Lange Zeit sah es so aus, als wäre das Projekt wie die meisten Projekte: unproblematisch und schnell erledigt. Das Okay der Baubehörde kam zügig, die Handwerker mussten trotz Corona-Krise und voller Auftragsbücher nicht lange gesucht werden, sämtliche Arbeiten waren genau im Zeitplan. Doch jetzt, das Millionenvorhaben ist quasi halb fertig, droht ein Baustopp – und der Stadt eine Klage des Projektentwicklers.
Auf Entwürfen kann man sehen, wie sich die Planer alles vorgestellt haben: hier die Reihenhäuser für Familien, Paare und Singles, dort die Kita – acht Gruppen, zwei Geschosse, ein Außenbereich. Alles vereint auf einem stillgelegten Betriebshof und einem ehemaligen Gärtnereigelände an der Arend-Klauke-Straße in Vegesack. Dass die Genehmigung des neuen Kindergartens zügig ging, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass in keinem Nordbremer Stadtteil so viele Betreuungsplätze fehlen wie in diesem. Nur, sagt Olaf Mosel, kann es jetzt sein, dass sie nicht so schnell bereitstehen können, wie es anfänglich geplant war und Eltern gehofft haben.
Unterm Strich kommt der Projektentwickler bei dem Großvorhaben – allein die Kita ist ein Sechs-Millionen-Euro-Bau – auf zwei Probleme mit zwei Behörden: dem Bauressort und dem Grundbuchamt. Mosel hat sowohl dem einen als auch dem anderen geschrieben. Seiner Ansicht nach kommt das Erste zu einem falschen Schluss und arbeitet das Zweite nicht so zügig wie gedacht. Mit gravierenden Folgen für das Vorhaben. Darum kündigte er der Behörde an, die Angelegenheit von einem Anwalt prüfen zu lassen, und dem Grundbuchamt, den Bau notgedrungen stoppen zu müssen, falls Einträge nicht endlich geändert werden.
Darauf wartet Mosel nach eigener Rechnung jetzt ein halbes Jahr. Er braucht die Einträge, damit er die Kita verkaufen kann. Der Projektentwickler spricht von einer skurrilen Situation: Er hat einen Käufer, kann aber den Vertrag mit ihm nicht abschließen, weil die Flurstücke, auf denen die Kita gebaut wird, noch nicht dem Projekt zugewiesen sind. Und solange der Vertrag nicht geschlossen ist, gibt es auch kein Geld vom Käufer, das zum Teil für die Refinanzierung des Projekts eingeplant war. Mosel sagt, dass er nächste Woche den Bau zwangsweise stoppen muss, wenn die Einträge im Grundbuch bis dahin nicht umgeschrieben sind.
Ob das noch klappt, ist unklar. Anna Reinke sagt, dass sie zum Verfahren nichts sagen kann, weil es ein laufendes Verfahren ist. Nach den Worten der Richterin und Pressesprecherin des Blumenthaler Amtsgerichts hängt die Dauer von Grundbuchangelegenheiten von den jeweiligen Umständen des Falls ab. Maßgeblich ist ihr zufolge, dass alle erforderlichen Unterlagen und Angaben eingereicht wurden. Wie lange es im Schnitt dauert, bis Einträge geändert sind, lässt sie offen. Laut Mosel liegen dem Amt alle Dokumente vor. Er kann sich nicht daran erinnern, dass das Verfahren schon einmal so lange gedauert hat wie diesmal.
Und dass er bei einem Projekt schon einmal machen sollte, was die Behörde jetzt bei diesem von ihm verlangt: ein Grundstück von der Stadt für den Bau der Kita zu kaufen, auf dem mal ein Rad- und Fußweg war, obwohl er eine angrenzende Fläche für einen neuen Rad- und Fußweg zum Ausgleich gekauft hat – und diesen neuen Weg auf eigene Rechnung auch baut. Sogar breiter, damit sich Radfahrer und Fußgänger nicht wie beim alten eine Fläche teilen müssen. 42.000 Euro hat Mosel nach eigenem Bekunden für das Nachbargrundstück bezahlt. Für den neuen Rad- und Fußweg veranschlagt er Bruttokosten von einer viertel Million.
Mosel hatte gedacht, dass es reichen würde, etwas Neues und Besseres zu schaffen, um die Grundstücke quasi tauschen zu können. Zumal die neue Fläche doppelt so groß ist wie die alte. Doch ein Behördenmitarbeiter teilte ihm mit, dass ein Tausch nicht infrage kommt. Der Sachbearbeiter begründet das damit, dass die Fläche des alten Rad- und Fußweges ja erst das Bauprojekt möglich macht – und darum an Wert gewonnen hat. Und der müsste bezahlt werden. Mosel glaubt nicht, dass das rechtens ist, zumal seines Wissens nach bisher keine Rede von einem Kauf war. Ein Jurist soll die Sache jetzt prüfen und gegebenenfalls Klage einreichen.
Dass es tatsächlich so weit kommt, hält Jens Tittmann für fraglich. Der Sprecher von Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) sagt, dass in dem Fall inzwischen Baustaatsrätin Gabriele Nießen eingeschaltet ist. Laut Tittmann ist sie dabei, für eine Lösung zu sorgen, die beiden Seiten gerecht wird.