Seit August 2019 hat die Polizei den Bahnhofsvorplatz in Vegesack mithilfe von neun Videokameras im Blick. Beamte sichten die Bilder live rund um die Uhr und können einschreiten, wenn oder sogar bevor etwas passiert. Ob und in welchem Umfang die Kameraüberwachung des Bahnhofsvorplatzes in Vegesack einen positiven Effekt auf die Kriminalitätszahlen vor Ort hat, kann die Polizei nicht eindeutig sagen. Die Analyse werde durch eine Vielzahl anderer möglicher Einflussfaktoren erschwert, erläutert Polizeisprecher Nils Matthiesen. Fest steht seinen Worten nach jedoch, dass die erfassten Straftaten seit 2021 "stark rückläufig" sind.
Faktoren wie die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und etwaige sozioökonomische Veränderungen könnten laut Matthiesen zwar ebenfalls eine Rolle spielen. Einige Deliktsarten sanken indes bereits, seit die Kameras installiert wurden. "Diese Beobachtung lässt einen positiven Einfluss durch die Kamerainstallationen plausibel erscheinen." Auffällig stark zurückgegangen sind nach Angaben des Sprechers seit 2019 die Fälle der besonders schweren Diebstähle. Aber auch gefährliche Körperverletzungen und Diebstähle seien bereits vor 2021 "kontinuierlich rückläufig" gewesen. Die Polizei konnte laut Matthiesen seit Herbst 2019 zudem mehr Tatverdächtige ermitteln. "Der Trend setzt sich bis einschließlich 2022 fort." Das stärke den Eindruck eines "gewinnbringenden Effekts" der Kameras.
Die neun Kameras erfassen das gesamte Areal des Bahnhofsplatzes. Sie sind mit jeweils acht Linsen ausgestattet, sodass ein Heranzoomen und die Identifikation von Personen auch bei Nacht möglich ist. Die Videoüberwachung zeichnet ohne Pause auf, 24 Stunden am Tag und sieben Tage pro Woche. Die Überwachung erfolgt durch die Videoleitstelle im Polizeipräsidium in der Vahr.
Videoaufzeichnungen als Beweismittel
Nach Angaben des Sprechers werden die seit 2019 verfügbaren Videoaufzeichnungen zudem als Beweismittel bei Ermittlungen eingesetzt. Dadurch trügen sie zur erfolgreichen Aufklärung von Straftaten bei. Im November 2020 hatte der Senator für Inneres auf Bitte des Beirats Vegesack erstmals eine Auswertung der Videoüberwachung vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei seit der Inbetriebnahme insgesamt 48 Sicherungen am Bahnhofsplatz durchgeführt und als Beweismittel im Strafverfahren eingebracht. 23 Sicherungen gab es im Jahr 2019, weitere 25 im ersten Halbjahr 2020.
Als jüngeres Beispiel führt Matthiesen die Ermittlungen nach einer Massenschlägerei auf dem Bahnhofsvorplatz in Vegesack an. Dabei waren an einem Freitagabend im August vergangenen Jahres etwa 40 Personen aufeinander losgegangen. Sie sollen dabei Messer, Gürtel und Ketten benutzt haben. Zwei Männer mussten damals mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden, einer wurde notoperiert. Die Polizei war an dem Abend mit einem Großaufgebot im Einsatz. "Auch wenn die umfangreichen Ermittlungen in diesem Fall noch nicht abgeschlossen sind, konnten durch die Videoaufnahmen Beteiligte der Auseinandersetzung identifiziert und Tathandlungen rekonstruiert werden", betont der Polizeisprecher.
Zur Sicherheit der Polizistinnen und Polizisten trügen die Kameras ebenfalls bei, denn bei Einsätzen auf dem Platz haben Beamte aus der Videoleitstelle ihre Kolleginnen und Kollegen im Blick. Würden sich beispielsweise Personen aus dem Hintergrund nähern, könnten die Beamten vor Ort daher sofort informiert werden. Matthiesen: "Insgesamt werden durch die Kameraüberwachung wichtige Hinweise für die jeweilige Lageeinschätzung am Einsatzort gewonnen."