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Stadtteil-Check Vegesack "Es hat etwas Mediterranes"

Der gebürtige Neustädter Guenter G. Rodewald wohnte 35 Jahre lang in Barcelona, kam wieder zurück in die Hansestadt, nach Bremen-Nord. In Vegesack fühlt er sich wohl, und möchte hier auch nicht wieder weg
30.08.2022, 08:00 Uhr
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Von Iris Messerschmidt

Wenn er die entsprechende Summe im Lotto gewinnt "dann kaufe ich ein Häuschen in St. Magnus". Oder an der Weserstraße, "da könnte es mir auch noch gefallen". Aber das sind auch die einzigen beiden Varianten, die sich Guenter G. Rodewald vorstellen kann. Denn aus Bremen-Nord, insbesondere Vegesack, möchte er nicht mehr weg. "Die grüne Stadt am Fluss" hat alles, was sich der 72-Jährige für sein Alter und mit seinem Mann Hartmut zusammen wünscht.

Allerdings sieht er auch durchaus Potenzial für Verbesserungen. "Aber wo ist das nicht der Fall", gesteht Rodewald. Auch, dass er sich gern einmischt. "Das hält fit im Kopf." Seine Vorschläge, ob als Bürgerbeteiligung bei Sitzungen des Vegesacker Beirates oder als Leserbriefe, sind zahlreich: die Nutzung der ehemaligen, leer stehenden Strandlust als Flüchtlingsunterkunft; die Anerkennung des architektonischen Wertes des ehemaligen "Ruderhauses", "gilt es doch als eines der allerersten Bauten des ,Neuen Bauens‘ in Bremen, das 1927 von dem Architekten Ernst Becker (1900 bis 1968) entworfen und erbaut wurde", oder der Vorschlag, den Sedanplatz umzubenennen, in Volker-Ernsting-Platz: Mit seiner Familie Sengstake und seinen Ernstingschen Bremer Stadtmusikanten habe Volker Ernsting außerordentlich viel zum Image der Stadt beigetragen. "Sie sollte ihm, dem gebürtigen Vegesacker, posthum dafür angemessen danken."

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Café als Lieblingsplatz

Guenter G. Rodewald hat Zeit, zu recherchieren, sich für seine Umgebung, die Geschichte, die Menschen zu interessieren. "Ich wollte als Rentner niemals nur in der Ecke sitzen und nichts zu tun haben." Er sei immer jemand gewesen, der den Dingen tiefer auf den Grund gehe und außerdem Öffentlichkeitsarbeit liebe, "das gefällt mir, mit den Social-Media-Möglichkeiten noch mehr". Außerdem sei dies eine gute Abwechslung für seine motorischen Störungen. Von einer langen Krankheit blieben Bewegungseinschränkungen. Das hindert Guenter G. Rodewald allerdings nicht daran, mit seinem therapeutischen Dreirad-Schopper durch die Vegesacker Fußgängerzone zu radeln, und in oder besser gesagt, vor seinem Lieblingscafé "Dem Cafè" Platz zu nehmen. "Als ich das erste Mal hier saß, und die ,Rollatoren-Fraktion' vorbei laufen sah, habe ich gedacht, ,was gibt das hier viele ältere Menschen'. Dann ist mir aufgefallen, ich gehöre ja dazu", gesteht Rodewald und lacht. Das Café avancierte zu seinem Lieblingsplatz, insbesondere an Markttagen liebt er das Ambiente.

"Hier sitze ich regelmäßig, beobachte die Menschen, die die Gerhard-Rohlfs-Straße auf und ab wandern, oder sich gegenüber platzieren. Hat ein wenig mediterranen Charakter", findet der Bremer, der in der Neustadt aufgewachsen ist und mit Anfang 30 umzog, nach Barcelona. "War eine tolle Zeit", blickt er auf 35 Jahre als Literaturagent in der spanischen Stadt zurück. Warum er zurückkam? Und warum nach Vegesack? "War eher ein Zufall", gesteht Rodewald. Denn, so führt er weiter aus, die Suche nach einer Wohnung in Bremen verlief online, "nach meiner Rente – wohl auch schon ein wenig eher – kam die Sehnsucht". So im Nachhinein habe er festgestellt, dass ihm "das Grün, das Wasser, die Weite" gefehlt haben. "Ein wenig auch die Muttersprache." Zwar habe er schlussendlich ganz gut spanisch sprechen können, "eine neue Sprache im Alter von 30 Jahren zu lernen, ist gar nicht so einfach", aber als sein Mann auch noch den Beruf, "er unterrichtete Deutsch für Ausländer", verlor, da war Deutschland ihr erklärtes Ziel.

Bezahlbare Wohnung gesucht

"Vielmehr meine Sehnsucht nach der Hansestadt. Die einzige Wohngegend, die wir uns vorstellen konnten, und wo die Miete bezahlbar war, fand sich in Bremen-Nord. So kamen wir nach Vegesack", erzählt Guenter G. Rodewald vom Umzug vor fünf Jahren. Vier Wochen später wurde er schwer krank, war sieben Monate in Behandlung und Reha. "Da war es gut, für meine Betreuung und als Ansprechpartnerin für meinen Mann, dass meine Schwester in Grambke wohnt." Auch wenn der Wohnort seiner Schwester nicht den Ausschlag für den Umzug nach Vegesack gegeben habe, sei er glücklich, hier heimisch geworden zu sein. "Das ging ganz schnell", selbst nach einem weiteren Umzug innerhalb des Stadtteils. Seit einem Jahr wohne er nun mit seinem Mann in der Wilhelm-Zöllig-Straße, "wir kennen schon alle Nachbarn, liegt vielleicht auch daran, dass ich ein Mitschnacker bin. Wir haben einen Hund, das bringt mich sowieso öfter vor die Tür, so lernt man auch Menschen kennen". Die Mischung mache es, junge und alte Leute, polnische, türkische und deutsche Familien, "und die Ruhe in der Straße, ganz toll, so wie die tolle Nachbarschaft".

Und wie sieht er andere Bremer Stadtteile, da wo er schon einmal wohnte? Zurück nach Huckelriede, "auf gar keinen Fall, da hat sich so viel verändert, da will ich nicht wieder hin". Er hat auch lange im Viertel gewohnt, "das war in den 70er/80er Jahren, mittlerweile ist es mir da viel zu turbulent". In Vegesack fühlt er sich wohl: "Der große Fluss, der wunderschöne Park, die liebenswerten Menschen. Ich genieße es sehr, meinen Ruhestand hier verbringen zu können."

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