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Ermittlungsarbeit der Polizei Polizei setzt auf Risikoanalysebogen

Die Polizei erprobt ein neues Verfahren bei Fällen von häuslicher Gewalt. Dabei kommt ein sogenannter Risikoanalysebogen zum Einsatz, auf dessen Basis passende Hilfsangebote für die Opfer ermittelt werden.
10.02.2022, 12:00 Uhr
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Polizei setzt auf Risikoanalysebogen
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Die Bremer Polizei bearbeitet Fälle von häuslicher Gewalt nach einem neuen Verfahren. Dabei kommt ein sogenannter Risikoanalysebogen zum Einsatz, der die Beamten dabei unterstützt, das Gefährdungspotenzial der betroffenen Person besser einschätzen zu können. Gestartet ist dieser Testlauf im Bremer Norden.

Geht es darum, häusliche Gewalt zu bekämpfen, spielt die richtige Einschätzung der Lage eine wichtige Rolle, sagt Nils Matthiesen, Sprecher der Bremer Polizei. "Bereits im Jahr 2019 wurde der Senator für Inneres auf ein durch die Polizei Rheinland-Pfalz angewandtes Prognoseverfahren aufmerksam und lud Vertreter der Polizei Rheinland-Pfalz zu einem Fachaustausch nach Bremen ein, um die Rahmenkonzeption, die auch schon in verschiedenen Bundesgremien vorgestellt worden war, zu präsentieren." An der Zusammenkunft hätten neben verschiedenen senatorischen Behörden unter anderem auch Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie der Polizei Bremen und Bremerhaven teilgenommen.

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Im Anschluss an die Tagung habe die Bremer Polizei ein Projekt initiiert, bei dem das Gefährdungsmanagement innerhalb der Organisation überprüft und teilweise neu geregelt wurde. "Hierbei wurde ein Risikoanalysebogen 'Häusliche Gewalt' entwickelt", erzählt Matthiesen. "Dieser wurde auf Grundlage der sogenannten Danger Assessment Skala von J.C. Campbell erstellt und wird im Rahmen des Gefährdungsmanagement bei Fällen häuslicher Gewalt ausgefüllt." Grundlage dafür seien Informationen aus der Befragung des Opfers. Anschließend würde der Bogen ausgewertet werden, wodurch sich bestimmte Handlungsweisen für die Polizistinnen und Polizisten ergeben. Dazu zähle etwa, dass der Gefährder der Wohnung verwiesen werde oder das Opfer in einem Frauenhaus untergebracht würde.

Nachdem der Testlauf zunächst im Bremer Norden gestartet ist, wurde er mittlerweile auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet. Auch wenn das Projekt noch nicht abgeschlossen ist, zieht die Polizei bereits eine erste positive Bilanz. "Erste Erfahrungen im Umgang mit dem neuen Gefährdungsmanagement zeigen, dass der Einsatz des Risikoanalysebogens grundsätzlich als positiv bewertet werden kann", sagt der Sprecher. "Durch die Einführung des Gefährdungsmanagements und Schaffung standardisierter Abläufe wurde sichergestellt, dass alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt getroffen werden."

Neben der Ermittlungsarbeit habe sich auch die Definition des Begriffs geändert. In der Vergangenheit sei häusliche Gewalt mit Partnerschaftsgewalt gleichgesetzt worden. "Dabei war es unerheblich, ob die Beteiligten verheiratet waren oder sich als Lebenspartner verstanden", so Matthiesen. Mit der Reform des Bremer Polizeigesetzes habe sich das jedoch geändert. Mittlerweile würde der Begriff nicht mehr nur Gewalt zwischen früheren oder jetzigen Lebens- beziehungsweise Ehepartnern beschreiben, sondern insgesamt Vorkommnisse in der Familie. Ob die Familienmitglieder eine Wohnung teilen, spiele dabei keine Rolle. "Damit werden unter dem Begriff 'häusliche Gewalt' nun auch explizit Gewalthandlungen unter Geschwistern, von Eltern an Kindern oder unter anderen Familienangehörigen erfasst", erläutert er.

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Insgesamt gab es in den vergangenen Jahren mehr Fälle von häuslicher Gewalt. Nach den Worten von Nils Matthiesen ist dieser Anstieg wahrscheinlich mit der Corona-Pandemie zu erklären. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus würden das familiäre Zusammenleben in besonderem Maße treffen. Soziale Isolation, eine krisenbedingte Verunsicherung und existenzielle Sorgen würden in diesen Zeiten besonders häufig auftreten. "Familien müssen ihren Tagesablauf neu strukturieren und ihr Zusammenleben umgestalten", sagt der Polizeisprecher. "Das kann soziale Konflikte und innerfamiliäre Konfliktdynamiken forcieren und gewalttätiges Handeln in Familien und Partnerschaften begünstigen."

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