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Kindergärten im Bremer Norden Mehr Plätze, mehr Personal

In den kommenden Jahren entstehen gleich mehrere neue Kindertagesstätten im Bremer Norden. Was die Träger planen und wie sie Personal gewinnen wollen. Ein Überblick.
28.01.2022, 07:00 Uhr
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Mehr Plätze, mehr Personal
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Noch immer gibt es zu wenig Kindergartenplätze im Bremer Norden. Wie aus einer vorläufigen Statistik der senatorischen Behörde für Kinder und Bildung hervorgeht, galten zum Stichtag 3. Januar allein in Vegesack 132 Kinder als unversorgt, 117 davon sind über drei Jahre alt. Auch in Blumenthal fehlen vor allem Plätze im Elementarbereich. Von 77 unversorgten Mädchen und Jungen sind 63 zwischen drei und sechs Jahre alt. In Burglesum haben 63 Kinder noch keinen Kitaplatz, 39 von ihnen stehen auf einer Warteliste im Elementarbereich. Als Reaktion auf diesen Mangel sowie auf die Bevölkerungsvorausberechnung aus dem Jahr 2019 werden in den Stadtteilen neue Kitas gebaut beziehungsweise bestehende erweitert. Manche Einrichtungen werden bereits in wenigen Wochen eröffnen,
andere erst im Kindergartenjahr 2024/2025.

Was die Träger planen: Zwei neue Kindergärten schafft die Bremer Hans-Wendt-Stiftung. Sie wird die Kinderhäuser Arend-Klauke-Straße und Beckerweide betreiben, die von der Vegesacker Gesellschaft Projektgrund gebaut werden. „An der Straße Beckersweide werden 100 Plätze entstehen, davon 20 für Kinder unter drei Jahren und 80 für über Dreijährige“, sagt Nadine Wernicke, pädagogische Leiterin der Kinderhäuser. „In der Arend-Klauke-Straße schaffen wir insgesamt 130 Plätze, 30 im Krippen- und 100 im Elementarbereich.“ Beide Einrichtungen werden voraussichtlich im kommenden Jahr eröffnen.

Der PME-Familienservice aus Berlin wird zwei Einrichtungen in Burglesum eröffnen und eine in Blumenthal. Die Kita an der Hindenburgstraße soll genauso wie die Kita an der Upsalastraße voraussichtlich im Mai in den Betrieb gehen. „Für die Einrichtung in der Fresenbergstraße gibt es noch keinen konkreten Eröffnungstermin“, sagt Unternehmenssprecherin Josephin Hartmann. In Blumenthal wird es jeweils drei Krippen- und drei Elementargruppen geben. Wie viele Plätze insgesamt entstehen, steht noch nicht fest. „In Burglesum schaffen wir in diesem Jahr insgesamt 180 Kitaplätze“, so Hartmann. „Pro Einrichtung wird es jeweils drei Elementar- und drei Krippengruppen geben.“ 

Weitere 170 Plätze schafft die Fröbel-Gruppe aus Berlin. Geplant sind zwei Einrichtungen, eine an der Straße Dobbheide und eine an der Farger Straße. Beide Häuser werden von der Bremer Rhein Group gebaut. Nach den Worten von dessen Geschäftsführer Philip Nitzsche wird die Kita in Vegesack spätestens zum 1. Juli dieses Jahres eröffnen. Für die Einrichtung in Blumenthal läge nun die Baugenehmigung vor, sodass die Arbeiten im Frühjahr oder Sommer beginnen könnten. Anfang kommenden Jahres könnte der Kindergartenbetrieb dort bereits starten.

In beiden Einrichtungen wird Fröbel auf seine Rahmenkonzeption setzen, bei der die Rechte der Kinder im Mittelpunkt stehen, sagt Unternehmenssprecher Mario Weis. „Dazu gehört zum Beispiel das Recht darauf, dass ihre individuellen Interessen in unseren Kindergärten aufgegriffen werden oder dass sie im Kita-Alltag mitbestimmen können.“

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Der PME-Familienservice setzt in seinen Einrichtungen auf die Pikler/Hengstenberg-Pädagogik. „Grundthemen des Konzeptes sind die autonome Bewegungsentwicklung, das freie Spiel und die beziehungsvolle, kooperative Pflege“, erklärt Josephin Hartmann. Darüber hinaus würden die sprachliche Bildung der Kinder und der Bereich Medienpädagogik eine zentrale Rolle in den Einrichtungen spielen. „Unsere Einrichtungen sind digital sehr gut ausgestattet“, erzählt sie. So würden die Kinder beispielsweise unter Aufsicht an den Umgang mit Tablets herangeführt werden. „Das Tablet ist Hilfsmittel zur Bildung. Thematisieren wir etwa das Leben von Dinosauriern, können sich die Kinder beispielsweise anhören, welche Geräusche die Tiere gemacht haben“, schildert Hartmann.

Die Hans-Wendt-Stiftung will mit ihren Einrichtungen nicht nur ein Betreuungsangebot im Bremer Norden schaffen, sondern darüber hinaus auch ein Netzwerk von Hilfsangeboten. „Wir haben verschiedene Leistungsangebote“, sagt Jörg Angerstein, Vorstand der Hans-Wendt-Stiftung und Geschäftsführer der Hans-Wendt gGmbH, die als Betreiber der Kinderhäuser fungiert. „Ich finde ‚Mehrere Hilfen unter einem Dach‘ ist ein wunderbares Motto.“ Eltern hätten mit der Kita somit eine Anlaufstelle, die sie in verschiedenen Lebenssituationen unterstützt, etwa in den Bereichen Frühförderung und ambulante Erziehungshilfen.

Denkbar sei auch, dass die Einrichtungen für Informationsveranstaltungen und andere Angebote genutzt werden. „Das ist so abstrus, Kindergärten sind häufig in riesen Immobilien untergebracht, die aber in der Regel ab 16 Uhr leer stehen“, sagt Angerstein. So könnten in den späten Nachmittags- und Abendstunden etwa Seminare zu Themen wie Ernährung und Erste-Hilfe bei Kindern in den Räumlichkeiten angeboten werden.

Wettbewerb unter den Trägern: Der Bau weiterer Kindergärten allein hilft allerdings nicht, um den Mangel an Plätzen im Bremer Norden zu beseitigen. Es braucht auch Personal, das die Mädchen und Jungen betreut. „Natürlich kann man Fachkräfte nur gewinnen, wenn man entsprechende Konzepte vorhält, die Mitarbeiter auch anziehen“, sagt Nadine Wernicke. Ein einheitliches Konzept, das in allen Häusern Anwendung findet, habe die Hans-Wendt-Stiftung jedoch nicht. Stattdessen variiere das Angebot von Stadtteil zu Stadtteil. „Wir schauen immer sozialraumorientiert, was gerade in den jeweiligen Stadtteilen gebraucht wird und was schon vorhanden ist“, erläutert sie. In Vegesack etwa habe die Hans-Wendt-Stiftung mit den Vege-Kids bereits eine Einrichtung, die Teil des neuen Kindergartens werden wird. Deshalb sei es denkbar, dass die Konzeption der Krippe in die Arbeit des Kinderhauses Arend-Klauke-Straße eingebunden wird. „Wie das Konzept im Detail aussehen wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen“, so Wernicke. „Wir müssen schauen, wie sich der Stadtteil entwickelt.“

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Neben der Konzeption spielt auch die Positionierung des Trägers eine wichtige Rolle bei der Personalsuche, sagt Jörg Angerstein. Die Gesellschaft müsse sich als verlässlichen und attraktiven Arbeitgeber platzieren, um für Bewerber interessant zu sein. „Wir haben einen Arbeitnehmermarkt, dadurch müssen sich Arbeitgeber um Arbeitnehmer bemühen“, so Angerstein. „Das ist eine veränderte Welt, insbesondere in dem Bereich.“

Dieser Umstand mache die Arbeit aber auch spannend, da er für einen Wettbewerb unter den Trägern sorge. „Da geht es insbesondere um Wertigkeiten, um Werte, um Haltung, um Verständnis und um Mitgestaltung“, erzählt er. „Bei fast allen Trägern wird tariflich bezahlt, dadurch geht es vor allem um die weichen Faktoren.“

„Leider klafft die Lücke zwischen dem Bedarf und dem Angebot an Fachkräften immer weiter auseinander“, stellt auch Josephin Hartmann fest. Vor diesem Hintergrund sei die Personalsuche eine enorme Herausforderung für den PME-Familienservice. Deshalb wolle das Unternehmen den Bewerbungsprozess so einfach wie möglich gestalten. „Unter dem Motto ‚Jetzt direkt, ohne Anschreiben und Lebenslauf bewerben!‘ wollen wir einen schnellen persönlichen Kontakt ermöglichen“, erzählt sie. „Die Bewerberinnen und Bewerber sollen nur ein paar kurze Fragen beantworten und dann nehmen wir direkt persönlichen Kontakt auf, um über die Ausbildung und berufliche Erfahrungen zu sprechen.“

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Darüber hinaus kommuniziere der PME-Familienservice auch per Whatsapp mit Bewerberinnen und Bewerbern. In erster Linie ginge es bei beiden Wegen um den persönlichen Erstkontakt. Zeugnisse und sonstige Unterlagen müssten Interessenten später trotzdem einreichen, betont Hartmann. „Ansonsten gehen wir auch noch die klassischen Wege über Banner, Flyer, Schulbesuche und Social-Media.“

Das Thema Personalsuche beschäftigt auch die Fröbel-Gruppe. Den Fachkräftemangel spüre das Unternehmen in Bremen genauso wie im Rest der Republik. „Am Arbeitsmarkt erleben wir, dass einige moderne Schwerpunktthemen bei den Bewerberinnen und Bewerbern sehr gut ankommen: Themen wie Bildung für nachhaltige Entwicklung, Digitalisierung oder die Einbindung von Tieren in den Betreuungsalltag bieten ja nicht nur ihnen, sondern auch den betreuten Kindern tolle Entwicklungschancen“, erzählt Mario Weis. Insgesamt stünden die Rechte der Mädchen und Jungen im Fokus der pädagogischen Arbeit. Mit diesem Schwerpunkt könne sich das Gros der Fachkräfte gut identifizieren, weshalb sie sich gerne für den Träger als Arbeitgeber entscheiden würden. 

Zur Sache

Weitere Träger erweitern Angebot 

Neben der Hans-Wendt-Stiftung, Fröbel und dem PME-Familienservice erweitert unter anderem auch Kita Bremen sein Angebot im Norden der Stadt. So sollen laut einer Auflistung der senatorischen Behörde für Kinder und Bildung etwa im Kinder- und Familienzentrum Smidts Park zwei weitere Gruppen geschaffen werden. Außerdem ist vorgesehen, das Kinder- und Familienzentrum Lesum von drei auf sechs Gruppen zu erweitern. Das Deutsche Rote Kreuz errichtet Kinderhäuser in Aumund, im Quartier Zum Alten Speicher sowie im Lesumpark. Außerdem plant die Arbeiterwohlfahrt eine Kita an der Alten Hafenstraße.

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