Anfang August steht das 25. Internationale Festival Maritim in Vegesack an. Und obwohl Lars Ehlers mehr Auflagen als früher erfüllen muss, sieht er jene nicht als "Handicap". "Ich stehe ja inhaltlich dahinter", sagt der Projektmanager des Vegesack Marketings und Organisator der großen Musikveranstaltung.
Zwei Beispiele. Erstens: Im vergangenen Jahr war das Festival Maritim erstmals – soweit es das Gelände zuließ – vollständig barrierefrei. Mit behindertengerechten Toiletten, Kabelbrücken und Leitsysteme für Menschen mit einer Sehbehinderung. Diese Auflagen hatte die Stadt kurz vorher verabschiedet, das Festival Maritim betraf es als einer der ersten. Wie Ehlers ausführt, verursachen die Auflagen pro Festival Mehrkosten von rund 17.000 Euro. "Und wir müssen nun zwei Tage vorher aufbauen." Er sehe aber, vor welchen Hürden Menschen mit Behinderung stehen. "Wir haben für das Festival Maritim super Resonanz von Rollstuhlfahrern und sehbehinderten Menschen bekommen", sagt er. Zweitens: Inzwischen dürfen die Schausteller Essen und Trinken nur noch in wiederverwendbarem Geschirr servieren. "Wir haben unseren Müll mehr als halbiert", stellt Ehlers klar. Dadurch seien auch die Kosten für die Müllentsorgung gesunken.
Wie René Möller, Sprecher des Innensenators, mitteilt, haben sich die Anforderungen für Veranstalter in den vergangenen fünf Jahren durchaus verändert beziehungsweise erhöht. Etwa bei Barrierefreiheit, Umweltschutz sowie Lärm- und Brandschutz. Zudem gelten nun höhere Sicherheitsauflagen – so muss im Einzelfall ein zusätzlicher Security-Dienst unterwegs sein oder Absperrungen aufgestellt werden. Während die Veranstalter für "typische Veranstalterrisiken" wie hohe Besucherzahlen, Flächennutzung und Wetter zuständig sind, kümmern sich laut Möller die Sicherheitsbehörden um konkrete Gefahren – zum Beispiel um Gewalt, Bedrohungen und Störungen der öffentlichen Sicherheit. Dazu zählen auch Anschläge – wie sie zuletzt in Magdeburg, Aschaffenburg und München geschahen.
"Wir leben weiterhin mit einer abstrakt hohen Bedrohungslage", schreibt der Sprecher. Ein Anschlagsrisiko könne man durch bauliche und organisatorische Maßnahmen nicht komplett ausschließen. Und die Sicherheitsmaßnahmen müssen zu dem tatsächlichen Risiko passen. "Zu strenge Schutzregeln würden öffentliche Veranstaltungen stark einschränken und unattraktiv machen", heißt es seitens des Innenressorts. Für große Feste wie die Osterwiese, den Frei- und Weihnachtsmarkt gibt es schon Sicherheitskonzepte – unter anderem mit zivilen Einsatzkräften, Zufahrts- und Messerkontrollen sowie Videoüberwachung.
Bisher keine Taschenkontrollen
Zurück nach Vegesack: Beim Festival Maritim wurden bisher keine Poller aufgestellt und keine Taschen kontrolliert. Ehlers geht davon aus, dass das auch so bleibt. Aber die Polizei entscheidet. "Ich darf und kann das ja gar nicht beurteilen", sagt der Festivalorganisator und fügt an: "Ich bin dafür verantwortlich, dass niemand über ein Kabel stolpert, dass niemand nach dem x-ten Bier eine Schlägerei anfängt." Ehlers betont aber immer wieder: "Das Festival Maritim ist das sicherste Festival in Bremen." Ein Awareness-Team ist vor Ort, ebenso Security-Personal, das aber nach verloren gegangenen Handys sucht und keine Platzverweise ausspricht.
Im sommerlichen Bremen-Nord finden auch kleinere Veranstaltungen statt – wie die Dixieland-Tage im Lesumhafen. Die Auflagen bezeichnet Organisator Lutz Hößelbarth als "ganz normale Geschichten". So müssen Rettungswege und Feuerwehrzufahrten freigehalten und in Zufahrtstraßen Parkverbote ausgestellt werden. "Aus Veranstaltersicht finde ich das richtig", sagt er. "Seit Corona haben sich die Auflagen nicht groß geändert", sagt Rainer Wendelken, der das Festival Folk im Kämmerei-Quartier organisiert. Und auch Birgit Benke, verantwortlich für die Pappbootregatta im Vegesacker Museumshafen, klagt nicht über "besondere Auflagen". Was sich geändert hat: Seit ein paar Jahren muss die Brücke nach oben geklappt werden. Die Ausrichter des zur gleichen Zeit und am gleichen Ort stattfindenden Irish Folk Festivals kümmern sich um den Großteil der Auflagen, Benke sorgt dafür, dass Wasserwacht und Sanitäter anwesend sind.
Auflagen unterscheiden sich je nach Festival
Wie Möller schildert, gelten manche Regeln für alle Veranstaltungen: zum Beispiel zur Barrierefreiheit und Brandschutz. Andere sind individuell. So muss der Ausrichter einer Großveranstaltung ein Sicherheitskonzept vorlegen. "Wir wissen inzwischen, worauf wir achten müssen. Und Änderungen werden uns rechtzeitig mitgeteilt", sagt Ehlers. Mehrausgaben – etwa wegen der neuen Auflagen bei der Barrierefreiheit – muss das Vegesack Marketing kompensieren. Indem es einen neuen Sponsor gewinnt, Infrastruktur kauft und deswegen nicht mehr mieten muss – oder eine Band streicht. Ehlers stellt aber klar: "Als Letztes wollen wir an der Musik sparen."