Die Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) gegen das Hochhaus ziehen eine enttäuschte Bilanz ihrer Bemühungen, den Bau eines neungeschossigen Gebäudes auf dem ehemaligen Haven-Höövt-Areal zu verhindern. Stellvertretend für die Initiative hatte Thomas Christoffers eine Petition eingereicht, die nach seinen Angaben von mehr als 2500 Bürgerinnen und Bürgern aus Bremen-Nord unterstützt wurde. Zwar hat der Petitionsausschuss noch nicht abschließend beraten. Doch Christoffers rechnet nicht mit einer Entscheidung im Sinne der Hochhaus-Gegner.
„Für den Vegesacker Beirat, die Baudeputation, den Petitionsausschuss und die Stadtbürgerschaft waren die Argumente der Petenten genauso irrelevant wie die Auffassung des Landesdenkmalpflegers, der Architektenkammer, des Deutschen Schulschiff-Vereins und vieler Bürgerinnen und Bürger, die ihre Auffassung in Leserbriefen zum Ausdruck gebracht hatten“, so Christoffers.
Mehr als 2000 Unterschriften gesammelt
Online hatten 534 Bürger die Petition mitgezeichnet. Mehr als 2000 weitere Unterschriften sind nach Angaben der Mitglieder auf Listen gesammelt worden. „Und das, obwohl wir die Sammlung wegen der Corona-Pandemie nach wenigen Tagen einstellen mussten. Wir hatten nur einmal die Gelegenheit, an einem Stand auf dem Vegesacker Markt öffentlich Unterschriften zu sammeln“, so Christoffers. Allein an diesem Tag seien mehr als 1200 Unterschriften zusammengekommen.
Das Resümee der Bürgerinitiative bezieht auch die Reaktion von Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) auf die Proteste der Bürger ein. In einem Interview mit der NORDDEUTSCHEN hatte Schaefer gesagt, die Proteste seien zu spät gekommen. „Wir haben inzwischen Akteneinsicht genommen und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass das nicht so war. Sobald klar war, dass das Hochhaus in der Höhe gebaut werden soll, haben wir reagiert“, betont Christoffers. „Am Anfang hieß es seitens der Politik und des Investors mehrfach: Das Haus wird nicht so hoch. Wir wurden vertröstet.“
Tatsächlich war die Höhe des geplanten Hochhauses bereits bei der Präsentation der Pläne der Architekten Jan und Benjamin Wirth im Juli 2018 im ersten Stock des Alten Speichers am Hafen ein Thema gewesen. Wie DIE NORDDEUTSCHE damals berichtete, war das Modell schon vor Veranstaltungsbeginn dicht umlagert. Ein Besucher witzelte damals: „Hat jemand eine Laubsäge dabei? Dann kappen wir das Hochhaus da vor dem Schulschiffhaus gleich schon einmal um die Hälfte.“
Max Zeitz als Geschäftsführer der Haven Höövt Projektentwicklungsgesellschaft sagte damals: „Wir wissen, dass es mit den Höhen der Gebäude in Vegesack geradezu historische Probleme gibt. Wir können hier auf den vorhandenen Fundamenten nicht höher als vier Geschosse bauen.“ Nur im Bereich der neuen Polizeiinspektion Nordwest als neuem Eingangs- und Torbau und auf dem Grundstück „Bauteil C“ gehe theoretisch deutlich mehr. Zeitz laut dem damaligen Bericht: „Aber wir werden da maximal zwei Stockwerke höher gehen.“ Im Januar 2019 war in der Sitzung des Beirats Vegesack indes bereits von einem elfgeschossigen Hochhaus die Rede. Aus dem Protokoll der Sitzung geht hervor, dass Zeitz damals erläuterte, dass zunächst noch nicht klar war, dass an der Stelle eine Gründung für ein höheres Gebäude möglich ist. Nachdem es in den Folgemonaten von Bürgern und Fachleuten zahlreiche Einwände gegen die geplante Höhe des Gebäudes gegeben hatte, reduzierte der Investor die Zahl der Geschosse indes wieder – von elf auf nun neun. Beirat und Baudeputation stimmten den Plänen zu.
„Die Politik trifft Entscheidungen an den Bürgern vorbei“
Die Initiative sieht in der Umgangsweise mit den Anliegen von Bürgern die Ursache für Politikverdrossenheit. Thomas Christoffers betont: Mit solchen Aktionen tragen Politiker dazu bei, dass die Bürger parteimüde werden.“ Und Klaus Gawelczyk sagt: „Die Politik trifft Entscheidungen an den Bürgern vorbei. Dabei gibt es viele Beispiele aus der Vergangenheit, dass Bürger mit ihren Einschätzungen oft richtig liegen.“ Als Beispiele zählt er den Bau des Einkaufszentrums Haven Höövt, des Tunnels unter dem Sedanplatz und die Anlage des Blauen Bands in der Vegesacker Fußgängerzone auf. Dies seien alles Projekte, die gescheitert seien und vor denen Bürger gewarnt hätten. „Glücklicherweise wurde damals wenigstens der Abriss der Häuser an der Alten Hafenstraße gestoppt.“
Imke Schöttler ist vor vier Jahren aus dem niedersächsischen Umland nach Vegesack gezogen, „auch wegen der Maritimen Meile und wegen des Museumshafens“. Das Flair drohe verloren zu gehen. Auch in Hinblick auf die Insolvenz der Strandlust und die Gerüchte, anstelle des Traditionshotels könnte Wohnbebauung entstehen, sagte Klaus Gawelczyk: „Wir machen uns wirklich Sorgen um die weitere Entwicklung Vegesacks.“
Uwe Meier weist darauf hin, dass der Investor von einer drei- bis viergeschossigen Bebauung ausgehen musste, als er das Grundstück kaufte. Dies müsse sich für ihn gerechnet haben, da er es sonst nicht gekauft hätte. Meier erinnert daran, dass Zeitz in der Beiratssitzung im Januar 2019 zur Kritik an der Höhe des Hauses erklärt hatte, dass sich das Ganze rechnen müsse, obwohl die Polizei als Mieter keine Höchstpreise zahlen könne und bezahlbare Wohnungen entstehen sollen.
Die Bürgerinitiative formuliert daher eine Forderung: „Wenn die Stadt sich durch derartige Wünsche von Investoren erpressbar macht, darf die Erstellung öffentlicher Gebäude nicht mehr durch diese erfolgen.“ Nur so könne sichergestellt werden, dass die Stadtgestaltung sich ausschließlich nach fachlichen Urteilen und städtebaulichen Maßstäben richte, „und nicht nach den finanziellen Wünschen von Investoren.“