Als technisch-wissenschaftlich geprägter Campus macht die Constructor University häufiger durch kreative Projekte auf sich aufmerksam, die daraus bestehen, dass sich die Studierenden in ihrer Freizeit künstlerisch entfalten können. Sei es das "ArtOn!"-Festival, wo sich die Kunstliebhaber gegeneinander messen, um ihren Häusern den Sieg zu sichern, oder sei es das Art-Fest, bei dem Studierende 130 Kunstwerke unter einem Dach präsentieren. Kunst und Technologie liegen in Grohn nie weit auseinander. Diesmal hat es die Symbiose aus Gegensätzen allerdings auf eine höhere und offiziellere Ebene geschafft.
Im Rahmen des „CultTech Camp 2024“ haben sich in der vergangenen Woche zwanzig renommierte Kunstschaffende und Wissenschaftler aus der ganzen Welt auf dem Campus der Universität getroffen, um gemeinsam mit Lehrenden und Studierenden aus Bremen daran zu arbeiten, was die Forschung in den Gebieten der Technologie, Kultur und Lehre benötigt, um zukunftsorientiert und übergreifend zielführend zu sein. Gemeinsam wurden interdisziplinäre Projekte entwickelt, die darstellen sollen, wie Kunst und Technologie gemeinsam voneinander profitieren können. Ziel für die Constructor University war es dabei, Ansätze zu finden, um das Lehrangebot zu verbessern, damit den Studierenden in Zukunft mehr Möglichkeiten geboten werden können, ihren Horizont zu erweitern.
Sechs Projekte bei Abschlusspräsentation
Nobelpreisträger der Physik, Violinistin, Professor der Robotik, Dramaturgin, Kunsthistorikerin, Musikproduzent und mehr – gemeinsam wurde in fünf Tagen das ambitionierte Ziel verfolgt. Auftakt – oder auch Tag Null – des Camps war am vergangenen Mittwoch. Vorträge und Workshops sollten den Teilnehmenden dabei helfen, sich inspirieren und informieren zu lassen. Die unterschiedlichen Interessen, Wissensstände und Hintergründe waren beim "CultTech-Camp" kein Hindernis, sondern der Leitgedanke.
Das große Finale der interdisziplinären Veranstaltung fand am Sonntagmorgen statt: Sechs Projekte wurden nach ihrer Ausarbeitung der Camp-Tage vorgestellt. Jeder Teilnehmende und jeder Gast durfte am Ende für seine Favoriten abstimmen und imaginäres Geld in das Projekt investieren, welches am meisten begeistern und ansprechen konnte. Für die Constructor University soll das Siegerprojekt Leidfaden für die Erweiterung ihres Curriculums sein. Die Studierenden sollen von den Erkenntnissen des Projekts profitieren.
Ambitionierte Ideen wurden im Rahmen der Abschlussrunde vorgestellt: Ein Team hat herausgearbeitet, dass eine Fusion aus Kunst und Wissenschaft zum Ziel haben könnte, die Theaterbühnen mit künstlichen Regenbögen, Wolken und Blitzen zu beleben. Andere nahmen sich die Geschichte der Bremer Stadtmusikanten zum Beispiel, um Forschungsabläufe zu verbessern und bekannte Schwierigkeiten zu lösen. Eine weitere Gruppe verglich den Komponisten Johann Sebastian Bach mit dem Physiker David Bohm – beide Männer sind in ihren Feldern als Genies bekannt, aber was Bach an Fakten fehlte, fehlte Bohm an Emotionen und so ließ sich auch der Begriff des Genies in Frage stellen. Unterm Strich wurde deutlich: Beide Disziplinen können voneinander lernen und sich bereichern; dort ansetzen und neue Perspektiven sitzen, wo der jeweils andere bereits an seine Grenzen kommt. So konnte das Projekt „Bach&Bohm“ als Sieger hervorgehen.
Elena Novoselova ist Aufsichtsrätin an der Constructor University und Initiatorin des Camps. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Weiterentwickelung der Forschungsstrategie und Zusammenarbeit mit anderen Forschungsinstituten. Für sie war das Camp ein voller Erfolg. Fünf Tage habe man sich dem Anliegen gewidmet, zwischen den Disziplinen eine Brücke zum Dialog zu bauen. „Auf lange Sicht ist das Ziel, die beiden Welten miteinander zu verbinden und den jeweiligen Horizont zu erweitern“, sagt sie. „Wir haben auf grundlegender Ebene gelernt, dass technische und künstlerische Studierende miteinander arbeiten können.“
Das Camp in Grohn hat in Zusammenarbeit mit der "CultTech Association" aus Wien stattgefunden. Die 2021 gegründete Organisation glaubt, dass Technologie der Schlüssel dazu sei, die Kultur als zentrales Element des menschlichen Wachstums zu unterstützen. Ziel ist es, ein neues Ökosystem aus Kultur und Technologie zu erschaffen.