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Bund kürzt Jobcenter-Mittel Maßnahme für Langzeitarbeitslose in Grohn betroffen

Die Ampel kürzt das Budget für Langzeitarbeitslose. Davon sind auch 20 Stellen im Arbeit- und Lernzentrum in Grohn betroffen – in einer Region die mit hoher Arbeitslosigkeit kämpft. Was das jetzt bedeutet.
21.12.2023, 18:00 Uhr
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Von Karolina Benedyk

Den Jobcentern in Deutschland steht im kommenden Jahr weniger Geld zur Verfügung. Die Bundesregierung kürzte das Budget zur Finanzierung von geförderten Beschäftigungen. Das trifft unter anderem Arbeitsgelegenheiten (AGH) für Langzeitarbeitslose. Auch eine Maßnahme des Arbeit- und Lernzentrums (ALZ) steht dadurch kurz vor dem Aus. Der Vorsitzende des Trägervereins, Ulrich Ipach, setzt sich dafür ein, dass das Jobcenter die Maßnahme weiterfinanziert und schlägt eine Lösung vor.

Das ALZ feiert im nächsten Jahr sein 40-jähriges Bestehen, sagt der Vorsitzende Ipach. "Wir eröffnen arbeitslosen Frauen und Männern einen Zugang zum Erwerbsleben. Dazu bieten wir 17 Menschen einen Ausbildungsplatz an. Unsere relevanteste Maßnahme ist die Beschäftigungsförderung. Das sind Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen, die über eine lange Zeit hinweg staatliche Leistungen beziehen." So können unter anderem hunderte Frauen und Männer fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden. Menschen, die bereits über einen langen Zeitraum nicht arbeiten und für die der Einstieg besonders schwierig ist. Sie kommen unter anderem bei dem "Wiederverwertladen Textilrecycling" unter. Mit der Maßnahme versucht das ALZ, Frauen niederschwellig in den Arbeitsmarkt einzuführen. Und gerade diese Maßnahme ist von Budgetkürzungen betroffen.

Sie sind gefragt und gefordert.
Ulrich Ipach, Vorsitzender des Arbeit- und Lernzentrums (ALZ)

"Wiederverwertladen Textilrecycling" bietet Platz für 20 langzeitarbeitslose Frauen, erzählt Ipach. An die ALZ gespendete Textilien sortieren, bewerten und verarbeiten die Frauen. Die Endprodukte verkaufe das Zentrum. Durch die Arbeit lernen die Frauen, mit einer Nähmaschine und mit Stoffen umzugehen. Viel wichtiger sei es jedoch, dass die Frauen Kontakt zu arbeitsvertraglichen Verbindlichkeiten haben. Sie lernen pünktlich zur Arbeit zu kommen, erst zum Feierabend zu gehen, oder mit Kolleginnen zusammenzuarbeiten. Kompetenzen, die verloren gehen können, wenn man lange nicht arbeiten war, oder nie in die Arbeitswelt eingeführt wurde.

"Wir bieten nicht nur eine sinnvolle Beschäftigung, sondern auch ein Erfolgserlebnis für die Arbeiterinnen. Sie sind gefragt und gefordert und sitzen nicht perspektivlos zu Hause herum." Es sei wichtig für die Teilnehmerinnen, dass ihre Arbeitsleitung anerkannt wird. So könnten sie nach und nach mit sozialpädagogischer Unterstützung, an den Arbeitsmarkt herangeführt werden.

Einstiegschance

Ipach bewertet die Maßnahme, "als eine Chance in der Förderhierarchie im untersten Segment". "Es ist ein Einstieg für Menschen, die weit weg von der Arbeitswelt sind. Es ist sozusagen der erste Step." Momentan sind die 20 vorhandenen Plätze besetzt. Die Frauen bleiben zwölf Monate in der Maßnahme. Das Jobcenter kann sie um weitere zwölf Monate verlängern.

Die Erfolgschancen, die Frauen weiterzuvermitteln, liegen bei etwa zehn Prozent. Ipach betont, dass es ihnen nicht nur darum geht, die Menschen an die zukünftige Arbeitsstelle zu verweisen. Ihr primäres Ziel ist es, langzeitarbeitslose Frauen an die Arbeitswelt heranzuführen. "Wir bauen sie auf", so Ipach. Das ermöglicht eine Einstiegschance.

Alternative Vorschläge

Dass das Jobcenter die Maßnahme nicht mehr finanziert, ist für Ipach schwer nachzuvollziehen. "Maßnahmen anderer Einrichtungen hätten auch Plätze verloren, aber nicht so viele", sagt der Vorsitzende. Er habe dem Jobcenter Lösungsvorschläge gemacht, "doch sie haben sich gesperrt". Eine Möglichkeit sah vor, das Programm mit zehn Plätzen weiterlaufen zu lassen. "Wir hätten die Kosten für alles bis auf die monatliche Prämie in Höhe von 200 bis 280 Euro pro Frau getragen", sagt Ipach. "Aber auch bei diesem Kompromiss stellte sich das Jobcenter Bremen quer". Er betont: "Ich verhehle nicht, dass dem Jobcenter weniger Mittel zur Verfügung stehen. Ich sage nur: Es wären rund 3000 Euro im Jahr für einen Menschen."

Ausblick

Ipach glaubt, dass der Wegfall sich langfristig "sehr negativ auf die Arbeitslosigkeit" im Bremer Norden auswirkt. Der Stadtteil hat bereits jetzt eine Arbeitslosenquote von 12,7 Prozent (Stand November 2023). Die Zahl liegt höher als in anderen Teilen Bremens. "Es gibt keine Maßnahme, die vergleichbar ist und so niederschwellig in den Arbeitsmarkt einführt." Bremen Nord ist strukturschwacher als der Rest der Stadt. "Die Zukunftsperspektive sieht schlecht aus. Das Ende der Maßnahme wird die Arbeitslosenquote noch weiter hochtreiben."

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