Gleich in mehrfacher Hinsicht konnte das Statt-Theater Vegesack am Sonntag eine erfolgreiche Premiere verbuchen: Sowohl hinsichtlich einer neuen Saisonproduktion als auch einer neuen Spielstätte, neuen Gesichtern auf der Bühne sowie einem in dieser Form erstmalig kooperierenden Regieduo.
Doch der Reihe nach: Das 1958 entstandene Theaterstück „8 Frauen“ aus der Feder des französischen Theaterpraktikers Robert Thomas, das erst 2002 international erfolgreich durch den Regisseur Francois Ozon verfilmt wurde, stand zwar nicht zum ersten Mal auf dem Spielplan des Statt-Theaters. Jene Bühnenadaption des Stoffes, welche am Sonntag als Premiere in der Aula der Oberschule Lerchenstraße zu sehen war, gab es in dieser Form jedoch noch nie zu sehen – zumal sich mit Tamara Simon und Swantje Knuewer erstmals zwei neue Gesichter in einer Produktion des Statt-Theaters auf der Bühne präsentierten.
Reigen gegenseitiger Anschuldigungen
Beide nahmen im Vorjahr an einem Nachwuchsseminar teil, welches anstelle des bisherigen „Nachwuchsensembles“ des Hauses angeboten wurde: „Wie viele kleinere Theater haben auch wir das Problem, dass jüngere Darsteller schwierig zu kriegen sind“, erklärt Spielleiter Walter Schimmler.
Laura Schimmler, die ihren Vater erstmals als gleichberechtigte Co-Regisseurin unterstützt, präzisiert: „Von den sechs Seminarteilnehmern wollten letztlich nur zwei auf der Bühne stehen.“ Mit Amy Stelter entdeckte zwar auch eine dritte Seminarteilnehmerin ihre Freude an der Theaterarbeit; begnügte sich im Falle der aktuellen Produktion jedoch zunächst mit einer Funktion als Souffleuse.
Der Rahmen, den Thomas für sein spätes Erfolgsstück wählte, erinnert ein wenig an den zehn Jahre vor dem Theaterstück – also im Jahr 1948 – erstmals herausgegebenen Gesellschaftsspielklassiker „Cluedo“: In einem abgelegenen französischen Landhaus wird eine Männerleiche aufgefunden. Die acht ebenfalls im selben Landhaus verweilenden Frauen stellen bald nicht nur fest, dass sie alle als mögliche Täterinnen in Frage kommen – zumal jede von ihnen ein potenzielles Motiv vorweisen könnte – sondern auch, dass sie gemeinsam ausweglos im Haus eingeschlossen sind und dank einer gekappten Telefonleitung auch keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen können. Daraufhin beginnt ein Reigen gegenseitiger Anschuldigungen und Vorwürfe, die es in sich haben.
Autor und Ensemble verstehen es dabei gleichermaßen, diese seither recht sattsam bekannte Ausgangsbasis sowohl mit hinreichend Spannung als auch bisweilen recht schwarzem Humor zu versehen. Es gelang ebenso, unerwartete Wendungen zu integrieren. Zudem geizte Thomas nicht mit Herausforderungen an die inszenierenden Ensembles, lässt er seine Darstellerinnenriege über weite Strecken des Stoffes doch gemeinsam auf der Bühne agieren.
Doch so giftig und stutenbissig, wie die Damen bisweilen auf der Bühne agieren, so harmonisch und herzlich sei es während der Probenarbeiten zugegangen, berichten Laura und Walter Schimmler unisono: „Abseits der Bühne ist genau das Gegenteil des Bühnengeschehens der Fall: Die Darstellerinnen unterstützen sich wo immer es geht“, berichtet das Regieduo.
Warum nun aber erstmals eine Produktion in der Aula der Oberschule Lerchenstraße anstatt wie bislang gewohnt im „Theater Space“ der „Constructor University“, welches neben dem kleinen Saal des Bürgerhauses bislang als Stammbühne diente? „Mit dem dortigen Eigentümerwechsel scheint sich auch die Politik des Hauses verändert zu haben. Die uns nun angebotenen dortigen Nutzungsmöglichkeiten liegen terminlich außerhalb der Theatersaison, weshalb wir uns neu umsehen mussten. Denn auch die kleine Bühne des Bürgerhauses wäre für eine Produktion dieser Größe nicht ausreichend gewesen“, erklärt Walter Schimmler – und bezieht sich damit neben der Ensemblegröße auch auf die aufwendige Kulisse.