Fast alles ist so, wie es vorher auf Plänen zu sehen war: hier der neue Fahrstuhl, dort die Eingänge zu den Wohnungen. Hier die Wohnküchen, dort die Abstellräume. Und fast alles sieht so aus, als könnten gleich die Mieter einziehen. Oder demnächst. In manchen Zimmern und auf manchen Fluren sind Arbeiter dabei, die letzten Fußleisten, Heizkörper und Lichtschalter zu montieren. Und sauber zu machen. Wie bei jedem Endspurt auf einer Baustelle. Bis Ende des Monats noch, dann soll das Hartmannstift fertig sein – und sich ein anderes Unternehmen um den Vegesacker Traditionsbau kümmern.
Projektleiter Michael Lück hat in den Unterlagen nachgeschaut: Beinahe genau zwei Jahre – so lange hat es gedauert, bis die Fassade wieder annähernd so war wie auf alten Schwarz-Weiß-Aufnahmen und drinnen alles anders. Am 4. Oktober 2022 legten die Handwerker los, am 1. Oktober 2024 müssen sie weg sein. Dann übernimmt die Gewoba. Die Wohnungsbaugesellschaft will das fast 140 Jahre alte Klinkergebäude vermieten. Es ist nicht das einzige, für das sie auf dem Grundstück zwischen Gerhard-Rohlfs- und Albrecht-Roth-Straße verantwortlich wird. 68 Wohnungen sieht Lücks Plan vor, neun davon sind im Hartmannstift.
Dass die Sanierung des Hartmannstifts seine Zeit brauchte, hat ihm zufolge damit zu tun, dass das Gebäude vieles war – und vieles abgerissen werden musste, was nicht ursprünglich dazugehörte. Der Projektleiter nennt Jahre, in denen es ein Asyl für mittellose Kranke war, Stadtkrankenhaus, Frauenklinik, Bauamt, Flüchtlingsunterkunft. Und er zeigt Fotos, auf denen es immer wieder anders aussieht: mal mit Wintergarten, mal mit einem West- und Ostflügel, mal mit einem zusätzlichen Staffelgeschoss. Und wie es ursprünglich ausgesehen hat. Eben ohne Anbauten und Treppenanlage am Eingang. So wie jetzt wieder.
Arbeit machte auch, was nicht auf Fotos und Plänen zu sehen war. Zum Beispiel ein Fluchttunnel, der bis zur Weser führte – und ein anderer, der das Haupthaus mit dem Schwesternwohnheim verband. Sie wurden teils zugeschüttet, teils ausgebaggert. Anders als andere Funde, die die Arbeiter machten. Zum Beispiel ein Fliesenbecken. Zum Beispiel eine Marmortafel. Beide hat Lück sichern lassen. Das Becken ist in einem Flur, die Tafel im Treppenhaus. Das eine wurde ihm zufolge entweder als normaler Wasserspender oder für Nottaufen genutzt, das andere, um an den Stifter zu erinnern: Wilhelm Hartmann.
Der Projektleiter findet, dass Altes und Neues zusammengehören. Und man daran erinnern sollte, was mal war. Auch wo es war. In den drei Souterrainwohnungen sind abgerundete Deckenträger geblieben, die Originale sind. Lück sagt, dass sich unten im Gebäude die Labore und das Lager des Krankenhauses befanden. Und dass sich in den oberen Etagen die Patientenzimmer reihten. Aus ihnen sind Wohnungen geworden, die besondere Maße haben: In allen sind die Zimmerdecken rund vier Meter hoch. Die kleinsten kommen auf 60, die größten auf mehr als 80 Quadratmeter.
Alle Wohnungen im Hartmannstift sind geförderte Wohnungen. Und alle barrierefrei. Manche haben drei Zimmer, andere vier. Einige sind mit Bad plus Gäste-WC ausgestattet, andere mal mit Terrasse, mal mit Balkon. Sie sehen so aus wie alle Balkone im Quartier: schwarz. Und wie alle anderen sind sie aus Stahl. Laut Lück soll das zum einheitlichen Erscheinungsbild beitragen. Es gibt auch Gemeinsamkeiten, die man von außen nicht sehen kann. Alle Häuser sind energieeffiziente Häuser. Die Wände im Hartmannstift sind so dick, dass die Fensterbänke eine Tiefe haben, die sie zu Sitzbänken machen.
Wann die ersten Mieter kommen, kann Lück nicht sagen. Er geht aber davon aus, dass es schnell gehen wird, weil die Gewoba längst für die Wohnungen im Hartmannstift wirbt. Und für die anderen im Quartier. Die Gesellschaft übernimmt fast die Hälfte aller Wohneinheiten und vier von sieben Gebäuden. Einige sind inzwischen fertig oder dabei, demnächst fertig zu werden. Wie der Klinkerbau mit der Adresse Gerhard-Rohlfs-Straße 49c, in dem unten eine Tagespflege kommt und oben ein Wohnbereich. Der Hartmannstift nebenan hat die Hausnummer 49b und das Gebäude rechts von ihm 49c. Es ist das letzte, das fertig wird.

Ein altes Wasserbecken im Souterrain: Arbeiter sind dabei, es wieder herzurichten.
Jakob Richter
Erinnerung an den Stifter: Im Treppenhaus gibt es eine Marmortafel mit seinem Namen.
Jakob Richter
Blick in eine Wohnung: Die Decken sind rund vier Meter hoch.
Jakob Richter
Alles ist barrierefrei: Im Treppenhaus gibt es jetzt einen Fahrstuhl.
Jakob Richter
Draußen historisch, drinnen modern: das Treppenhaus im Hartmannstift.
Jakob Richter
Die Rückseite des früheren Krankenhauses: Die oberen Wohnungen haben inzwischen Balkone.
Jakob Richter
Managt seit Jahren den Umbau: Projektleiter Michael Lück.
Carmen JaspersenNach dem Zeitplan des Projektleiters soll es Mitte nächsten Jahres so weit sein – und Ende dieses bei allen anderen fünf Neubauprojekten auf dem rund ein Hektar großen Gelände. Das frühere Krankenhaus ist das einzige Gebäude, das vom Altbestand übrig geblieben ist und umgebaut wurde. Anfangs sollte das Hartmannstift-Quartier ein 20-Millionen-Euro-Projekt sein. Zuletzt hieß es, dass es um vier Millionen Euro teurer wurde.