„Die meisten der zahlreichen Inhaltsstoffe, die im Kaffee enthalten sind, wurden in unserer Arbeitsgruppe nachgewiesen“, sagt Nikolai Kuhnert von der Constructor University. Er gilt als weltweit führender Kaffeeforscher und ist an der Hochschule in Grohn seit dem Jahre 2006 Professor für Chemie. Im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus hielt er im Rahmen der Reihe „Wissenschaft für alle“ einen Vortrag über die antibakterielle und antivirale Wirkung von Kaffee und konnte dabei erstaunliche Ergebnisse präsentieren.
Bremen als die Kaffee-Hauptstadt Deutschlands ist nicht nur Standort mehrerer Röstereien, sondern im Bremer Schütting wurde auch im Jahre 1673 der erste deutsche Kaffee ausgeschenkt. In der Hansestadt entwickelte Ludwig Roselius den entkoffeinierten Kaffee Hag, und Bremen ist über die Häfen bis heute der wichtigste Ankunftsort für Kaffee, der aus Übersee kommt.
Nahrung beeinflusst den Körper
„Nach der Corona-Pandemie ist das Thema Kaffee besonders spannend geworden“, sagt Nikolai Kuhnert, der in seiner Arbeitsgruppe den Zusammenhängen zwischen Corona-Infektionen und Kaffeekonsum nachging, wobei es interessante Korrelationen geben würde. Doch diese Ergebnisse sparte er sich bis zum Ende seines höchst kurzweiligen Vortrags auf, der allerdings unter manchen für wissenschaftliche Laien kaum verständlichen Grafiken litt.
Zunächst machte Kuhnert deutlich, dass alles, was wir essen und trinken, nicht nur unseren Körper aufbaut und uns am Leben erhält, sondern letztlich auch unsere Gefühle und Gedanken erzeugt. „Wenn wir zum Beispiel liebevolle Emotionen haben, geht dies letzten Endes auf die Nahrung zurück, die wir uns zugeführt haben“, sagt er.
Beim Kaffee sei sich die Medizin inzwischen über mehrere gesundheitlich positiven Wirkungen einig. Fast alle Studien zeigen, dass regelmäßiger Kaffeekonsum das Risiko vermindert, an Diabetes zu erkranken, und Kaffee beuge auch Leberzirrhose vor. Nikolai Kuhnert warnte allerdings davor, die Wahrscheinlichkeiten, die von der epidemiologischen Forschung ermittelt wurden, mit Kausalitäten gleichzusetzen.
Der Chemiker führte einige der gesundheitsfördernden Wirkungen des Kaffees auf den außergewöhnlich hohen Gehalt an Chlorogensäuren zurück, der in Kaffeebohnen, zusammen mit Phenolen, zwischen zehn und 15 Prozent liegt. Chlorogensäuren kommen in vielen Varianten im Kaffee vor und werden durch den Röstvorgang auf 250 verschiedene Derivate gesteigert. Die antibiotische Wirkung dieser Chlorogensäuren, die auch in anderen Pflanzen wie zum Beispiel Bambus vorkommen, sei inzwischen nachgewiesen: Die Moleküle können in Darmbakterien eindringen, das heißt, deren Zellmembranen passieren – sie sind aber auch in der Lage, Viren unschädlich zu machen. Zu ihnen gehören schließlich auch die Corona-Erreger: „Wir konnten eine eindeutige Reduktion des Corona-Infektionsgeschehens durch Kaffee feststellen“, sagt Nikolai Kuhnert, der anschließend mit seiner Kollegin Professorin Sonia Lippke von der Constructor University zusammenarbeitete, die sich schwerpunktmäßig mit Long Covid Patienten befasst. Die Arbeitsgruppen untersuchten, wie weit sich eine Korrelation zwischen Kaffeetrinkern und an Corona Erkrankten nachweisen ließ, und das Ergebnis war überraschend: „Denn unter starken Kaffeetrinkern traten deutlich weniger Coronafälle auf“, sagt Kuhnert. Die Chlorogensäuren hemmen die Wechselwirkung zwischen dem Spike-Protein des Corona-Virus und einem bestimmten Rezeptortyp in menschlichen Zellen, an den das Virus andocken muss, bevor es in die Zellen eindringen kann. Bereits eine normale Tasse Filterkaffee enthalte genügend Chlorogensäure, um das Andocken des Virus an den Rezeptor zu verhindern und könne damit auch den Infektionsprozess hemmen, so Kuhnert. Die schwarzen Bohnen zeigen damit erstaunliche, bisher unbekannte Wirkungen, die allerdings noch auf ihre Langfristigkeit untersucht werden müssen.
Doch der Anwendungsbereich der Kaffeebohnen reicht noch weiter, denn die Inhaltsstoffe eignen sich sogar als Desinfektionsmittel: In der Haut der Kaffeebohne, eigentlich ein Abfallprodukt, finden sich antibakteriell wirksame Stoffe, die in Form von Aerosolen in Innenräumen versprüht werden können, führt Nikolai Kuhnert aus.