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Wohnungsnot Hohe Mieten in Bremen-Nord

Es gibt zu wenig kleine Wohnungen und die Mieten sind in Vegesack und umzu überproportional gestiegen. Das kritisiert das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen. Wer lebt wie im Bremer Norden?
03.09.2023, 18:00 Uhr
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Hohe Mieten in Bremen-Nord
Von Patricia Brandt

„Auch in Bremen-Nord werden immer mehr Menschen in prekären Lebensumständen sichtbar, deren Versorgung mit Wohnraum gefährdet ist“, sagt Joachim Barloschky, Mitglied des Aktionsbündnisses Menschenrecht auf Wohnen. Bis zu 10.000 Menschen in der Stadt Bremen sind nach Zahlen des Bündnisses wohnungslos. Sie haben keinen Mietvertrag und kommen nur behelfsweise unter. Steigende Mieten und fehlende Sozialwohnungen werden auch nördlich der Lesum zunehmend zu einem Problem, meint Joachim Barloschky. Das Bündnis hat auf Grundlage des Bremer Ortsteilatlas Zahlen und Fakten aus Blumenthal, Vegesack und Burglesum in einem Papier zusammengetragen. Wer lebt wie im Bremer Norden: eine Bestandsaufnahme.

Wird die Wohnungsnot diskutiert? 

Ja, und zwar öffentlich am Donnerstag, 7. September, ab 15.30 Uhr bei einem  Werkstattgespräch im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus am Sedanplatz in Vegesack. Hierzu lädt das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen unter anderem Vertreter der Verwaltung, der Politik, der Wohnungswirtschaft und Hilfsorganisationen ein. Geplant sind Redebeiträge etwa von der Streetworkerin Gimmy Wesemann und des Projektentwicklers Thorsten Nagel sowie jeweils im Anschluss offene Diskussionsrunden. „Das Hauptproblem werden für viele die Mieten und der schlechte Zustand der Wohnungen sein“, ist Mitorganisator Joachim Barloschky überzeugt. Das Werkstattgespräch findet im Rahmen der Aktionswochen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung statt. 

Wie viele Menschen leben in Bremen-Nord?

Nach Zahlen des Statistischen Landesamts wohnten im vergangenen Jahr exakt 102.323 Einwohner in den drei Stadtteilen Blumenthal, Vegesack und Burglesum. Seit der Werftenkrise ist die Zahl zwar insgesamt rückläufig. Der Ortsteil Fähr-Lobbendorf jedoch, wo sich die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber und Flüchtlinge befindet, weist im Vergleich zu 2018 jedoch einen Bevölkerungszuwachs von 8,2 Prozent auf. Die Bevölkerung in Grohn nahm um 6,2 Prozent zu. Das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen spricht dabei von einem – im Vergleich zum Bundesdurchschnitt – überproportionalen Anstieg der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. In Vegesack stieg der Anteil auf 43,2 Prozent, 2020 lag er noch bei 38,3 Prozent. Zum Vergleich: In Schwachhausen lag der Anteil 2022 bei 21,8 Prozent. Im Norden leben nach dem Bericht überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche sowie Senioren. Die meisten Kinder (29,2 Prozent) wohnen in Blumenthal, die meisten Senioren in Burglesum (25 Prozent). Der Anteil der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte in ganz Bremen-Nord ist nach Auszügen der Kinder inzwischen hoch, er liegt bei 76 Prozent. "Es besteht ein hoher Bedarf an kleineren Wohnungen“, schlussfolgert das Bündnis in seinem Papier "Wohnen und Wohnungsnot in Bremen-Nord". Wie viele Menschen in Bremen-Nord obdachlos sind, ist nicht bekannt.

Wie arm sind die Nordbremer?

In Bremen-Nord gibt es nach Angaben des Aktionsbündnisses Menschenrecht auf Wohnen 2800 Firmen, die zusammen 17.000 Jobs bieten. Dem Statistischen Landesamt zufolge liegen die Einkommen in Bremen-Nord tendenziell unter dem Bremer Durchschnitt. Die Arbeitslosigkeit in Blumenthal und Vegesack ist demnach deutlich höher als in Bremen und Deutschland insgesamt. „Insbesondere im Stadtteil Blumenthal sowie in Vegesack ist von einer ärmeren Bevölkerung auszugehen“, schreibt das Aktionsbündnis. Grund zu der Annahme geben ihm die überdurchschnittlich hohen Anteile Bremen-Nords bei den Sozialleistungsbeziehern – sowohl bei den unter als auch bei den über 15-Jährigen.  

Wie stark steigen die Mieten im Norden?  

In Bremen-Nord gibt es nach Angaben des Aktionsbündnisses 53.000 Wohnungen. Anders als in der Stadt Bremen, wo zwischen 1986 und 2022 mehr als 42.000 Wohnungen gebaut worden seien, seien im Bremer Norden knapp 7500 Wohnungen dazugekommen. Die meisten Wohnungen (56,9 Prozent) wurden in Vegesack errichtet. Das Aktionsbündnis stellt zugleich fest, dass nur 145 Sozialwohnungen fertiggestellt wurden. In den vergangenen fünf Jahren entstanden vor allem überdurchschnittlich viele große Wohnungen mit fünf oder mehr Räumen. Das Aktionsbündnis beruft sich auf die Value Marktdatenbank als Quelle, wenn es angibt, dass die Mieten in Bremen-Nord in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich höher gestiegen sind als in der Stadt Bremen. Die Netto-Kaltmieten stiegen demnach um 19,2 Prozent, in Blumenthal sogar um 21,9 Prozent. "Sie liegen allerdings nach wie vor deutlich unter dem städtischen Durchschnitt", heißt es im Papier. Es gebe in Bremen-Nord einen hohen Anteil an Wohnungen im mittleren Preissegment, die aufgrund der Armut im Stadtteil jedoch für viele unbezahlbar blieben.   

Was fordert das Aktionsbündnis?  

Der Lehrbeauftragte der Hochschule Bremen und frühere Quartiersmanager, Joachim Barloschky, spricht gern davon, dass Wohnungen für alle "leistbar" sein müssten:  „Leistbar heißt, maximal 30 Prozent des Nettoeinkommens sollten für Wohnkosten ausgegeben werden müssen.“ Das Aktionsbündnis, das sowohl von Kirchen als auch von Verbänden und Parteien unterstützt wird, fordert ein kommunales Wohnungsbauprogramm mit 5000 Wohnungen, mehr genossenschaftlichen Wohnraum, einen Preisstopp gegen die Verdrängung von Mietern und ein Ende der Zwangsräumungen sowie Strom-, Gas- und Wassersperrungen. Leerstehende Gebäude sollten gegebenenfalls beschlagnahmt und für Wohnzwecke hergerichtet werden.

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