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Betreuung Horthaus Grohn: Vier Jahrzehnte Arbeit im Quartier

Vor 41 Jahren wurde eine Einrichtung eröffnet, die damals Modellcharakter hatte: das Horthaus Grohn. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Horten kümmern sich die Mitarbeiter dort nicht nur um Kinder.
02.06.2022, 13:51 Uhr
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Horthaus Grohn: Vier Jahrzehnte Arbeit im Quartier
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Der 4. Mai 1981 war ein besonderer Tag in Bremen. An diesem Montag eröffnete mit dem Horthaus Grohn eine Einrichtung, die es so in der Hansestadt noch nicht gab. Gerade einmal 16 Kinder wurden dort am ersten Tag betreut. Heute, 41 Jahre später, sind es 160. Gemeinsam mit Erziehern und Eltern haben sie nun den 40. Geburtstag der Einrichtung gefeiert. Ursprünglich sollte das Fest bereits im vergangenen Jahr stattfinden. Doch pandemiebedingt musste es auf dieses verschoben werden.

Damals wie heute richten sich die Angebote nicht nur an die Kinder im Hort, sondern an alle Menschen im Quartier. "Es gibt einen Quartiersverbund mit vier Einrichtungen, die hier direkt an der Grohner Düne sind", sagt Diana von Rudkowski, Leiterin des Kinder- und Familienzentrums Grohn, wie das Horthaus heute heißt. Diesem Verbund gehören neben dem Hort auch der Mittagstisch des SOS-Kinderdorfes, das Arbeits- und Lernzentrum sowie das Quartiersmanagement Grohn an. Im Rahmen dieser Kooperation nehmen die Mitarbeiter des Hortes vormittags, wenn die Kinder noch in der Schule sind, verschiedene Aufgaben in der Siedlung wahr. "Dazu zählt zum Beispiel die offene Holzwerkstatt, die sich nicht an eine bestimmte Altersgruppe richtet", erzählt die Pädagogin. "Grundsätzlich kümmern wir uns um Kinder zwischen sechs und zehn Jahren. Da wir uns aber als Familienzentrum verstehen, erweitern wir unser Angebot in den Stadtteil hinein."

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So initiiert der Hort unter anderem auch Fahrradkurse. Dieses Angebot richtet sich nicht nur an Kinder, sondern auch an ihre Eltern. Sobald die Familien den Fahrradführerschein bestanden haben, können sie sich Räder für gemeinsame Fahrradtouren ausleihen.

Dieses Angebot gab es schon zu Zeiten von Wilfried Quenstedt, der den Hort von 1981 bis 2014 leitete. Auch wenn der gebürtige Ostfriese inzwischen seit acht Jahren im Ruhestand ist, fungiert er noch heute als Ratgeber. Hin und wieder ist Diana von Rudkowski auf das Wissen ihres Vorgängers angewiesen. Denn sie selbst arbeitet seit 2014 im Quartier und damit so lange, wie sonst kaum jemand. "Irgendjemand muss da sein, der das Wissen über die Grohner Düne weiterträgt", sagt sie. "Deshalb haben Willi und ich auch immer den Kontakt gehalten." Dadurch hat sie die Möglichkeit zu erfahren, wie der Hort vor ihrer Zeit mit bestimmten Fragestellungen umgegangen ist. "Wissen zu transferieren, geht nur zum Teil", sagt die Leiterin. "Deshalb ist Willi quasi mein Schatz, den ich immer mal etwas fragen kann."

Neben der fachlichen Expertise hat Wilfried Quenstedt auch die historische. "Ursprünglich war geplant, die Grohner Düne auf der gegenüberliegenden Straßenseite fortzusetzen", erzählt er. Doch diese Idee wurde wieder verworfen. "500 Familien zogen damals in das Quartier. Damit ist auch ein Bedarf an Kita- und Hortplätzen entstanden", sagt Quenstedt. Hinzu kommt, dass damals ein Umdenken in Sachen Hort stattfand. "Früher war der Hort ein Anhängsel der Kita. Weil dort noch geschlafen wurde, mussten die Kinder im Hort leise sein", berichtet er. "Entsprechend konnten sich die Mädchen und Jungen gar nicht entfalten." Um diese Situation zu ändern, wurden künftig Horthäuser geplant. Sowohl diese Entwicklung als auch der Bedarf im Quartier führten dazu, dass eine solche Einrichtung direkt gegenüber der Grohner Düne geplant wurde. 

Der Architekt des Gebäudes, Veit Heckrott, wollte mit dem Bau einen Kontrast zur Düne herstellen. "Damit das Haus in die Landschaft passt, musste er die Hanglage des Grundstücks beachten", erzählt Quenstedt. "Das war zum einen in der baulichen Umsetzung schwierig, zum anderen machte es das Projekt teuer." Finanziert wurde der Bau aus Mitteln, die zur Sanierung des Stadtteils zur Verfügung standen.

Dass die Stadt für das Projekt 2,4 Millionen Mark ausgegeben hat, stieß damals auf Kritik. Doch Wilfried Quenstedt wusste die Investition zu rechtfertigen. "Lieber Paläste für Kinder als eine D-Mark für Mittel, die sich gegen die Menschheit richten", zitiert er aus seiner Eröffnungsrede. "Wir waren damals in einer Phase des Wettrüstens", erläutert Quenstedt, der mit seiner Argumentation sämtliche Kritiker überzeugen konnte. 

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Als Meilenstein bezeichnet er die Inklusion im Horthaus Grohn. Bereits 1991 wurden auch Kinder mit Beeinträchtigungen in der Einrichtung aufgenommen. "Dadurch haben wir die Arbeit im Haus komplett neugestaltet", erinnert er sich. Das lag unter anderem auch daran, dass fortan ein Psychologe zum Team gehörte. "Die Überschrift war: Alle Kinder werden aufgenommen. Und wir haben die entsprechenden Integrations- und Hilfsmaßnahmen organisiert", sagt er. "Das hat dazu geführt, dass die Eltern uns die Türen eingerannt haben." Als Reaktion darauf hat die Einrichtung sich erweitert, von drei auf sechs Gruppen.

Wie sich der Hort in Zukunft entwickelt, ist indes noch unklar. Die Pläne der Bildungsbehörde sehen vor, dass die Schule Am Wasser zu einer Ganztagsschule ausgebaut wird. Damit würde das Horthaus Grohn eigentlich nicht mehr gebraucht werden. Doch im Gegensatz zu anderen Horten werden in Grohn eben nicht nur Schulkinder am Nachmittag betreut, sondern Angebote für das ganze Quartier geschaffen. "Die Politik weiß, dass an diesem Standort mehr als nur Betreuung gebraucht wird", sagt Diana von Rudkowski. "Wenn das Konzept Ganztagsschule hier im Quartier etabliert werden soll, muss es in eine ganz andere Richtung gehen als in anderen Stadtvierteln." Aktuell gibt es deshalb Gespräche, wie Hort und Schule vereint werden könnten. "Im Moment können wir den Prozess nur mitgehen und sagen, was es braucht", so die Leiterin. "Wie die Umsetzung am Ende aussehen wird, kann ich noch nicht sagen."

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