Bisher hat der Bagger ausschließlich Schadstoffe verladen, jetzt soll er machen, wofür er eigentlich geholt wurde: abreißen. In dieser Woche wird er den ersten Gebäudeteil der Strandlust zum Einstürzen bringen – immer vorausgesetzt: Die Schadstoffsanierer können vorher aufs Dach des früheren Traditionshotels, um allen Asbest runterzuholen. Also kein Schnee und Eis, sonst wird es oben zu gefährlich. Und muss der Termin sicherheitshalber verschoben werden. Was schlecht für den Zeitplan wäre.
Donnerstag, 13. Februar. So hat es Gregor Mielke vor Monaten in seinen Kalender eingetragen. Der Chef der Abrissfirma, die im vergangenen Jahr begonnen hat, den mehrgeschossigen Gebäudekomplex zu entkernen, will Platz auf dem Grundstück zwischen Stadtgarten und Fähranleger schaffen: für noch mehr Container, in die noch mehr Kubikmeter und Tonnen an Schadstoffen müssen. Und weil es um verbotene Materialien geht, die im früheren Saal der Strandlust gefunden wurden, sollen die Container so dicht wie möglich an diesen Teil des einstigen Hotels heran. Darum muss als Erstes der Anbau weg, der dort steht.

Koordiniert den Abriss des Vegesacker Traditionshotels: Gregor Mielke.
Mielke geht davon aus, dass es nicht lange dauern wird, die Wände und das Dach des Nebengebäudes der Strandlust zu zerlegen. Jedenfalls gemessen daran, sie schadstofffrei zu bekommen. Der Unternehmer spricht von Wochen, die es noch dauern wird, bis das Gebäude nicht mehr in kontaminierte und dekontaminierte Zonen unterteilt werden muss. Und es Schleusen braucht, damit nichts nach draußen gelangt, was nicht raus darf. Allein im Saal geht es um 1400 Quadratmeter, die belastet sind. Unter dem Holzfußboden ist ein Kleber mit PAK gefunden worden – Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die schädlich sind.
Nach Mielkes Übersicht haben die Arbeiter inzwischen jede Menge Schadstoffe entsorgt. Er spricht von bislang vier Tonnen Asbest. 300 Kubikmeter Künstliche Mineralfasern, die vor dem Jahr 2000 hergestellt wurden und krebserregend wirken. 800 Quadratmeter PCB-haltige Anstriche – was für Polychlorierte Biphenyle steht, eine Verbindung, die seit 2001 weltweit verboten ist. Nach Angaben des Firmenchefs haben die Schadstoffsanierer überall im Gebäude zu tun: auf dem Dach, im Keller, in den Seitenflügeln – und ab nächster Woche eben vor allem im früheren Saal. Wenn denn bis dahin der Anbau abgerissen werden konnte.

Die Strandlust von der Fährseite aus gesehen: Ende April, Anfang Mai soll keine Wand mehr von ihr stehen.
Die Baggerarbeiten sind ein Vorgeschmack auf das, was folgt, wenn aus dem Gebäude alle Schadstoffe raus sind – und im Anschluss nicht nur ein Nebengebäude, sondern alles abgerissen wird. Statt ein Bagger werden dann zwei auf der Baustelle sein. Sie sollen sich erst von der Giebelseite beim Stadtgarten bis zur Mitte der Strandlust vorarbeiten, um danach ausschließlich ihre hintere Hälfte kleinzumachen, ehe es an die vordere geht. Firmenchef Mielke sagt, dass das gemacht wird, um die Anwohner der oberen Rohrstraße vorerst vor Lärm und Staub zu schützen. Eben so lange, bis auch der Rest des Hauses wegkommt.
Ende April, spätestens Anfang Mai soll es so weit sein. Auch das hat Mielke in seinen Kalender eingetragen. Genauso wie er sich notiert hat, wie viel an Beton- und Bauschutt bis dahin fortgeschafft werden muss: 6000 Kubikmeter. Macht nach seiner Rechnung ungefähr 300 Lastwagenfahrten. Wie viele leere Sattelzüge im Schnitt pro Tag das Grundstück an der Vegesacker Promenade ansteuern werden und später wieder voll beladen vom Gelände rollen, hat er noch nicht abschließend kalkuliert. Dafür aber anderes. Zum Beispiel, wie viele Arbeiter auf seiner nächsten Baustelle in Vegesack anfangs zum Einsatz kommen.
Der Unternehmer hat nicht nur den Auftrag, die Strandlust abzureißen, sondern auch das Finanzamtsgebäude hinter der Markthalle, wo ein neuer Wohn- und Geschäftskomplex geplant ist. Anfang nächster Woche soll mit Phase eins begonnen werden: dem Entkernen. Wobei Mielke zufolge auch bei diesem Termin gilt – bei Dauerfrost muss er verschoben werden.