Über Monate waren Architekten dabei, das neue Stadtquartier am Vegesacker Hafen anders zu entwickeln als bisher. Das Wohn- und Geschäftsviertel sollte nahezu CO?-neutral werden. So der Plan. Jetzt gibt es einen neuen – und der sieht weitaus weniger grüne Technik vor, als es zuletzt von den Ingenieuren angekündigt worden war. Sie haben inzwischen aus dem Förderstopp für KFW-Anträge ihre Konsequenzen gezogen: keine Zuschüsse von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, kein klimaschonendes Vorzeigeprojekt.
Noch im Vorjahr hatte Max Zeitz davon gesprochen, dass die Planer alles prüfen, um die Ökobilanz des Millionenvorhabens zu steigern. Mit "alles" meinte der Chef der Haven-Höövt-Entwicklungsgesellschaft sowohl Geothermie als auch Spundwände, die Energie erzeugen können. Später kam der Einbau eines sogenannten Eisspeichers als Option dazu. Um die unterirdischen Betonzisternen der Anlage, die das neue Quartier mit Wärme versorgen sollte, unterbringen zu können, wurden zwischenzeitlich die Baggerarbeiten auf dem Gelände am Museumshaven unterbrochen.
Zeitz sagt, dass sie demnächst wieder fortgesetzt werden. Der Eisspeicher ist gestrichen. Genauso wie die Geothermie. Genauso wie die Energiespundwand. Dabei waren die Architekten nach Angaben des Projektentwicklers fast am Ziel: Fünf der sechs Gebäudekomplexe, die am Hafenbecken gebaut werden sollen, konnten durch die nachhaltige Technik quasi als klimaneutral eingestuft werden. Dann kündigte das Wirtschaftsministerium an, die KFW-Förderung bundesweit auszusetzen. Laut Zeitz war das für ihn ein Gefühl, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen.
Nach eigener Rechnung hat er jetzt anderthalb Millionen Euro für die Planung eines Stadtquartiers ausgegeben, von der er nur einen Teil umsetzen kann. Der Projektentwickler weiß, dass die Förderbank allmählich wieder beginnt, erste Zuschussanträge unter bestimmten Bedingungen zu prüfen. Nur kann er nicht, was andere Investoren können: warten, bis das Ministerium in einigen Monaten vielleicht doch die Förderung zulässt, die eingeplant war. Zeitz muss mit dem Bauen beginnen. Er sagt, dass sonst die Übergabetermine der Gebäude nicht gehalten werden können.
Darum ist entschieden worden, die Nachhaltigkeitsstandards fürs Quartier zu senken. Statt auf Wärme aus einem Eisspeicher wird beispielsweise jetzt auf Gasleitungen gesetzt. Und nicht mehr von einem 144-Millionen-Projekt gesprochen, sondern von einem 120-Millionen-Vorhaben. Die Differenz hatte Zeitz als Investitionssumme für die grüne Technik einkalkuliert – und gehofft, ein Drittel des Geldes von der Förderbank zu bekommen. Ohne den Zuschuss ein CO?-neutrales Quartier zu planen, würde ihm zufolge Gebäudemieten bedeuten, die niemand bereit wäre, zu bezahlen.
Grüne Technik und ein ressourcensparendes Vorgehen soll es beim Hafenquartier trotzdem geben. Dabei wird laut Zeitz allerdings nicht mehr das Hafenquartier als Ganzes betrachtet, sondern bei jedem Neubaukomplex separat überprüft, was sich umsetzen lässt, um das Klima zu schonen: beim Polizeigebäude, bei der Kita, beim Hotel, bei der Einrichtung für Senioren, bei den Wohn- und den Geschäftshäusern. Es geht um Fotovoltaikanlagen, verbrauchsarme Heizungen, mehr Wärmedämmung als üblich, dreifachverglaste Fenster und den Einsatz von Baustoffen, die recycelt sind.
Der Projektentwickler geht davon aus, dass im April oder im Mai die Erdarbeiten auf dem anderthalb Hektar großen Gelände am Hafen beginnen – und wenig später auch das Rammen weiterer Pfähle startet. Auf 790 Träger ist das inzwischen abgerissene Einkaufszentrum Haven Höövt gebaut worden, fürs Hafenquartier müssen 300 dazukommen. Nach Zeitz' Zeitplan soll ein Teil der Rohbauten zum Jahresende stehen. Das Polizeigebäude wird eines der ersten sein, bei dem die Handwerker loslegen. Und fertig sein müssen. Spätestens Anfang 2025 sollen die ersten Beamten einziehen.