Es ist kalt, es ist dunkel, die meisten Aussteller des Vegesacker Weihnachtsmarktes haben Feierabend gemacht. Anders die beiden Sicherheitskräfte. Angeheuert von der Kaufmannschaft patrouillieren sie unter dem sternenklaren Himmel zwischen Glühweinstand, Karussell und Bratwurstbude. Das Vegesack Marketing hofft, dass mit der Präsenz der Sicherheitsfirma die zuletzt stark gestiegene Zahl der Buden- und Geschäftsaufbrüche zurückgeht.
Wen hat es bislang getroffen?
Seit etwa zwei Wochen sind Einbrecher in Vegesack unterwegs. Jörg Gieschen, Chef des Vegesack Marketing, spricht von insgesamt 20 Buden- und Geschäftsaufbrüchen: „Uns sind mittlerweile fünf betroffene Geschäfte bekannt.“ Die dauerhaft aufgestellten Buden des Winterspaßes hätten teilweise mehr als einen Aufbruch hinter sich. Darunter die Schmalzbude. „Bei uns wurde vier Mal in 14 Tagen eingebrochen“, sagt Nadine Gampe, die den Familienbetrieb in vierter Generation mit Ehemann Martin führt. Es ist übrigens das fünfte Mal in 25 Jahren, dass die Schmalzbude aufgebrochen wurde. „Einmal vor zehn Jahren und jetzt vier Mal in Vegesack.“ Das Paar aus Hodenhagen im Landkreis Heidekreis hofft, dass die Einbruchsserie schnell abreißt, denn: „Wir sind immer sehr gerne in Vegesack und freuen uns jedes Mal auf den Weihnachtsmarkt.“
Was wird gestohlen?
Das Ehepaar Gampe fragt sich mittlerweile selbst, was die Diebe in ihrer Bude erhoffen. „Ob die vermuten, dass wir unsere Wechselkasse da lassen? Das ist nicht der Fall“, betont Nadine Gampe. Gestohlen wurde bisher Verkaufsware: „Zwei bis drei Tüten gebrannte Mandeln, zwei oder drei Tüten Popcorn, süße Ketten.“ Hoch sei vor allem der Schaden, der jeweils durch die Aufbrüche entstanden sei. Dazu käme der Verdienstausfall durch die vorübergehende Schließung. „Die Polizei muss ja immer erst die Spuren sichern“, berichtet die Ausstellerin. An einem Montag habe ihr Mann die Schmalzbude gar nicht mehr geöffnet. „Es hätte zu lange gedauert, bis der Hefeteig hochgekommen und die Fritteuse heiß geworden wäre.“
„Die haben Alkohol gestohlen, Rum und Amaretto“, berichtet unterdessen der Inhaber des Glühweinstandes an der Gerhard-Rohlfs-Straße, Jabbar Bhatti. Der Aussteller, der seit einigen Jahren beim Vegesacker Weihnachtsmarkt Heißgetränke ausschenkt, war bereits im vergangenen Jahr Opfer eines Einbruchs geworden: „Da haben sie die Musikanlage gestohlen.“
Mehrere Wurstpakete erbeuteten die Diebe derweil in Scheffels Wurstbude an der Ellipse. "Das ist ärgerlich", so Inhaber Nils Hillmer zur Einbruchserie, "denn es betrifft uns alle".
Welche Erkenntnisse hat die Polizei?
"In den letzten Wochen gab es mehrere Einbrüche in Vegesack, so wurde der 'Schmalzkuchenstand' wiederholt aufgebrochen und es wurde zweimal versucht, in eine Apotheke in der Fußgängerzone zu gelangen. In der Nacht zum Nikolaus drangen Einbrecher dazu in die Kajüte eines Schiffes am Hafen ein", berichtet Nils Matthiesen, Sprecher der Bremer Polizei, auf Anfrage unserer Zeitung. Insgesamt seien in den vergangenen drei Wochen drei Fälle registriert worden, in denen es zu einem Einbruch auf Booten am Hafen gekommen ist. Die Einbrecher schnappten sich demnach Bargeld und Elektroartikel. Matthiesen: "Mögliche Zusammenhänge mit anderen Einbrüchen in örtlicher und zeitlicher Nähe werden natürlich geprüft. Die Ermittlungen zu diesem Komplex dauern an."
Mit Beginn der dunklen Jahreszeit fänden vermehrt Straftaten wie Überfälle und Einbrüche statt. "Die Täter nutzen den Schutz der Dunkelheit und die Taten sind in der Regel schnell ausgeführt. Es sind weniger Menschen auf den Straßen in Bremen-Nord unterwegs und das Entdeckungsrisiko sinkt“, erläutert Matthiesen. Die Polizei steuere jedoch gegen: „Unsere Einsatzkräfte haben ein besonderes Augenmerk auf die Gerhard-Rohlfs-Straße und umzu gelegt. Der Bereich wird unter anderem verstärkt bestreift."
Welche Konsequenz ziehen die Händler?
Das Vegesack Marketing hat nun auf eigene Kosten einen eigenen Sicherheitsdienst beauftragt, der die 17 Weihnachtshütten sowie die Geschäfte in der Fußgängerzone bis zum Ende des Marktes am 23. Dezember im Blick behalten soll. „Die wollen wir schützen“, so Jörn Gieschen, Chef des Vegesack Marketing, auf Anfrage. Denn bei jedem Einbruch entstünde ein materieller Schaden. So müssten die Aussteller Schlösser und Rolläden austauschen. Die Kosten für den Sicherheitsdienst gibt Gieschen mit 1000 Euro an.
Der Verein tue sich schwer, den Sicherheitsdienst zu bezahlen, da das Budget dafür fehle. Eine andere Lösung sieht Gieschen jedoch nicht. In den sozialen Medien postete er: „Das Schlimme ist: Auch die Polizei ist hilflos aufgrund mangelnder Ressourcen.“
Was sagt die Politik zur Einbruchsserie?
Während die CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Silvia Neumeyer und Detlef Scharf in einer Pressemitteilung eine erhöhte Polizeipräsenz und Schwerpunktmaßnahmen in Bremen-Nord sowie für die nächste Sitzung der Deputation für Inneres eine Berichtsbitte fordern, sieht Jannik Michaelsen von der SPD-Fraktion im Beirat Vegesack keinen Handlungsbedarf: „Ich bin sehr froh, dass die Polizei in Vegesack ja umgehend reagiert hat und die Kontrollen verstärkt. Eine kurzfristigere Lösung kann es ja gar nicht geben. Generell sind die Einbruchszahlen in Vegesack, meines Wissens nach, rückläufig. Sollte da ein Trend abzusehen sein, muss man sich damit eingehender beschäftigen. Einen Antrag dazu wird es nicht geben aus unserer Fraktion.“