Immer mehr Kinder können nicht schwimmen. Um dem entgegenzuwirken, hat der Verein "Schwimm mit" eine mobile Schwimmschule ins Leben gerufen. Nach ersten Stationen in Huchting und in Gröpelingen kommen die Initiatoren in diesem Sommer erstmals in den Bremer Norden. Geplant sind zwei Stopps in Lüssum und in Grohn.
Die mobile Schwimmschule ist eines der Kernprojekte des Vereins, der sich im vergangenen Jahr gegründet hat. "Grundsätzlich geht es uns darum, dass wir daran arbeiten wollen, die Zahl der Nichtschwimmer zu senken", sagt Astrid Touray, Vorsitzende des Vereins.
Denn die Zahl der Menschen, die nicht schwimmen können, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. "Jeder zweite Jugendliche in Deutschland kann laut einer Studie der DLRG nicht mehr sicher schwimmen. In den 90er-Jahren lag der Wert noch bei zehn Prozent", sagt Philipp Postulka, Sprecher des DLRG-Landesverbandes Bremen. Als sicherer Schwimmer gelte, wer das Bronze-Abzeichen erlangt hat. "Das sind alarmierende Zahlen, da die Studie vor der Corona-Pandemie durchgeführt wurde und sich die Situation dadurch noch einmal verschärft hat", sagt er. Pandemiebedingt hätten fast ein Jahr lang keine Schwimmkurse angeboten werden können. "Das hat zur Folge, dass ein Jahrgang nicht schwimmen gelernt hat", so Postulka.
Für Bremen werden die Zahlen von der Bildungsbehörde erhoben. "Etwa die Hälfte der Grundschüler kann demnach vor dem obligatorischen Schwimmunterricht in der dritten Klasse nicht schwimmen", sagt Postulka. Nach dem dritten Schuljahr könne noch etwa ein Drittel der Kinder nicht schwimmen. "Eigentlich empfiehlt die DLRG, dass Kinder wegen ihrer motorischen Fähigkeiten im Alter von fünf bis sechs Jahren schwimmen lernen sollten. Da sind die Mädchen und Jungen in der dritten Klasse schon einige Jahre drüber", sagt Philipp Postulka.
Viele Angebote funktionieren heute nicht mehr
Doch Astrid Touray kommt zu dem Ergebnis, dass viele Angebote zum Schwimmenlernen heute nicht mehr funktionieren. "Es kommen viele Familien zu uns, in denen die Eltern selbst gar nicht schwimmen können und wo das Schwimmenlernen einfach kein Thema ist", sagt Touray. "Dann kommt hinzu, dass die Menschen immer weniger Einkommen zur Verfügung haben und die Zahl der Alleinerziehenden steigt." Insbesondere die Betreuung der Geschwister während des Schwimmkurses sei ein Problem, weswegen Alleinerziehende ihre Kinder häufig nicht zur Schwimmausbildung schicken würden.
Ein weiterer Punkt sei, dass es immer weniger Wasserflächen für die Schwimmausbildung gebe. Im Bremer Norden sei das ein besonders großes Problem. "Dort gibt es nur das Bad in Vegesack. Das Sportbad in Grohn ist für die Schwimmausbildung von Kindern einfach nicht geeignet, weil das Wasser zu kalt und zu tief ist", erläutert sie. Dadurch würden sich für die Familien weite Wege zum nächsten Schwimmbad ergeben, die zusätzlich von einem Schwimmkurs abhalten würden.
Um diese Barrieren zu überwinden, baut der Verein sein mobiles Schwimmbecken etwa auf dem Gelände von Kindergärten auf. Schließlich richten sich die Angebote der Schwimmschule explizit an Mädchen und Jungen im Vorschulalter. Zudem werden auch die Eltern eingebunden. "Wir bieten Elternabende an, um die Thematik in die Familien zu bringen", berichtet sie.
Das Konzept der mobilen Schwimmschule sieht vor, dass jedes Kind zehn Unterrichtseinheiten á 30 Minuten absolviert. Dabei lernen die Kinder auch Bade- und Hygieneregeln kennen. "Die Ausbildung findet grundsätzlich spielerisch statt", sagt sie.
Einige Kinder seien im Anschluss bereits in der Lage zu schwimmen. Zudem gebe es unter den Teilnehmern auch Kinder, die bereits an das Wasser gewöhnt seien. In diesen Fällen könne nach der mobilen Schwimmschule bereits an das Seepferdchen-Abzeichen gedacht werden.
Anfang Juni baut der Verein seine Anlage für vier Wochen auf dem Gelände der Kita am Fillerkamp auf, danach geht es nach Grohn. Anschließend, so die Planung, verlässt die Anlage den Bremer Norden in Richtung Hemelingen. "Eigentlich träumen wir davon, dass wir die ganze Saison mit einem Becken in Bremen-Nord stehen", sagt sie. Unter anderem wegen der weiten Wege und der großen Armut, die nördlich der Lesum herrsche, sei der Bedarf dort besonders groß. Doch um ein dauerhaftes Angebot schaffen zu können, bräuchte der Verein mehr Personal und Geldgeber, die das Projekt finanzieren.
Auch die bereits geplanten Termine in Lüssum und in Grohn sind noch nicht vollständig bezahlt. Der Verein hat unter anderem die Nordbremer Beiräte um Unterstützung gebeten. "Bisher haben wir aber noch keine schriftliche Zusage", erzählt Astrid Touray. "Wir sind mutig und bauen trotzdem auf."