Christof Nordmeier ist Nordbremer und ein Vegesacker Junge. Im Februar ist der Ruderer, leidenschaftliche Radfahrer und Weltenbummler zu einer weiten Reise aufgebrochen: Mit dem Fahrrad will er in maximal zwei Jahren die Welt umrunden. Seither hat er viel erlebt. Ob Nächte im Zelt irgendwo im südamerikanischen Nirgendwo, Attacken durch Mückenschwärme oder Begegnungen mit Einheimischen, Radfahrern und deutschstämmigen Supermarktbesitzern mitten in Brasilien: Die Liste der Erfahrungen ist lang.
Dass die gesamte Reise ein großes Abenteuer werden würde, darauf deutete schon die Anreise hin. So strandete Nordmeier aufgrund einer Zugverspätung in Basel. „Die Fahrt von Bremen nach Hannover dauerte drei statt nur einer Stunde, wodurch ich meinen Anschluss und den Flug verpasst habe“. Mit einigem organisatorischen Aufwand konnte er den Flug schließlich umbuchen, um so einige Tage später nach Montevideo in Uruguay zu fliegen. „Natürlich für eine höhere Gebühr“, sagt Nordmeier.
Montevideo war Startpunkt seiner Reise. Nach einigen Tagen Aufenthalt bei einem Freund und Testfahrten vor Ort ging es schließlich los. Erste Nächte im Zelt folgten und dazu die Erkenntnis, dass trotz sparsamen Packens zu viel Gewicht auf dem Rad lastet. „Gefühlt sind es 50 Kilo oder mehr, dabei hatte ich ungefähr zehn Kilo weniger geschätzt“. Das Gepäck musste also reduziert werden, um leichter voranzukommen. „Ich hatte zum Beispiel zu viele Messer dabei und habe meine zweite Jeans sowie einige T-Shirts aussortiert“. Spürbar leichter wurde das Rad trotzdem nicht.
Neben dem Gewicht der eigenen Ausstattung, den nicht immer optimal befestigten Wegen sowie einigen Steigungen auf der Strecke, war auch oft das Wetter entscheidend dafür, wie gut es voranging. „Mit dem Wetter hatte ich eigentlich sehr viel Glück und bin nur selten in einen Schauer geraten“, erzählt Nordmeier. An einem Tag im März jedoch herrschte so starker Wind, dass der Radreisende nach einigen anstrengenden Kilometern im Gegenwind beschloss zu trampen.
Gemeinsam mit anderen Radlern
Mitgenommen wurde er von einem Trucker. „Die Verständigung war nicht ganz einfach, da er nur Portugiesisch sprach, aber die Fahrt war interessant. Er hatte Soja geladen und fuhr nur zwischen 60 und 70 Stundenkilometer, was im Vergleich zu einem Fahrrad natürlich schnell ist“, sagt der Weltenbummler lachend. Vor dem Zusammentreffen mit dem Trucker war Nordmeier zunächst von dem Gefühl, völlig frei zu sein, überwältigt worden. „Ich wusste nicht, ob ich es bis Rio Grande schaffen würde, und hätte auf dem Land campen müssen. In dem Moment hatte ich schon Sorge, dass mir etwas passieren könnte“.
Nicht immer reist er alleine. Auf der Weiterfahrt von Rio Grande zum nächsten Ziel traf Nordmeier auf Radler aus Argentinien und Kolumbien, denen er sich anschloss. Gemeinsam waren sie einige Tage unterwegs und bekämpften unter anderem des Nachts gemeinsam Mücken in dem Gemeindehaus, in dem sie übernachten durften. „Wir haben dann irgendwann unsere Zelte in dem Haus aufgestellt und darin geschlafen“, erinnert sich Nordmeier.
Beim Einkauf seiner täglichen Verpflegungsration, die fast immer Bananen beinhaltet, begegnete der Vegesacker Junge einem der vielen Brasilianer mit deutschen Wurzeln, die in der Region leben. Die Eltern von Supermarktinhaber Arnando Schmitz kommen aus Deutschland. „Er spricht eine wirklich interessante Art Deutsch. Ich denke, er stammt aus dem Schwabenland, da er für den Begriff arbeiten das Wort schaffen verwendet“, sagt Nordmeier. Von seiner neuen Bekanntschaft zum Abendessen eingeladen, blieb der Weltreisende einen Abend vor Ort statt weiterzufahren.
Auch die Probleme und Schattenseiten der Länder, die er durchreist, bekommt Nordmeier hautnah mit. Dazu gehört zum Beispiel die Korruption. Diese wird zum Beispiel an einer Brücke auf der Insel Florianopolis greifbar, die seit Jahren im Bau ist, aber nie fertig wird. „Es fließen immer wieder Gelder, die für den Bau gedacht sind, in die Taschen von Politikern und Bauunternehmern“, berichtet Nordmeier. Besonders im Staat Rio de Janeiro seien die Menschen zudem sehr arm. „Das hat mir schon sehr zugesetzt“. In Palomino (Kolumbien) bekam der Deutsche ein Gefühl dafür, wie sich das organisierte Verbrechen auf den Alltag der Menschen auswirkt. „Drei Tage lang wurde immer ab 18 Uhr eine Ausgangssperre verhängt. Grund dafür war, dass ein Terrorist und Drogenbaron, der in die USA ausgeliefert werden sollte, sich in den Bergen der Sierra Nevada versteckte“.
Hohes Fieber
Wer eine so lange Reise plant, denkt auch an mögliche Verletzungen oder kleinere Erkrankungen und sorgt deshalb vor. Doch größere Ausfälle möchte man möglichst vermeiden, auch wenn man gut versichert ist. Nordmeier hatte Pech und musste sich gleich zweimal behandeln lassen. So erhielt er in Sao Paulo seine erste Zahnfüllung. „Ich hatte eigentlich gehofft, mein Leben ohne Karies zu überstehen. Zum Glück hab ich einen tollen Zahnarzt gefunden“. Weitaus schlimmer wurde es jedoch, als der Radreisende Anfang Juni an Dengue erkrankte, einer Viruserkrankung, die durch den Stich von Mücken übertragen wird. „Ich hatte hohes Fieber und sehr schlechte Blutwerte“. Drei Tage musste der Bremer in einem Krankenhaus verbringen.
Neben den Eindrücken, die Natur und Strände hinterlassen, beeindruckt Nordmeier vor allem die Gastfreundschaft der Menschen. Ganz gleich ob Supermarktbesitzer oder Couchsurfing-Gastgeber: „Sie haben selber nicht viel, aber teilen gerne“. Zudem seien alle sehr herzlich und offen. So nahm ihn ein Gastgeber mit zum Grillen zu seinen Freunden. Mit einem anderen trieb er Sport und machte Bekanntschaft mit den taubstummen Freunden seines Gastgebers. Auch kam er in Kontakt mit anderen Couchsurfern, zum Beispiel in Salvador, wo man gemeinsam eine Jazzveranstaltung besuchte.
Nach spannenden Monaten in Südamerika hat Christof Nordmeier inzwischen die nächste große Etappe seiner Weltreise erreicht: Honolulu, die Hauptstadt der Insel Hawaii.