Wenn es ein wichtiges Utensil am Marktstand von Heiner und Marita Schmidt gibt, dann ist es die große Schaufel. Die legt das Händler-Ehepaar eigentlich so gut wie nie aus der Hand. Alle naselang steht jemand vor dem Schmidtschen Stand auf dem Vegesacker Wochenmarkt und möchte Kartoffeln haben. Dann greifen die beiden zur Schaufel und schütten Erdäpfel in den großen weißen Topf, der auf der Waage steht, und dessen Weiß man nur noch erahnen kann. Die sandige Ware hat ihre Spuren hinterlassen.
Das Ehepaar Schmidt aus Debstedt ist vom Vegesacker Wochenmarkt nicht wegzudenken. Dreimal in der Woche bauen sie neben der Markthalle ihren Stand auf. "Seit 27 Jahren sind wir hier auf dem Markt", erzählt Marita Schmidt, "und es macht immer noch Spaß." Dienstag, Donnerstag, Sonnabend – die Schmidts sind dabei. Ausnahmen machen sie noch nicht einmal, wenn sie Geburtstag haben. "Ich bin heute 68 geworden", erzählt Marita Schmidt vergnügt, als der Gast von der Zeitung an ihrem Stand steht und Fragen stellt. Ihr Mann ist etwas jünger. "Er wird im Mai 68", verrät seine Frau. "Wir waren schon als Kinder befreundet", erzählt Marita Schmidt. Längst sind sie auch an ihrem Kartoffelstand ein eingespieltes Team. Das gibt den beiden Eheleuten die nötige Kraft und den Schwung für die Arbeit auf dem Markt und für die Arbeit, die die Kunden nicht sehen. Die auf dem Feld zum Beispiel: Kartoffeln pflanzen und hegen und sie schließlich aus der Erde buddeln.
Von festkochend bis mehlig
Auf einer Fläche mit der "Größe von sieben Fußballfeldern" bauen sie ihre Kartoffeln an, erzählt Heiner Schmidt. Der Acker sei nach Sorten aufgeteilt. Neben Frühkartoffeln Annabelle erntet das Ehepaar auch Kartoffeln der Sorten Belana, Laura, Leyla, Afra und Gunda. Nicht zu vergessen "die gute alte Linda". Festkochende, mittelfeste und mehlige Sorten, die an den Markttagen ihre Abnehmer finden. Gerade steht "ein Kunde der ersten Stunde" am Stand und lässt sich mehlige Kartoffeln abwiegen. Für Klöße. Wie die schmecken, konnte das Händlerpaar bereits probieren. Der Kunde sei eines Tages am Stand mit einem Topf seiner selbst gemachten Klöße vorbeigekommen und habe sie damit überrascht, berichtet Marita Schmidt.
Ihr Mann hat wieder die Schaufel in der Hand und lässt eine Ladung Kartoffeln in den Topf auf der Waage kullern. Noch ein paar dazu, dann sind's zweieinhalb Kilo, die der Landwirt über den Tisch reicht. Ein paar launige Worte gibt es obendrauf. Ob das für ihn der Reiz am Wochenmarkt sei? "Moment", antwortet Heiner Schmidt, "ich gebe dem Herrn mal eben ein paar Eier." Die hat das Ehepaar nämlich auch in seinem Sortiment. Von den eigenen Hühnern und von den frei laufenden Hühnern des Nachbarhofes. "Das Schöne ist", sagt der Händler dann, "dass man seine eigenen Produkte selbst vermarkten und verkaufen kann." Und das Schöne sei auch der Kontakt zu den Kunden, schwärmen beide Marktleute. Manche seien damals mit ihren Eltern an den Stand gekommen und sind heute selbst Eltern und bringen ihre Kinder mit, wenn sie bei den Schmidts Kartoffeln kaufen. Und Eier.
Kleine und große Exemplare
Kurze Arbeitspause. Die Zeitung braucht noch ein Foto von dem Händlerpaar, was bei den Kunden für Aufmerksamkeit sorgt. "Wir kommen in die Gala", sagt die Marktfrau und lächelt verschmitzt. "Titelseite", fügt ihr Mann augenzwinkernd hinzu. Dann geht's am Stand weiter. Heiner Schmidt schüttet Kartoffeln aus einem der Säcke, die sich auf dem Wagen hinter ihnen stapeln, in einen großen Korb. Nicht jeder will gleich einen ganzen Zehn-Kilo-Sack mit nach Hause schleppen. "Gängige Mengen sind zweieinhalb und fünf Kilo", weiß der Händler. Manche Kunden wünschen auch ordentlich große Exemplare für Ofenkartoffeln. Die haben Marita und Heiner Schmidt in einen Extra-Korb sortiert. Genauso wie die kleinen Kartoffeln, die auch gern genommen werden. "Von Leuten, die allein leben und nur zwei oder drei Kartoffeln zum Mittag essen." Eine andere Dimension hat der Wunsch nach Einkellerungskartoffeln. Wer danach fragt, nimmt einen 25 Kilo schweren Sack mit nach Hause. Dann hilft Heiner Schmidt, die Fuhre zum Auto zu bringen. "Für den Fall", sagt er, "habe ich immer eine Sackkarre am Stand."