Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Vegesacker Geschichtenhaus Neue Ideen im Alten Speicher in Vegesack

Zwei Jahre besteht nun das maritime Museum, in dem mit szenischen Darstellungen die Vegesacker Geschichte erzählt wird. In dieser Zeit ist viel passiert. Jetzt wird über neue Angebote nachgedacht.
31.03.2019, 16:22 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Sylvia Wörmke

Die Führungen werden ständig variiert, inzwischen gibt es eine Schneiderei und eine Kreativ-Werkstatt für Kostüme und Requisiten – und auch sonst ist in den vergangenen zwei Jahren viel passiert. Das Wesentliche aber: Das maritime Museum im Alten Speicher am Hafen, in dem spielerisch die Geschichte Vegesacks dargestellt wird, ist raus aus den Kinderschuhen. Das heißt: Das Haus ist eingerichtet, das Team ist geschult, die Inhalte für die Führungen sind erarbeitet und werden umgesetzt.

So sehen es Betriebsleiterin Silvia Claus und Museums-Projektleiter André van Waegeningh vom Beschäftigungsträger Bras – Arbeiten in Bremen. Sie können sich nun auf neue Ideen konzentrieren. Am Donnerstag wird der zweite Geburtstag der Einrichtung ab 11 Uhr mit einem Tag der offenen Tür bei freiem Eintritt gefeiert. „Es ist so viel passiert“, sagt Silvia Claus. Sie empfindet den zweiten Geburtstag des Geschichtenhauses nun als Zäsur und Möglichkeit, inne zu halten und nach vorn zu blicken. Am 11. März 2017 war Premiere für das Museum, in dem Menschen arbeiten, die lange arbeitslos waren.

"Es war unglaublich, was hier abging"

Sie bekommen über die unterschiedlichen Eingliederungsprogramme wie Lazlo und andere Verträge des Jobcenters sowie In-Jobs die Möglichkeit, sich Kenntnisse und Fähigkeiten für die reguläre Arbeitswelt anzueignen. Mit ihnen wurde das Museum aufgebaut. Das Team führt in historischen Kostümen in unterschiedlichen Rollen als Bootsbauer, Magd, Amtmann oder in Gestalt der früheren Werftbesitzerin Anna Lange durch die Räume der Ausstellung. Sie erzählen vom Leben und Arbeiten im 19. Jahrhundert zu Zeiten des Walfangs in Vegesack.

Auch im gastronomischen Bereich und an der Kasse sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unterschiedlichen Alters eingesetzt. Ganz neu wurde ein Arbeitsbereich mit sechs Beschäftigten in der Schneiderei und der Kreativ-Werkstatt eingerichtet. Hier werden seit Dezember unter Anleitung der ausgebildeten Puppenspielerin Johanna Pätzold, die seit Jahren auch mit ihrer eigenen Bühne auftritt, Kostüme für die Darsteller genäht oder verändert, Kulissen gebaut sowie Buddelschiffe und andere Gegenstände für den Souvenirverkauf hergestellt. Die 42-jährige Johanna Pätzold kam genau zu dem Zeitpunkt ins Haus, als das Highlight des vergangenen Jahres vorbereitet wurde: die Aufführungen von Scrooge, der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. „Es war unglaublich, was hier abging“, beginnt Silvia Claus die Erzählung von ausverkauften Vorstellungen.

Lesen Sie auch

André van Waegeningh und Johanna Pätzold erzählen begeistert, wie aus einer Flapserei in einer Pause die Idee entstand, das ganze Haus für die Aufführung zu nutzen. Innerhalb von zweieinhalb Monaten hat das Team mit der Unterstützung von Ehrenamtlichen bis zur Premiere unter der Regie von Helle Rothe das Stück eingeübt. „Das war das absolute Highlight“, sind sich alle einig. Eine Neuauflage für Ende des Jahres ist geplant. Es werden noch Sponsoren gesucht, die die Aufführung finanziell unterstützen. Auch Ehrenamtliche, die sich einbringen möchten, sind jederzeit willkommen.

Zurzeit besteht das Team aus 23 Personen plus sieben bis acht Ehrenamtliche. Die letzten Männer und Frauen der ersten Stunde, die über das Bremer Landesprogramm Lazlo (Perspektive Arbeit) beschäftigt sind, gehen im Sommer von Bord. Dann enden die befristeten Anstellungen. Sie werden wieder arbeitslos sein, falls sie keine andere Stelle finden.

Stetigen Wechsel beim Personal

Neue Lazlo-Stellen gibt es nach Auskunft der Betriebsleiterin nicht. Allerdings konnten bereits zwei Mitarbeiterinnen über das neue Teilhabechancengesetz des Bundes eingestellt werden. Die Anstellung dauert fünf Jahre. „Diese langfristige Beschäftigung geht in die richtige Richtung“, sagt Silvia Claus, die weiß, wie bitter der Abschied für die Mitarbeiter war beziehungsweise ist. Sie können aufgrund der Regelungen nicht in das Bundesprogramm wechseln.

Es gab durch die Befristungen einen stetigen Wechsel beim Personal, aber auch bei den Führungen. Stand zum Beispiel zunächst der Amtmann zu Beginn der szenischen Führungen im Vordergrund, ist es jetzt der Bootsmann, der seine Schiffe verkaufen will. „Es gibt auch immer wieder neue Figuren“, beschreibt Silvia Claus inhaltliche Veränderungen, die vorgenommen werden, damit das Museum im Alten Speicher für das Publikum interessant bleibt, aber auch, weil aus dem Team neue Ideen entwickelt werden.

Lesen Sie auch

Außerdem: „Es gibt inzwischen ein unglaubliches Wissen, was sich die Mitarbeiter angeeignet haben.“ Momentan stehe das alte Handwerk im Vordergrund. Jetzt werde gerade das Kalfatern (das Abdichten von Schiffsplanken) geübt, ergänzt der Projektleiter. Themen aus der Geschichte Vegesacks werden aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, fasst Pätzold zusammen.

Eine Umorientierung gab es auch, weil die Arbeitnehmerkammer nicht mehr so regelmäßig wie zu Anfang das Obergeschoss mit Ausstellungen bespielen konnte. Darum gab und gibt es Spielraum für andere Veranstalter. Jetzt ist noch bis zum 26. April eine Ausstellung der Arbeitnehmerkammer mit Bildern der Fotografin Jodi Bieber zu sehen, eine Ausstellung der Malschule Jörns folgt vom 14. Mai bis 15. Juni, vom 28. Juni bis 18. August präsentiert die Fotogruppe Blendwerk 28 Werke mit einem besonderen Blick auf Bremen. André van Waegeningh betont, dass nun auch Aussteller aus dem regionalen Raum hier einen Platz bekommen, was er begrüßt.

Um das Museum noch bekannter zu machen, wurden Kooperationen geschlossen, beispielsweise mit dem Verein Schulschiff Deutschland, dem Overbeck-Museum und dem Kulturladen Huchting. Mit einem Kinder- und Schulklassen-Projekt sollen zudem mehr Kinder angesprochen werden. Nachtwächterführungen gehören zu den Ideen, das Geschichtenhaus noch attraktiver zu machen. „Es ist noch Luft nach oben“, kommentiert Silvia Claus die Besucherzahlen von 4700 Gästen 2018 und auch im Jahr davor. Das Entwickeln neuer Formate soll ferner dazu dienen, Publikum ins Haus zu holen.

Beteiligung an vielen Aktivitäten

Ab Mai soll es die „Teetied im Geschichtenhaus“ geben. In der Schenke wird „Unterhaltsames, Informatives, Ernstes und Humorvolles gespielt, erzählt und gelesen“. Das Publikum erfährt maritime Neuigkeiten sowohl aus der Gegenwart als auch aus dem Jahr 1845 und lernt unter anderem historische Personen kennen. Dazu gibt es Getränke und Kuchen.

Außerdem beteiligt sich das Team des Geschichtenhauses an vielen Aktivitäten in Vegesack. Dazu gehört am 25. Mai „Die lange Nacht der Museen“. Johanna Pätzold entwickelt gerade mit ihrem Team in der Kreativ-Werkstatt ein Schattentheater, das bei Einbruch der Dunkelheit auf die Speicherfassade projiziert werden soll. Eine Stelzengruppe aus Huchting wird in Gestalt von Auswanderern von damals auch zur Unterhaltung beitragen. Die Pappboot-Regatta, der Marktumzug und die Teilnahme an der Aktion „Anker werfen im Heimathafen“ des Vegesack Marketings stehen in diesem Jahr ebenfalls noch an.

Zuerst aber ist das Vegesacker Geschichtenhaus am Donnerstag, 4. April, ab 11 Uhr ohne Eintritt bis 15 Uhr geöffnet. Permanent werden Führungen geboten, in die die Besucher jederzeit reingehen können. Um 15 Uhr kommen die geladenen Gäste zur Geburtstagsfeier, die als Dankeschön für die vielen Unterstützer des Geschichtenhauses gedacht ist.

Info

Zur Sache

Programm der Teetied

Horst Thode liest am 15. Mai aus seinem Buch „Backbord oder Steuerbord?“ und erzählt unterhaltsame Geschichten. „Wie kommt der Matjes nach Vegesack?“ lautet der Titel einer Veranstaltung am 19. Juni, bei der auch Hering probiert werden darf. Aus dem Leben von Werftchefin Anne Lange wird am 24. Juli erzählt. Alte Spiele werden am 7. August gezeigt und mit Gästen ausprobiert. Und am 11. September geht es um das Traumland der damaligen Auswanderer: „Amerika 1845. Neues aus der neuen Welt“ in Bildern und Geschichten. Alle Veranstaltungen beginnen um 15 Uhr. Der Eintritt kostet 7,60 inklusive Kaffee und Kuchen. Anmeldungen werden unter der Nummer 04 21 / 89 77 66 40 und im Internet unter www.vegesacker-geschichtenhaus.de entgegengenommen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)