperation mit dem Ortsamt Mitte/Östliche Vorstadt initiierten Respekt-Kampagne ist klar: Nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme kann es funktionieren, um zu vermeiden, dass die Situation immer weiter eskaliert. Wie bereits mehrfach berichtet, ist die Anwohnerschaft rund um den Sielwall inzwischen massiv genervt, wenn an den Wochenenden bis zu 1700 Leute am Osterdeich zusammenkommen, um bis in die Nachtstunden hinein zu feiern. Das ist nicht nur mit einem steigenden Lärm-, sondern auch Alkoholpegel verbunden. Und so werden seit Wochen viele Vorgärten kurzerhand als Toiletten missbraucht, was die Anwohnerschaft in Rage bringt.

Dazu kommt die hartnäckige Vermüllung des Osterdeiches. Die Wiesen gleichen nach einer solchen Party-Nacht oft genug einem Schlachtfeld, zerschlagene Flaschen, riesige Pizza-Kartons und andere To-go-Verpackungen wahllos in der Gegend verstreut. Es hagelte Beschwerden beim Ortsamt. Das prompt reagierte. Inzwischen sind auf dem kurzen Dienstweg zusätzliche Toiletten-Container, so oberhalb der Sielwallfähre, aufgestellt worden, die regelmäßig gereinigt werden und von Personal bis zwei Uhr morgens bewacht werden. Das werde, so die Beobachtung von Steffen Eilers und seinen Kollegen, auch gut angenommen. "Bei vielen hat sich dieses Angebot schon herumgesprochen, viele wussten es aber noch nicht und haben sich gefreut, dass wir sie darauf aufmerksam gemacht haben", so die Bilanz des Sprechers des Beirates Östliche Vorstadt.

Gut angenommen wurde ihm zu Folge auch die Respektaktion, mit Verteilung von Flyern und Postkarten mit Verhaltenshinweisen zu respektvollem Umgang mit der Nachbarschaft am Osterdeich sowie die Verteilung großer Müllsäcke. "Wir haben viele, konstruktive Gespräche mit den jungen Leuten geführt und sind größtenteils auf viel Verständnis gestoßen. 95 Prozent haben versichert, dass sie ihren Müll wieder mitnehmen wollten", so Eilers. Allerdings sei der Alkohol-Pegel um 23 Uhr bei einigen schon so hoch gewesen, dass sie sich nur noch im Party-Modus bewegten und es schwer gewesen sei, bis zu ihnen durchzudringen. Eine Wiederholung dieser Respekt-Aktion sei durchaus geplant, dann aber vielleicht eine Stunde früher, wegen des Alkoholpegels, bilanzierte der Beiratssprecher.

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Genervt ist auch die CDU von dem Müllvandalismus, der in den Wallanlagen seit Monaten immer schlimmer wird. Es verfestige sich das Bild einer zunehmend verwahrlosten und vermüllten Innenstadt, so Michael Jonitz, Vorsitzender der CDU Mitte/Östliche Vorstadt. Das können auch die vielen, regelmäßigen Flaneure gut beobachten. Darunter auch Dirk Paulmann, Mitglied im Beirat Mitte, dem die Missstände ein Dorn im Auge sind. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen der CDU-Beiratsfraktion Bremen-Mitte und des Stadtbezirksverbandes Mitte/Östliche Vorstadt, sammelt er seit dem Frühjahr alle vier bis sechs Wochen immer sonntags Müll in den Wallanlagen, aber auch in der Bahnhofsvorstadt auf. "Der viele herumfliegende Müll ist nicht nur ein Ärgernis, sondern durch die Glasscherben und benutzten Spritzen auch eine Gefahr für Kinder und Tiere, insbesondere in den Wallanlagen", betont er. Unter dem Motto "weniger reden, mehr anpacken" initiierte Studentin und CDU-Beiratsmitglied Ann-Kathrin Mattern die Aktion.

Es brauchte nur die Länge eines Fußballspiels, heißt es in einer Mitteilung der CDU, um vier große Müllsäcke von nur vier Sammlern befüllen zu lassen. Zigarettenkippen, Essensverpackungen, teilweise kaputte Flaschen und unzählige benutzte Spritzen hätten am Ende die Masse des Mülls in den Säcken dargestellt. Sogar einen Teppich fischten die Stadtteil-Parlamentarier aus dem Wallgraben. "Traurig und beschämend", befand Phillipp van Gels und merkte an, dass sich seit Beginn der Aktionen im Frühjahr die Säcke immer schneller gefüllt hätten. Diese Meinung teilt Michael Jonitz voll und ganz. Auch der Vorsitzende der CDU Mitte/Östliche Vorstadt packte bei der Aktion mit an. Viele Bremerinnen und Bremer, aber auch die allmählich wieder zurück kehrenden Tagesgäste, würden die Müllsammelaktion loben,sagt er.

Zur Sache

Keine Reaktion auf Pilotprojekt-Antrag

Schon vor Wochen hatte Dirk Paulmann, Mitglied des Beirates Mitte, den Antrag gestellt, am Wall ein Pilotprojekt mit neu zu installierenden Müll-Behältern zu starten. In Form größerer Stelen, in denen die Abfallentsorgung unterirdisch erfolgen kann, wie sie bereits auch in Hamburg eingesetzt werden. Der Antrag wurde von den Beiratsmitgliedern einstimmig angenommen. Seitdem hat sich allerdings noch nicht viel getan. Finanziert werden soll das Pilotprojekt nach den Vorstellungen von Paulmann über das Programm zur Wiederbelebung der Bremer Innenstadt. Sein Fazit: Wenn Bremen das Vermüllungsproblem nicht in den Griff bekomme, schrecke das zunehmend auch die Touristen ab.

Geprüft werden muss der Antrag nicht zuletzt von Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki, der über das Gartendenkmal Wall wacht. Mögliche Problempunkte: In wieweit Entsorgungsfahrzeuge solche neuen Behälter erreichen könnten und nicht zuletzt der Schutz unterirdischer Baumwurzeln. Darauf verweist auch Mobilitätssenatorin Maike Schaefer, genauso wie auf die vielen, zusätzlich aufgestellten Müll-Behälter. Immer verzweifeltere Signale sendet indes die Bremer Stadtreinigung. Auch jetzt benennt die jüngste Mitteilung von Pressesprecherin Antje von Horn ein gesellschaftliches Problem: "Letztendlich liegt es auch immer mit an den Bewohnern dieser Stadt, wie sich das Sauberkeitsbild Bremens darstellt". So hätten an den letzten Wochenenden mehrmals täglich Reinigungsgänge an den besagten Müll-Brennpunkten in der ganzen Stadt durchgeführt werden müssen. Dabei wurden auch die Abfallbehälter mehrmals geleert. Insgesamt stünden in den Bremer Grünanlagen 1148 Behälter und an den Badeseen 130 weitere zur Verfügung. Allein am Osterdeich stehen 15 Saisongefäße mit je 120 Liter Volumen zur Verfügung. Am Problem der allgemeinen Vermüllung hat das allerdings nicht viel geändert.

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