Die neue Direktorin des Klinikums Bremen-Nord geht in ihrer Freizeit gern mit ihren beiden Vorstehhunden auf die Jagd. Es geht Vivien Voigt dabei nicht nur ums Wild, sondern auch darum, wer da mit ihr in Wald und Wiesen unterwegs ist. Viele Ärzte gingen in ihrer Freizeit auf die Pirsch und es sei einfach, Kontakte zu knüpfen. Stichwort Personalgewinnung. "Das Hobby der Direktorin ist eine Ergänzung im Führungsstab der Gesundheit Nord: Andere Klinikdirektoren gehen segeln oder golfen, auch um fehlendes Personal anzuwerben. Eine Jägerin haben wir noch nicht“, kommentiert Geno-Sprecher Rolf Schlüter schmunzelnd.
Vivien Voigt folgt auf den bisherigen Klinikdirektor Florian Nolte, der nach Angaben des Klinikverbunds Gesundheit Nord (Geno) auf eigenen Wunsch hin ausgeschieden ist. Sie hat in Brandenburg ihren Master of Business Administration gemacht und anschließend in Magdeburg Betriebswirtschaft studiert. Zuletzt war Vivien Voigt als Geschäftsführerin der Asklepios-Kliniken in Sachsen-Anhalt tätig, als sie von einer Headhunterin auf die Stelle in Bremen angesprochen worden sei. Dass sie im wirtschaftlich angeschlagenen Verbund einen schwierigen Job übernimmt, ist Vivien Voigt bewusst. „Ich bin angetreten, um das Haus zu sanieren.“ Mit Pflegedirektorin Anne Stradtmann und dem Ärztlichen Direktor Frank Wösten habe sie im Direktorenteam gute Partner an der Seite, die es verstanden hätten, dass es um die Existenz des Krankenhauses ginge: „Das Krankenhaus soll erhalten bleiben. Das wollen alle, aber dafür müssen wir Schritte gehen, die wehtun.“
Es sei flächendeckend in Deutschland so, dass Fachdisziplinen zentralisiert werden müssten, um weiter zu bestehen: „Die privaten Kliniken machen es vor: Die Gewinnmargen dort sind nach wie vor hoch, und die städtischen Krankenhäuser machen Verluste. Das ist ein guter Grund, um zu gucken, woran liegt das.“ Vivien Voigt verweist auf das Minus, das zuletzt bei 57 Millionen im Klinikum Nord lag. „Ich möchte verhindern, dass ein privater Konzern kommt und die Geno kauft. Es ist nicht unüblich, dass große Konzerne auf Einkaufstour gehen. Die Geno wäre ein leckerer Happen.“
Umstellung für Patienten
Sorgen um ihren Arbeitsplatz müssten sich die rund 750 Geno-Mitarbeiter in Bremen-Nord derzeit nicht machen: „Es geht darum, wie nutze ich Synergieeffekte innerhalb der Geno und innerhalb dieses Hauses.“ Zurzeit sei sie dabei, das aktuelle Leistungsspektrum zu sichten. „Wir haben hier einen bunten Blumenstrauß an Leistungen.“ Die Frage, ob die sogenannte Level-2-Versorgung von Frühchen in Bremen-Nord bleibt, beantwortet Vivien Voigt nicht. „Da müssen wir uns auf die Landeskrankenhausplanung verlassen. Aber natürlich möchte ich, so es sinnvoll ist, alles erhalten, was geht. Ich möchte das Optimum für die Klinik herausholen.“ Wenn es nach ihr ginge, würde die Klinik ein sogenanntes Level-2-Krankenhaus werden, das bestimmte Fachdisziplinen vorhält. Vivien Voigt mag aber auch nicht ausschließen, dass sie das Haus nach Plänen des Gesundheitsministers Karl Lauterbach in einen Level-1-N-Betrieb umstrukturieren muss. Dann bliebe nur eine Basisversorgung mit Notfallambulanz übrig. Die Direktorin weist aber darauf hin, dass noch nichts entschieden ist: „Die Leveleinteilung ist sehr umstritten, weil viele Krankenhäuser bundesweit dann vor einer Schließung stehen.“ Sicher sei jedoch: „Kleine Orthopädieeinheiten, die 20 Knie im Jahr machen, wird es in Krankenhäusern nicht mehr geben.“
Auch Patienten werden sich umstellen müssen. Zwar will Vivien Voigt den Kassenpatienten nicht wie die Asklepios-Kliniken in Hamburg die Butter vom Brot nehmen. Andere Sparmaßnahmen hat sie aber durchaus im Sinn: „Wir müssen in der Tat überlegen, ob wir die Patienten um 14 Uhr entlassen und sie dann noch Frühstück, Mittag und Kaffee hier einnehmen oder ob sie nicht um 9 oder 10 Uhr entlassen werden können. Denn das sind Kosten für das Krankenhaus. Das heißt nicht, dass ich die Patienten aus dem Bett werfe.“
Vivien Voigt hat sich inzwischen eine Wohnung in der Nähe des Krankenhauses gesucht. Derzeit pendelt die neue geschäftsführende Klinikdirektorin an den Wochenenden aber noch zu ihrem Mann und ihrer Tochter nach Sachsen-Anhalt. Sie habe die Tochter nicht mitten im Schuljahr aus der Klasse reißen wollen. Auf die Jagd ist sie in der Region deshalb auch noch nicht mit ihren beiden Jagdhunden, zwei Magyar Vizslas, gegangen. Welche Fachärzte sie gern fürs Klinikum gewinnen möchte, lässt sie vorerst offen. Sie sei aktuell noch dabei, sich einen Überblick über das Haus zu verschaffen: „Ich habe auch noch nicht jeden im Krankenhaus kennenlernen können.“