Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Zwei Spielorte, sechs Gruppen Jazzfestival Bremen-Nord: Tradition trifft Innovation

Erst gab es Auftritte im Haus Kränholm, dann in der Vegesacker Stadtkirche: Die Veranstalter des Jazzfestivals Bremen-Nord haben wieder Programm gemacht – ein Besuch der beiden Konzertabende.
15.09.2024, 15:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Jörn Hildebrandt

Jazz kann weit mehr sein als Jazz. Wenn er zum Beispiel mit Klavier, Bass und Trompete kammermusikalisch klingt oder Elemente von Rock und Pop aufnimmt und somit Unterhaltung auf gehobenem Niveau bietet. Beim Jazzfestival Bremen-Nord gab es beides. Es fand jetzt an zwei Abenden an zwei Standorten statt: im Haus Kränholm und in der Stadtkirche Vegesack.

In einer Kooperation der Musikerinitiative Bremen, der Agentur Artgenossen sowie der Stiftung Haus Kränholm gaben insgesamt sechs Ensembles ihr Bestes und mischten traditionellen Jazz mit viel Innovation. So wurde auf insgesamt sehr hohem Niveau Musik zum intensiven Zuhören geboten.

Im Kunstcafé des Hauses Kränholm begann das Felix Petry Trio am Freitag mit zeitgenössischem Jazz. Felix Petry am Tenorsaxofon gab mit höchst wechselvollen Klängen, von getragen bis wirbelnd und aufschäumend, meist den Ton an, doch auch Clara Däubler am Kontrabass wusste mit Solo-Einlagen virtuos eigene Akzente zu setzen. Auch Willi Hanne am Schlagzeug konnte sich zuweilen von dezenter rhythmischer Untermalung mit seinen wuchtigen Soli in den Vordergrund spielen.

Blasig aufsteigende Töne, oft farbenfroh und bunt, mal verhalten und dezent, mal wild, laut und dissonant, in bestens abgestimmtem Zusammenspiel, faszinierten das immer wieder zwischendurch applaudierende Publikum. Die vibrierenden Jazzakkorde steigerten sich häufig aus Ruhe zum Sturm und gingen in schnelle, freudige Rhythmen über. Oft leise beginnend, wurden dem Saxofon quirlige Tonwirbel entlockt, und auch das Schlagzeug nahm Fahrt auf. Von cool, gedehnt und hauchend, bis zu gebremsten, verhaltenen und jazztypisch gestauten Tönen, entstand ein kontrastreiches Konzert mit individueller Klangsprache, in der sich Avantgarde, Folk, Modern Jazz und Blues-Anteile mischten.

Stark verwurzelt in der Jazztradition zeigte sich anschließend das Quartett mit Uli Beckerhoff, der Professor für Jazz an der Folkwang Universität der Künste in Essen und künstlerischer Leiter der „Jazzahead“ in Bremen war. Er wusste der Trompete einen enormen Klangumfang zu entlocken, und das Klavier brachte immer wieder kammermusikalische Akzente in die Aufführung. Liebliche und lyrische Töne wechselten mit überraschend aufspringenden, wirbelnden und quirligen Tönen ab.

Wie man Songs der Beatles in groovigen Jazz verwandeln kann, zeigte im Haus Kränholm die Bremer Jazz Formation Gaining Ground des Pianisten Jens Schöwing. Das Quartett wusste den eingängigen Beatles-Stücken auch spirituelle Qualitäten abzugewinnen und mischte die Eigenkompositionen im Spannungsfeld von Jazz, Soul und Funk.

Lesen Sie auch

Am Sonnabend fand das Jazzfestival in der Stadtkirche Vegesack seine Fortsetzung: Mit der Sängerin Lucia Boffo aus Argentinien, der Bassistin Lias Hoppe und der in Israel aufgewachsenen Pianistin Danielle Friedman trat das multikulturelle Trio Zahir auf, das beim Publikum große Begeisterung auslöste. Denn die Stimme von Lucia Boffo zeigte eine enorme Weite des Ausdrucks bei starker emotionaler Kraft, von zu Herzen gehenden Klagen bis zu mitreißend schnellen Tönen, die sich in höchste Höhen aufschwangen.

Nicht minder eindrucksvoll das Klavier, das oft mit blitzenden Arpeggios begleitete, aber auch Solo spielte. Die Grifftechnik am Kontrabass war ebenfalls virtuos. Die Gruppe verband eindrucksvoll Sprache mit Musik durch Eigenkompositionen und Gedichtvertonungen von Autoren wie Miguel de Unamuno. Teils sogar dreistimmig singend, spielte die Gruppe eine perfekte Mischung aus frei improvisierten Stücken, die vom Jazz inspiriert waren und in denen die verschiedenen kulturellen Identitäten der drei Musikerinnen zusammenflossen.

Ganz auf Eigenkompositionen im Spannungsfeld zwischen komplexem Jazz und ruppigem Rock setzte anschließend das Trio Jazz Smells – in einem individuellen Stil, in dem viel Überraschung und Improvisation enthalten war.

Abschließend bot die Fünfergruppe um Evelyn Gramel eine Hommage an die bedeutende Singer-Songwriterinnen Joni Mitchell. Aus der Folk-Musik kommend, traten ab Mitte der 1970er-Jahre mehr und mehr Jazz, elektronische Musik und Rockmusik in ihre Songs. Die Gruppe ließ Joni Mitchell in eigenen Bearbeitungen erleben, in denen die Aura der Sängerin aufleben konnte.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)