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Gastbeitrag Pastor Volker Keller zum Weihnachtsfest: Vielleicht wird es gut

Für Vegesacks Pastor Volker Keller ist das Weihnachtsfest in diesem Jahr das letzte vor seinem Ruhestand. Wie er auf die Tage und den Stadtteil blickt.
24.12.2024, 08:00 Uhr
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Von Volker Keller

Der Vegesacker Weihnachtsmarkt fällt dieses Jahr sparsam aus. Ich erinnere mich noch gerne an die Eislaufhalle. Mit unserem Vorstand, als Team Protestantenpower, nahmen wir am Eisstockschießen teil – und schieden in der Vorrunde aus. Egal, hat Spaß gemacht. Oder nach dem Aufstellen eines vier Meter hohen Weihnachtsbaumes in der Stadtkirche lud ich die Helfer zum Glühwein ein – an der Bude vor Leffers. Und nun keine Halle mehr und keine Bude. Die Vegesacker meckern. Auch über leere Läden, den Verlust des Schulschiffes und der Strandlust, das verrottende Restaurant Gläserne Werft und den rostenden Schlepper. Was mich noch nervt: Meine Wasserpfeifenbar am Bahnhof ist zu. Auch das noch! Vegesack, wie willst du Weihnachten feiern?

Würden wir abstimmen: Soll Weihnachten dieses Jahr stattfinden?, würden wir uns wahrscheinlich zerstreiten. „Nee, die Welt ist schlecht. Kein Grund, heile Welt zu feiern. Warum denn nicht? Mal ein Lichtblick! Doch wir stimmen gar nicht ab – der Weihnachtstermin steht einfach fest. Das gibt es noch: eine Tradition. Gelernt von Eltern und Großeltern, fortgesetzt und den Kindern vermittelt: Weihnachten muss ein Tannenbaum her! Weihnachten gibts Geschenke! Heilig Abend in die Kirche!

Was hört man denn da? „Euch ist heute der Heiland geboren.“ In armseligen Verhältnissen. Seine Eltern gehörten nicht zu den Wohlhabenden und Glückseligen. „Euch!“ Also auch mir. Wo gibts denn so was? „Erlösung“ von Last und Unlust, von Zweifel und Frust – „verkündet“, also versprochen als ein Sprung aus dunklem Haus ins Freie. Spring! Die Luft trägt dich – du wirst sehen. Soll Vegesack aussehen, wie es aussieht. Soll die Welt schlecht sein: Darauf kommt es letztlich nicht an. Dass ich springe und dass die Güte des Heilands mich trägt – darauf setze ich.

Und der kleine Ort am Wasser und auch die Welt sehen anders aus. Trübe Augen erblicken Niedergang, überall Zeichen davon am Wegesrand. Stimmt auch, sieht man ja. Denker drücken das so aus: Leben ist dynamisch. Ist Entstehen und Vergehen. Christen fügen hinzu: Ist Entstehen und Vergehen und Hoffen auf neues Entstehen. Bei der Trauerfeier für die alte Vegesackerin Erika Eiken-Hyndes aus der Reeder-Bischof-Straße (ein ganzes Leben im selben Haus) konnte ich von ihr erzählen, dass sie die Gänseblümchen am Wegesrand sah. Und dankbar war für alles Schöne, das ihr auffiel.

Max Zeitz hat wohl einen ganz lichten Moment gehabt. Er ging durch Vegesack und sah vor dem inneren Auge, was er hier alles bauen könnte. Ich bin ihm einige Male begegnet, das letzte Mal beim Neujahrsempfang des Ortsamtes. Er saß mir gegenüber. Meinen Tischnachbarn stellte ich ihn vor: „Das ist ein verrückter Züricher, der in Vegesack 100 Millionen Euro investiert.“ Er lachte und korrigierte mich: „150 Millionen.“ Die Vegesacker haben ordentlich gemeckert. Das Haven Höövt – Gelände bebaue er zu dicht, die Neue Strandlust werde viel zu groß. Und sie hatten doch gar keine Alternative. Zum Glück hat er sich nicht vergraulen lassen.

Es tut sich was. Vegesack verändert sich. Vielleicht wird es gut. Und wir werden unsere Freude über unseren kleinen Ort mit einem schönen Weihnachtsmarkt ausdrücken. Und mit einem Weihnachtsbaum, mit Geschenken und hinhören, wenn Erlösung verkündet wird.

Zur Person

Volker Keller

ist Pastor der evangelischen Kirchengemeinde Aumund-Vegesack. Die Weihnachtsgottesdienste in diesem Jahr sind für ihn die letzten vor seinem Ruhestand.

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