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Kinderbetreuung in Vegesack Angebot des BUND in der Düne: Umweltbildung für Kinder ohne Kitaplatz

Weil viele Kinder in der Grohner Düne keinen Kitaplatz haben, hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland ein spezielles Angebot konzipiert. Wie das aussieht.
08.10.2023, 20:00 Uhr
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Angebot des BUND in der Düne: Umweltbildung für Kinder ohne Kitaplatz
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Allein im Bremer Norden fehlen in diesem Monat fast 400 Kitaplätze. Das geht aus einer Statistik der senatorischen Behörde für Kinder und Bildung hervor. Damit zumindest ein Teil der betroffenen Kinder trotzdem von einem regelmäßigen Angebot profitieren kann, gründet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in dieser Woche eine Gruppe in der Grohner Düne. Für ein Jahr kostet das Angebot knapp 5000 Euro, die aus dem Fördertopf Wohnen in Nachbarschaften finanziert werden.

Organisiert wird das Projekt von Scarlett Gac Cáceres. Nach den Worten der Koordinatorin für den Bereich Umweltbildung in Bremen-Nord können zehn Kinder zwischen zwei und sechs Jahren betreut werden. Die Idee, etwas für Mädchen und Jungen ohne Kitaplatz anzubieten, hat der BUND gemeinsam mit Kirsten Gharbaoui entwickelt, die das Projekt Dünenweg vom Arbeits- und Lernzentrum betreut. "Über das Angebot, das sich an Frauen im Quartier richtet, hat Kirsten Gharbaoui mitbekommen, wie groß der Bedarf an Betreuungsplätzen in der Grohner Düne ist", sagt Gac Cáceres. Da sich die Angebote des BUND bisher vorwiegend an Grundschulkinder richteten, musste für die Kleinen eine neue Gruppe ins Leben gerufen werden. "Uns war klar, dass die Kleinen etwas Dauerhaftes brauchen. Sie müssen nicht nur Kontakte zu anderen Kindern haben, sondern auch zur Sprache", so die Biologin. "Darüber hinaus müssen auch die Mütter bei der Betreuung ihrer Kinder entlastet werden." Mit diesen Prämissen im Hinterkopf ist das Konzept für das Programm "Auf Naturentdeckungstour" entstanden, wie das Projekt offiziell heißt.

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Die Gruppe trifft sich künftig einmal in der Woche für zwei Stunden. In dieser Zeit bekommen die Mädchen und Jungen die Gelegenheit, sich mit der deutschen Sprache zu beschäftigen. "Die meisten sprechen wenig bis gar kein Deutsch", sagt Gac Cáceres. "Umweltbildung, wie wir sie im Viertel oder in der Neustadt anbieten, ist damit in der Grohner Düne nicht immer möglich." Deshalb schauen sich die Kinder unter anderem Bücher an, in denen verschiedene Tiere und Pflanzen zu sehen sind. "Dann sagen wir zum Beispiel: 'Das ist ein Buntspecht und das eine Biene.' Das passiert in einer ganz einfachen Sprache und unterstützt mit Bildern", schildert die Koordinatorin. "Das ergänzen wir dann noch mit einem Spiel, damit die Wörter besser im Gedächtnis bleiben." Zum Einsatz kommt dabei ein Memory. Decken die Kinder eine Karte auf, müssen sie immer wieder sagen, was man darauf sieht. Neben der Sprachbildung organisieren die Honorarkraft sowie eine Ehrenamtliche, die die Gruppe gemeinsam leiten, unter anderem auch Bewegungsspiele und Bastelangebote.

Für die nutzt die Gruppe Grünflächen in der direkten Umgebung. Das habe den Vorteil, dass die Kleinen die Orte anschließend auch mit ihren Eltern aufsuchen können. Dazu zählen allerdings keine Spielplätze. "Unser Ziel ist, dass die Kinder sich mit der Natur beschäftigen", betont die Biologin. Schließlich spielten Naturerfahrungen für die gesunde Entwicklung von Kindern eine wichtige Rolle. "Studien belegen, dass Kinder im Freien aktiv sein müssen, damit sie bestimmte Bewegungen erlernen." Dazu zählten etwa Fähigkeiten wie das Laufen auf unebenen Flächen oder das Klettern auf Bäume. Gac Cáceres: "Durch die Urbanisierung entfremden sich die Menschen aber immer mehr von der Natur. Viele Kinder gehen gar nicht mehr raus und beschäftigen sich stattdessen mit dem Fernseher oder mit Videospielen." Und das passiere bereits in einem sehr jungen Alter. Das habe zur Folge, dass sich sowohl die Fein- als auch die Grobmotorik nicht richtig ausbilden könne. Hinzu komme, dass die Kleinen weniger Fantasie entwickelten und die Sprachentwicklung sich verzögere. "Die Natur bietet einen Fächer an Möglichkeiten, den wir aber nicht in Anspruch nehmen", sagt die gebürtige Chilenin.

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Darüber hinaus stellt die Umweltpädagogin immer wieder fest, dass manche Kinder nur ungern nach draußen gehen. "Wir beobachten in bestimmten Stadtteilen, dass sich die Kleinen nicht mehr trauen, sich dreckig zu machen", schildert Gac Cáceres. Manche Mädchen und Jungen hätten darüber hinaus Angst vor Insekten. "Es gibt Kinder, die sind draußen komplett überfordert. Sie wissen einfach nicht, wie man sich im Freien beschäftigt", so die Mitarbeiterin des BUND. "Dabei müsste das eigentlich naturgegeben sein."

Genau gegen diese Entfremdung will der Verein mit seinen Angeboten angehen. Das könnte er sich auch an anderer Stelle vorstellen, um zeitgleich noch mehr Kinder, die keinen Kitaplatz haben, betreuen zu können. Doch dafür fehlen dem BUND Honorarkräfte und Ehrenamtliche. "Für unsere Angebote in Bremen-Stadt finden wir deutlich einfacher Personal als für die im Bremer Norden", sagt Scarlett Gac Cáceres. Einfach sei die Suche auch deshalb nicht, weil die Gruppenleitungen eine pädagogische Ausbildung absolviert haben müssen. Sobald der BUND weitere Kräfte gefunden hat, will er zusätzliche Angebote für Kinder ohne Kitaplatz schaffen – auch im Bremer Norden.

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