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Kinderbetreuung in Bremen-Nord Ausbildung zur Kindertagespflegeperson: Kita statt Kreditinstitut

Eigentlich ist Imen Daghrir-Attig studierte Finanzwirtin. Doch tätig ist sie in diesem Beruf nicht. Stattdessen hat sie sich zur Kindertagespflegeperson ausbilden lassen und arbeitet nun in der Kita.
25.04.2024, 18:19 Uhr
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Ausbildung zur Kindertagespflegeperson: Kita statt Kreditinstitut
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Drei Monate lang hatte Imen Daghrir-Attig gleich drei Aufgaben: Sie hat gearbeitet, sich um ihre Familie gekümmert und an einer Weiterbildung teilgenommen. "Das war schon eine sehr intensive Zeit", sagt die Nordbremerin. Doch am Ende war sie mehr als Stolz auf sich und die anderen Frauen, die genauso wie sie nun zur Gruppe der Kindertagespflegepersonen gehören.

Auch wenn die Nordbremerin ihre Qualifizierung erst vor Kurzem abgeschlossen hat, ist die Arbeit mit den Kleinen nicht neu für sie. "Vor sechs Jahren habe ich das erste Mal in diesem Bereich gearbeitet", erzählt die Akademikerin. "Das lief parallel zu einem Deutschkurs: Während die Eltern die Sprache gelernt haben, habe ich ihre Kinder betreut."

Später hat sie dann selbst Deutschkurse im Haus der Familie in Vegesack gegeben. „Ich spreche arabisch“, sagt die Kindertagespflegeperson. „Und da die Geflüchteten aus Syrien kamen, passte das sehr gut.“ Den Frauen und Männern hat sie aber nicht nur die deutsche Sprache beigebracht. Zeitgleich hat sie die Menschen auch unterstützt, indem sie beispielsweise Dokumente für sie übersetzt hat.

Zielgenau statt intuitiv

Danach ging es für sie wieder in den Kindergarten. Genauer gesagt zu den Vegespatzen, wo sie als Honorarkraft gearbeitet hat. Damit war sie wieder für die gemeinnützige Gesellschaft Hansea Sana tätig, für die sie bereits 2018 gearbeitet hat. Deren Geschäftsführerin Yvonne Riegel war es auch, die sie auf die Qualifizierung zur Kindertagespflegeperson aufmerksam machte. "Der Kurs hat mir sehr geholfen", erzählt sie. "Ich habe gelernt, wie pädagogische Arbeit funktioniert." Vor der Ausbildung hat Daghrir-Attig viel intuitiv gemacht. Mittlerweile kann sie auf jede Situation zielgenau reagieren. Genau so, wie sie es während der Qualifizierung gelernt hat.

Und von der profitiert sie nicht nur beruflich, sondern auch privat. "Ich hatte gestern ein Elterngespräch mit der Lehrerin meines Sohnes", berichtet die Kindertagespflegeperson. "Ich konnte dem Gespräch nun viel besser folgen als vor der Ausbildung. Das gilt insbesondere für Fachwörter."

Doch ohne die Unterstützung ihrer Familie hätte sie die Weiterbildung nicht machen können. "Mein Mann hat mir nicht nur dazu geraten, die Qualifizierung zu machen, er hat mir auch immer geholfen", betont sie. Denn parallel zu der Ausbildung hat sie weiter halbtags gearbeitet. Und sich natürlich auch um ihre Kinder und den Haushalt gekümmert.

Sozialversicherungspflichtig beschäftigt

Ihre Stundenzahl hat sie trotz des Abschlusses beibehalten. Nach wie vor arbeitet sie vormittags bei den Vegespatzen. Darüber hinaus hat sich aber viel für sie geändert. "Ich bin jetzt fest angestellt und gehe einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nach", erzählt sie. "Das ist schon eine tolle Bestätigung."

Die Arbeit mit den Mädchen und Jungen macht Imen Daghrir-Attig viel Spaß. "Jedes Kind ist einzigartig und von jedem kann ich etwas lernen", sagt sie. Nicht nur deshalb ist sie Tag für Tag mit viel Herzblut bei der Arbeit. Dabei sind die Kinder in der Einrichtung wie ihre eigenen, betont sie. Entsprechend schwer ist es für sie, wenn ein Kind gehen muss, zum Beispiel weil es einen Platz in einem anderen Kindergarten bekommen hat. "Ich bin sehr sensibel, das tut mir dann schon weh", erzählt sie.

Zur Kinderbetreuung kam sie allerdings erst in Deutschland. "Leider habe ich zunächst etwas anderes gemacht", sagt die gebürtige Tunesierin. In ihrer Heimat hat sie ein Studium im Bereich Finanzwesen absolviert. Auf die Idee, mit Kindern zu arbeiten, ist sie erst durch ihren eigenen Nachwuchs gekommen. Doch das war nicht der einzige Beweggrund. "Seit Längerem gibt es nicht genug Menschen, die im Kindergarten arbeiten wollen", erzählt die dreifache Mutter. "Meine Kinder haben zwar einen Platz in der Kita bekommen. Aber meine Freundin sucht noch immer nach einer Betreuungsmöglichkeit für ihre Tochter." Und das, obwohl sowohl die Mutter als auch der Vater berufstätig sind. Ähnliches hört sie auch von Geflüchteten. "Die Familien wollen sich hier integrieren, können aber die Sprache nicht", schildert sie. "Bekommen die Kinder keinen Kitaplatz, fehlt ihnen damit auch der Zugang zur deutschen Sprache." Auch deshalb hat sie sich für die Qualifizierung entschieden. "Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass Kinder in einer Gruppe gemeinsam lernen können", betont die Nordbremerin.

Mit dem Zertifikat zur Kindertagespflegeperson ist für Imen Daghrir-Attig aber noch nicht Schluss. Bereits im Juni steht für sie die erste Fortbildung an. "Der Kurs bietet mir die Möglichkeit, mich noch einmal intensiver mit der Eingewöhnung von Kindern in eine Kitagruppe zu befassen", erzählt sie. Weiterbilden will sie sich auch in Zukunft. Vielleicht sogar bis zur staatlich anerkannten Erzieherin.

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