Das Hotel Strandlust hat eine lange Tradition. Es entstand vor 122 Jahren an der Stelle, an der sich die Jantzen-Sager-Werft befunden hatte. Die Werft von Johann Jantzen (1738–1802) war die erste Seeschiffswerft in Vegesack, sie wurde 1770, nur wenige Hundert Meter von dem seit 1623 existierenden Vegesacker Hafen entfernt, gegründet. 1814 übernahm Jürgen Sager die Werft, sein Sohn Peter führte sie fort. Im Gegensatz zu Schiffbauer Johann Lange aber übersah er die Zeichen der Zeit und verpasste den Anschluss an den Eisenschiffbau: 1869 schloss die Werft ihre Pforten.
1879 verkaufte Sagers Witwe Emma das Werftgelände für 15.000 Mark an die damals noch eigenständige Vegesacker Sparkasse, die sich 1940 der Sparkasse in Bremen anschloss. Im Zuge der Weserkorrektion (1887 bis 1895) wurde der gesamte Uferstreifen hochwasserfrei aufgespült. Das nun brachliegende Werft-Areal wurde so erhöht und verbreitert, ein Sandstrand entstand. Die Sparkasse Vegesack bewies Weitsicht, als sie an diesem schön gelegenen Platz keinen neuen Industriebetrieb ansiedelte, sondern die Weichen für Vegesack als Ausflugsort stellte. 1897 beschloss der Verwaltungsrat der Sparkasse in Vegesack, am Fuße des steilen Weserhangs eine „Erholungsstätte mit Gartenanlagen und Wirtschaftsgebäuden“ zu schaffen.
Im Juli 1898 wurde das von den Architekten Klingeberg und Weber entworfene „Etablissement Strandlust“ eröffnet. Ein großer Saal mit Galerie und Bühne, mehrere Klubräume sowie ein Restaurant lockten von nun an zahlreiche Gäste. Die Strandlust verfügte über eine großzügige Gartenanlage, mehrere Hallen und einen Musikpavillon. Die „Gaststätte der gehobenen Art“ war ein beliebtes Ausflugsziel, aber auch Jubiläen, Vereinsfeste, private Feiern wie Hochzeiten und Tanzveranstaltungen fanden dort statt. In die Strandlust zu gehen, war etwas Besonderes; man „kaffeesierte“ dort im feinen Sonntagsstaat. In den Sommermonaten fanden im Strandlust-Garten Konzerte statt, bei denen die Militärkapellen der umliegenden Garnisonen auftraten.
Zudem hatte Vegesack einen Anleger für Vergnügungsdampfer, deren Passagiere sich gerne ein paar schöne Stunden in der Strandlust machten, bevor sie wieder abfuhren. Die Gäste im Sommergarten, auf den Veranden und an den Fensterplätzen genossen den Blick auf die Weser und die großen Schiffe, die regelmäßig vorbeifuhren. Auch der Badestrand vor der Strandlust zog viele Besucher, vor allem Familien, an. 1939 sollte die Strandlust komplett umgebaut werden, wegen des Zweiten Weltkriegs kam es aber nicht dazu.
Einer der beliebtesten Veranstaltungsorte
Im Jahr 1945 beschlagnahmte die amerikanische Besatzungsmacht die Strandlust und gab sie bis 1948 nach und nach wieder an die Bevölkerung zurück. Im Jahr 1948 wurde das Hafenkonzert von Radio Bremen zum ersten Mal aus der Strandlust gesendet. Das Hotel blieb über viele Jahre einer der beliebtesten Veranstaltungsorte. Im Januar 1999 übernahm Günther Meyer die Moderation des Hafenkonzerts. Seine erste Sendung fand ebenfalls in der Strandlust statt. „Wenn es mal etwas zu feiern gibt, dann machen wir das hier“, sagte Meyer damals und so wurden viele runde „Geburtstage“ des Hafenkonzerts in der Strandlust begangen, bis es 2013 eingestellt wurde.
Anfang der 60er-Jahre wurde die Strandlust erstmals grundlegend umgebaut, seitdem hat sich das Erscheinungsbild des Gebäudes stark verändert. Nach und nach gestalteten diverse Bauherren den ursprünglichen architektonischen Charakter des Hotels um: Die Ziegelsteinfassade verschwand, ebenso das Schieferdach. Zwei Etagen wurden aufgestockt. Mehrfach modernisierte auch der im Jahr 2013 gestorbene Eigentümer des Hauses Karl Könecke das Haus aufwendig; unter anderem wurde eine Hochwasserschutzmauer gebaut. Aufgrund des Weserausbaus ersetzt seit 1976 eine Stahlspundwand den namengebenden Sandstrand an der Weser.