Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Beteiligung von Kindern Ein Recht der Kinder

Wird ein Spielplatz neu- oder umgestaltet, findet im Vorfeld eine sogenannte Planungsparty statt, bei der die Kinder ihre Wünsche für die Anlage äußern können. Doch das ist in Zeiten der Pandemie nicht möglich.
11.05.2021, 11:59 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Ein Recht der Kinder
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Wird ein Spielplatz neu- oder umgestaltet, müssen die Kinder an den Planungen beteiligt werden. So sieht es die bremische Landesverfassung vor. Deshalb finden normalerweise sogenannte Planungspartys statt, bei denen die Mädchen und Jungen ihre Wünsche äußern können. Doch in Zeiten der Pandemie sind solche Zusammenkünfte nicht möglich. Damit die Kleinen trotzdem zu ihrem Recht kommen, haben die Planer andere Wege gefunden, um sie zu beteiligen.

"Wir arbeiten nun grundsätzlich mit dem Medium Fragebogen", erzählt Jürgen Brodbeck, Moderator für Beteiligungsprozesse und Sachverständiger für Spielplatzsicherheit. Der Vorteil dabei sei, dass man mehr Menschen erreicht, als bei einer Planungsparty, deren Termin nicht jedem passen würde. "Der Austausch und die Beziehungsarbeit gehen allerdings verloren. Wir lernen die Kinder nicht mehr kennen und die Kinder lernen sich auch nicht mehr untereinander kennen", so der Diplom-Ingenieur. Zudem könnten sich die Mädchen und Jungen nicht so kreativ ausleben, wie das bei den Planungspartys der Fall sei, wo sie ihre Ideen etwa in selbstgebauten Modellen darstellen. "Wir versuchen das aufzufangen, in dem wir Bilder malen lassen. Aber das ist nur ein schwacher Ersatz", sagt Brodbeck.

"Ich finde es auch schade, dass man die Reaktion der Kinder nicht direkt sieht", ergänzt Monika Hublitz vom Fachdienst Spielraumförderung. "Sonst habe ich immer die Gefühle der Kinder erlebt, wenn sie ihren Spielplatz planen. Und das entfällt jetzt total." Nun würde sie nur noch die Ergebnisse sehen, wenn sie die Fragebögen zurückbekommt.

Lesen Sie auch

Die direkten Rückmeldungen der Kinder vermisst auch Carola Sonnwald, Architektin beim Verein Spiellandschaft Stadt. "Wir haben vor einiger Zeit eine Begehung in der Johann-Lange-Straße gemacht. Dabei sollten die Kinder gute und schlechte Orte benennen", erinnert sich Sonnwald. Als einen solchen negativen Faktor hätten die Mädchen und Jungen einen Busch erlebt. "Damals hatten wir die Möglichkeit, bei den Kindern nachzufragen. So haben wir erfahren, dass die Begrünung dazu führt, dass sie den Verkehr dahinter nicht sehen", erzählt Sonnwald. "Auf einfache Weise konnten wir die Unfallgefahr an der Stelle reduzieren. Mit einem Fragebogen lässt sich so etwas nicht herausfinden."

Allerdings versuchen die Planer auch in dieser Zeit mit den Kindern persönlich in Kontakt zu treten. "Wir machen es meistens so, dass wir zum Ende der Befragungszeit auf den Platz gehen, um die Fragebögen vor Ort einzusammeln", sagt Jürgen Brodbeck. "Wichtig finde ich auch, dass der erste Entwurf nach der Auswertung auf dem Platz präsentiert wird." Dadurch sei es möglich, dass sich die Kinder zu dem Entwurf äußern können, sei es per E-Mail oder bei einem Treffen vor Ort mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz. "So können wir sehen, ob die Planungen den Wünschen der Nutzerinnen und Nutzern entsprechen", so Brodbeck. Schließlich seien in diesem Stadium noch Änderungen möglich, sowohl kleine als auch große.

Welche Wünsche der Kinder sich letztlich in der Spielplatzplanung wiederfinden, entscheidet eine Hitliste. "Bei der Auswertung der Fragebögen schauen wir, was wurde sich wie oft gewünscht", sagt Brodbeck. "Daraus entsteht eine Hitliste, die von oben abgearbeitet wird." Alle Ideen könnten jedoch nicht umgesetzt werden. "Das ist aber auch nicht die Erwartungshaltung der Kinder", betont er.

Die Wünsche der Mädchen und Jungen haben sich mit der Pandemie allerdings verändert. "Die Kinder wollen nun viel mehr toben und klettern", sagt Carola Sonnwald. "Orte zum Chillen werden sich nun deutlich weniger gewünscht." Zudem legen die Mädchen und Jungen nun viel mehr Wert auf Farbe. "Es wird ganz viel Farbe gewünscht, viel mehr als Früher. Das ist den Kindern im Moment ganz wichtig", ergänzt Monika Hublitz. Die Erwachsenen hingegen würden sich derzeit verstärkt Sitzecken für die Spielplätze wünschen. "Man sieht, dass den Menschen Zusammenkünfte fehlen. Das gilt auch für die Kinder", so Hublitz.

Seit Beginn der Pandemie wurden bereits mehrere Nordbremer Spielplätze auf Basis von Fragebögen geplant, darunter der an der Johann-Janssen-Straße, an der Frithjofstraße sowie an der Straße Sanders Hagen. Die Beteiligung für das Spielschiff am Vegesacker Hafen konnte noch im Rahmen einer Planungsparty stattfinden. Dennoch hat die Pandemie auch diesen Prozess beeinflusst. "Bei dem Projekt wurden wir so richtig von der Pandemie überrascht", sagt Hublitz. "Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass dieses Verfahren nicht so zu Ende gegangen ist, wie andere." Deshalb sollen die Kinder noch einmal zum Spielschiff beteiligt werden. Dabei soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, einen Namen für das Schiff zu finden. Die Planungen dafür sind bereits angelaufen.

Zur Sache

Kindern lernen Demokratie kennen

Die Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen schreibt die Beteiligung von Kindern, etwa bei der Gestaltung von Spielplätzen, vor. In der vergangenen Woche hat der Senat die Rechte der Mädchen und Jungen noch einmal gestärkt, indem die Verfassung entsprechend geändert wurde (wir berichteten).

Werden Kinder an Planungen, die sie direkt betreffen, beteiligt, bekommen sie auf diesem Wege schon sehr früh demokratische Werte vermittelt. "Kinder lernen dadurch, mündige Bürger zu werden", sagt Monika Hublitz vom Fachdienst Spielraumförderung. "Es ist ganz wichtig, dass Kinder merken, sie haben ein Wort und können mitbestimmen."

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)