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Pilotschulen für Niederdeutsch Grundschulen in Bremen: Plattdeutsch auf dem Abstellgleis?

Mit fünf Einrichtungen war das Projekt "Pilotschulen Plattdeutsch" 2016 in Bremen gestartet. Vier sind noch übrig, aber nur an einer Schule kommen professionelle Lehrerinnen zum Einsatz. Ein Überblick.
20.11.2023, 18:00 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Es hatte vielversprechend angefangen, als die Senatorin für Bildung im Jahr 2016 das Projekt „Pilotschulen Plattdeutsch“ ins Leben rief. Von den fünf Bremer Grundschulen, die diesen Titel trugen, sind noch vier übrig geblieben: die Grundschulen Arsten, Burgdamm, Mahndorf und Schönebeck. Aber einzig Schönebeck, sagt Reinhard Goltz, Vorsitzender des Instituts für niederdeutsche Sprache (INS) im Schnoor, setze das Konzept mit professionellen Lehrerinnen um. Sie lassen sich regelmäßig vom INS fortbilden und das Plattdeutsche wie selbstverständlich in den Schulalltag einfließen. „Wir haben die Erfahrung gemacht“, sagt Schulleiterin Britta Riethmöller, „dass Plattdeutsch, so wie wir es an unserer Schule leben, Heimat stiftend ist. Alle unsere Kinder lernen gleichzeitig eine für sie fremde Sprache, die sie vereint und die sie für immer mit ihrer Grundschulzeit verbinden werden.“

Eine Ausnahme in der plattdeutschen Grundschul-Landschaft. An den anderen Schulen wird Plattdeutsch allenfalls als AG angeboten. „Bremen braucht wieder einen kräftigen Anstoß“, sagt Reinhard Goltz. Die Corona-Zeit habe die niederdeutschen Aktivitäten an den Schulen „sehr beeinträchtigt“. Zum großen Teil hätten Ehrenamtliche Plattdeutsch unterrichtet, die während der Pandemie nicht mehr in die Schulen kommen durften. Darunter leide das Niederdeutsche bis heute. „Ich würde mir wünschen, dass die Behörde wieder einen Aufschlag macht. Dass von dort wieder Impulse kommen.“ In Habenhausen sei es sogar so, schildert der ehemalige Plattdeutsch-Lehrer Horst Mühlenfeld in der neuesten Ausgabe des Magazins „Schulgeschichten“, das vom Freundeskreis Schulmuseum Bremen herausgegeben wird, dass „der plattdeutsche Unterricht nach meiner Pensionierung eingestellt wurde, obwohl eine geeignete Lehrkraft vorhanden war“.

Eine neue Sichtweise für Plattdeutsch in der Schule wünscht sich auch Walter Henschen, einst bei der Bildungsbehörde für den niederdeutschen Unterricht zuständig. Er plädiert für einen „Spracherwerb wie im sonstigen fremdsprachlichen Unterricht“. Ein früher Beginn – etwa in der Kita – fördere die Kompetenz, neue Sprachen zu lernen. Allerdings, beklagt Henschen, sei mit dem Ende des Vorlesewettbewerbs um 2010 das Niederdeutsche weitgehend aus bremischer Unterrichtspraxis verschwunden. „Seine klägliche und bis heute einzige Verankerung in Lehrplänen als Querschnittsaufgabe, nicht als Unterrichtsfach, bietet nicht wirklich einen Anreiz, geschweige denn die Aufforderung für solide Unterrichtsprojekte und für Konzepte der Lehrerausbildung“, lautet sein Fazit. In Bremen gebe es bislang keine „strukturell abgesicherte Situation“. Für das Fach Niederdeutsch fehle ein Lehr- und Bildungsplan.

Anders in Niedersachsen. An der Universität Oldenburg, berichtet Reinhard Goltz, habe innerhalb der Lehrerausbildung ein Studiengang Niederdeutsch begonnen. „Das ist das, was in Bremen fehlt.“ Hier gibt es aber immerhin – in Kooperation mit dem INS - im Rahmen des Germanistikstudiums als Wahlpflichtfach das Angebot „Niederdeutsche Sprache und Kultur“. Dafür würden sich jedes Jahr zwischen 25 und 30 Studierende interessieren.

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