Auf alten Fotos einer Werbebroschüre kann man sehen, wie voll die Halle des Fritz-Piaskowski-Bades sein kann – und die Liegewiese, wenn die Sonne scheint. An diesem Vormittag regnet es. Kein Mensch ist in den Becken oder auf dem Rasen. Das Bad wird gerade für die nächste Saison vorbereitet. Und die nächste Bauphase. Arbeiten an und im Gebäude gab es immer wieder. Doch die, die jetzt anstehen, sind einschneidender als alle zuvor. Ein Teil des Komplexes wird abgerissen, um ihn an anderer Stelle neu aufzubauen.
Wie kaputt das Vegesacker Bad ist, kann man von draußen nicht sehen. Alles ist so, wie es seit Jahrzehnten ist: in der Mitte der Treppenaufgang, der ins Foyer und zu den Kassen führt, rechts der Gebäudeflügel mit den Becken, links der mit den Saunen und der Gastronomie. Das Weiß-Blau der Fassade und der helle Schriftzug über dem Eingang sind nahezu makellos. Vor vier Jahren ist das Freizeitbad von Außen saniert worden. Eine Million Euro investierte die Bädergesellschaft in ein neues Dach, neue Fenster, neue Lüftung und neue Wärmedämmung.
Doch jetzt kann nicht mehr saniert werden. Jetzt sind die Schäden so groß, dass die alte Schwimmhalle weg und eine neue her muss. Uwe Siefkes Mängelliste fängt bei Rissen im Beton an und hört bei verfaulten Balken auf. Er spricht von Befunden, zu denen immer neue Befunde kamen. Siefke leitet bei den Bremer Bädern die technische Abteilung. Er übernahm den Posten, als Gutachter zu dem Schluss kamen, dass reparieren teurer wird, als neu zu bauen. 2018 war das. Seither ist Siefke so oft im Bad am Fährgrund gewesen, dass er auf Anhieb gar nicht mehr genau sagen kann, wie oft.
An diesem Vormittag will er nicht nur sagen, was ist, sondern auch die Problemstellen des Bades zeigen, über die Planer, Prüfer und Politiker seit Jahren reden – und darüber, was unternommen werden soll. Siefke geht voran. Gleich hinter ihm folgt Jochen Ralle, der quasi der Hausherr ist. Das Bad ist eines von mehreren Bädern, die von ihm gemanagt werden. Ralle erklärt, wovon auch Siefke ausgeht: Dass es nur eine Baustelle der Bädergesellschaft gibt, die größer ist als die in Vegesack. In Horn wird nicht bloß ein Teil des Bades neu gemacht, sondern das komplette Bad.
Wie viel die neue Halle des Freizeitbades kosten wird, darüber können Ralle und Siefke momentan nur spekulieren. Sie wissen bloß, welche Zahl in einer Machbarkeitsstudie genannt wird – 23 Millionen Euro – und dass die Summen in Studien nicht die endgültigen sind. Beide sagen, dass der Betrag höher wird. Und dass beim Abriss auch wegkommt, was vor wenigen Jahren modernisiert wurde. Zum Beispiel ein Teil des Daches. Zum Beispiel energetisch sanierte Wände. Zum Beispiel der renovierte Solebereich.
Poröser Beton
Aber nicht das Schulschwimmbecken. Siefke und Ralle bleiben vor dem Bassin aus Edelstahl stehen. Erst im Vorjahr ist es als Ersatz gekommen, nachdem es immer wieder in den darunter liegenden Keller getropft hatte. Wenige Meter weiter klatscht Siefke mit der Handfläche auf eine Fliesenkante und sagt: Hier. Genau dort soll später die Grenze zur Abrisszone verlaufen. Es ist eine Mauer, die den Gang zum Schulschwimmbecken vom Planschbereich für Kinder abtrennt. Wo der jetzt ist, soll die neue Halle beginnen und etwa in Höhe des Außenverkaufs des Kiosks enden.
Welche Becken in den Neubau kommen, ergibt sich daraus, welche weichen müssen, um ihn zu errichten – und welche ihn überhaupt notwendig machen. Einen neuen Spaßbereich für die Kinder wird es geben und ein neues Schwimmerbecken. Der Beton unter den acht 25-Meter-Bahnen ist so porös, dass er an anderer Stelle neu gegossen werden muss. Siefke sagt, dass nach den Bauarbeiten die Wasserfläche genauso groß sein wird, wie sie jetzt ist, nur dass die Becken anders angeordnet sein werden. Und anders zusammengesetzt: Ein Kursusbecken kommt hinzu, dafür das Solebecken weg.
Im Keller zeigt Ralle, warum. Es geht durch ein Labyrinth aus Rohrleitungen, Filteranlagen und Apparaten, die Fließgeschwindigkeiten und Wasserwerte in Digitalschrift anzeigen. Vor einer Betonwand, die nicht nur grau, sondern auch braun und weiß ist, bleibt der Betriebsleiter stehen. Es gibt Stellen, wo das Wasser aus den Becken durch den Beton gekommen ist – und andere, wo sich bereits eine zentimeterdicke Schicht aus Salzkristallen gebildet hat. Ralle sagt, dass der Beton unter dem Schwimmerbecken ähnlich scheckig aussieht, nur ohne das Weiß der Sole.
Wieder oben geht es noch um etwas anderes, was schlecht am Altbau ist: seine vielen Ebenen. Technikchef Siefke spricht nicht nur vom Erd- und Obergeschoss, sondern auch vom Keller und Zwischenkeller. Und davon, dass sowohl das Geländegefälle den Bau so vielschichtig gemacht hat als auch jeder Anbau, der dazugekommen ist. Das Bad ist immer wieder verändert und erweitert worden. 1989 war es Baustelle, genauso wie 2006 und 2007. Das hat das Gebäude zu einem Haus mit vielen Barrieren gemacht. Rollstuhlfahrer kommen nur auf der Rückseite des Bades rein.
Mit dem Neubau, sagt Siefke, soll alles anders werden: alles ebenmäßig, sodass jeder Besucher mit einer Behinderung überall hinkommt, wo er bisher nicht ohne Weiteres und ohne Hilfe hinkommen kann: ins Wasser, in die Sauna, in die Umkleiden, in die oberen Räume. Die Treppenanlage vor dem Eingang werden abgerissen. Besucher sollen künftig direkt vom Parkplatz ins Gebäude gelangen können – und mit dem Fahrstuhl nach oben ins umgebaute Foyer des Freizeitbades. Das Fitnessstudio im Obergeschoss bekommt einen separaten Zugang.
Weil Rot-Grün-Rot noch über den Haushalt berät, können der technische Leiter und der Badmanager nicht sagen, wann alles fertig sein wird. Sie können nur hoffen, dass es im übernächsten Jahr losgeht. Siefke erklärt, dass erst der Neubau stehen soll, bevor der Abriss des Altbaus beginnt: Die neuen Becken sollen schon genutzt werden können, während die alten noch wegkommen. Einen Ausfall wird es trotzdem geben. Das Freibad bleibt so lange geschlossen, wie der Hallenbau dauert. Siefke und Ralle gehen von 2025 aus.