Seit mehr als 40 Jahren ist der Verkehr auf dem Aumunder Heerweg ein Ärgernis für Dettmer Bolland. Insbesondere die hohen Geschwindigkeiten, mit denen die Autofahrer unterwegs sind, stören ihn. Weil dieses Problem ihm zufolge immer weiter zugenommen hat, setzt er sich nun dafür ein, dass die Straße zur Tempo-30-Zone wird.
Mit dieser Forderung steht der Vegesacker nicht allein. Gemeinsam mit Hartmut von Oehsen, der der "Interessengemeinschaft Verkehrsberuhigung Aumunder Heerweg" vorsteht, hat er Anfang des Jahres Unterschriften gesammelt. "Insgesamt 78 Anlieger haben unterschrieben", so von Oehsen.
Aus ihrer Sicht gefährdet der schnelle Verkehr insbesondere Schulkinder sowie ältere Menschen. Darüber hinaus sei der Lärmpegel in der Straße derzeit viel zu hoch. Sich bei geöffnetem Fenster zu unterhalten, sei kaum möglich. Um die Situation vor Ort zu verbessern, sei eine Tempo-30-Zone unerlässlich.
Diese Forderung teilen auch die Erzieherinnen und Erzieher der nahe gelegenen Kita Vegesack. "Wir machen nur noch sehr wenige Ausflüge", erzählt Einrichtungsleiterin Lisa Hellmann. In der Regel seien zwei Fachkräfte mit 20 Kindern unterwegs. Doch bei der aktuellen Verkehrssituation brauche es mehr Erzieher, um die Kleinen sicher begleiten zu können. "Hinzu kommt, dass wir immer mehr Kinder haben, die Defizite mitbringen", sagt sie. Für diese Mädchen und Jungen seien sämtliche Reize von außen eine Überforderung. Dazu zähle eben auch der Straßenlärm, der die Kinder negativ beeinflusse. Die Folge sei, dass sie sich nicht mehr richtig im Straßenverkehr verhalten könnten. Auch deshalb hat die Pädagogin den Betreuungsschlüssel erhöht: Geht es zum Beispiel in die Stadtbibliothek, müssen mindestens vier Erwachsene die Gruppe begleiten.
Damit der Aumunder Heerweg zeitnah zur Tempo-30-Zone wird, hat sich die Interessengemeinschaft an den Vegesacker Beirat gewandt. Der hat den Antrag sowohl im Sprecher- und Koordnierungsausschuss als auch im Verkehrsausschuss behandelt. "Wir haben uns des Themas zwar angenommen, doch das Amt für Straßen und Verkehr hat die Eingabe abgelehnt", sagt Andreas Kruse (CDU), Sprecher des Verkehrsausschusses.
Nach den Worten von Andrea Voth prüft das Amt für Straßen und Verkehr solche Anträge nicht nur vom Schreibtisch aus, sondern auch direkt vor Ort. "Meine Kolleginnen und Kollegen aus der zuständigen Fachabteilung machen sich ein Bild von der Lage vor Ort – zu unterschiedlichen Tageszeiten und Verkehrsvorkommen", sagt die Behördensprecherin.
Dabei habe sich gezeigt, dass der Aumunder Heerweg unter anderem durch mehrere Einmündungen und Kreuzungen geprägt ist. "Aufgrund der genannten örtlichen Begebenheiten findet regelmäßig nach weniger als 100 Metern eine Drosselung der möglichen zu fahrenden Höchstgeschwindigkeit statt", so Voth. "Lediglich während der Abendstunden wäre theoretisch eine kurzzeitige Beschleunigung zwischen der Jaburgstraße und der Kreuzung Zur Vegesacker Rampe möglich, jedoch weist dieser Bereich einen kurvigen Straßenverlauf mit Gefälle und Steigung auf." Der Beirat habe allerdings die Möglichkeit, hohe Geschwindigkeiten in der Straße nachzuweisen. Dafür müsse das Gremium eine Geschwindigkeitsmesstafel aufstellen lassen.
Denkbar ist der Behördensprecherin zufolge auch, dass eine Tempo-30-Zone aus Sicherheitsgründen eingerichtet wird. Dafür müsse jedoch zunächst eine spezielle Unfalluntersuchung erfolgen. "Im vorliegenden Fall ergibt die Statistik der Polizei Bremen, dass der Straßenzug des Aumunder Heerwegs mit rund 70 registrierten Verkehrsunfällen in fünf Jahren eine im Vergleich eher geringe Unfallhäufigkeit aufweist", sagt sie. Hinzu kommt, dass die Polizei in keinem einzigen Fall als Unfallursache eine nicht angepasste Geschwindigkeit registriert habe. "Eine Geschwindigkeitsbeschränkung aus Sicherheitsgründen im Sinne der Straßenverkehrsordnung kann von uns somit nicht angeordnet werden", resümiert Voth.
Das geht auch aus dem Bescheid hervor, den die Interessengemeinschaft über das Ortsamt vom Amt für Straßen und Verkehr bekommen hat. "Das Schreiben nimmt keinerlei Bezug auf den zu hohen Lärmpegel", kritisiert Bolland. Der sei nicht zumutbar und gesundheitsschädlich. Darüber hinaus habe die Behörde nicht beachtet, dass sich unter anderem Schulen, eine Kinderarztpraxis sowie eben der Kindergarten in unmittelbarer Nähe zum Aumunder Heerweg befinden. Und dass auf der Straße nicht schnell gefahren werden kann, sehen die Anwohner auch anders. "Gerade Motorradfahrern macht es Spaß, in Kurven zu beschleunigen", sagt Bolland. Mit bis zu 80, 90 Stundenkilometern seien die Zweiräder in der Straße unterwegs, so seine Beobachtung.
Unter anderem deshalb will die Interessengemeinschaft auch weiterhin für eine Tempo-30-Zone im Aumunder Heerweg kämpfen. Der nächste Schritt könnte eine Eingabe beim Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft sein.