Auf welche Weise kann der Stadtteil Vegesack in Zukunft erinnern? Mit dieser Frage hat sich der Beirat in dieser Woche intensiv befasst. Konkret ging es dem Gremium dabei um drei Ereignisse: den Gedenktag zur Reichspogromnacht (9. November), den Volkstrauertag (zwei Wochen vor dem ersten Advent) sowie den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar).
Nach den Worten von Jens Tittmann ist Erinnerungskultur mehr als nur das Niederlegen von Kränzen. "Denkbar sind zum Beispiel Veranstaltungen in Kooperation mit dem Kulturbüro Bremen-Nord", sagte der Vertreter der Kulturbehörde. Mit solchen Formaten würde das Gremium andere Zielgruppen erreichen als mit denen, die bisher zum Beispiel am Jacob-Wolff-Platz stattfinden.
Musik oder Sport
Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen hätten gezeigt, dass es in der Bevölkerung einen deutlichen Rechtsruck gebe. "Wer sich die Zahlen genauer anschaut, kommt zu dem Ergebnis, dass ein Großteil dieser Stimmen von jungen Männern bis maximal 30 Jahre stammen, die ein geringes Bildungsniveau haben", sagte Tittmann. Genau diese Zielgruppe könne der Beirat in den Fokus nehmen – und zwar mit entsprechenden Angeboten. "Ich denke da zum Beispiel an Musik oder Sport", so der Behördenvertreter. "Das wären Veranstaltungen abseits der klassischen Gedenkformate, mit denen der Beirat etwas Neues wagen und Akzente setzen könnte."
Kooperationspartner dabei könnte die jüdische Gemeinde in Bremen sein, die auch eine Jugendorganisation habe. "Denkbar wäre, dass man eine Jugend-Klezmer-Band mit einer Hip-Hop-Band im Kulturbahnhof zusammenbringt", schlug Tittmann vor.
So lange es noch Zeitzeugen gibt, könne der Beirat sich aber auch mit einer klassischen Gedenkveranstaltung an ältere Generationen wenden. Nur von beidem – also einer Zusammenkunft sowohl für junge Männer als auch für Ältere – riet er ab. "Dann hat der Beirat nicht nur ein organisatorisches, sondern auch ein finanzielles Problem", so Tittmann.
Klausur mit verschiedenen Akteuren
Um das optimale Format für den Stadtteil zu finden, schlug der Behördenvertreter eine Art Klausur vor, an der beispielsweise die Landeszentrale für Politische Bildung, das Landesfilmarchiv aber auch Schülerinnen und Schüler beziehungsweise Vertreterinnen und Vertreter des Jugendbeirates teilnehmen könnten. Zudem könnte ein Besuch im Staatsarchiv hilfreich sein. Dort fänden sich gegebenenfalls Informationen zu Vegesacker Anlässen der Erinnerung.
Beiratssprecherin Heike Sprehe (SPD) betonte, wie wichtig es ist, junge Leute in das Gedenken einzubinden. Deshalb sprach sie sich dafür aus, dass die Kooperation mit der Oberschule an der Lerchenstraße wiederbelebt werden sollte. Zudem habe der Jugendbeirat bereits zugesagt, sich an künftigen Gedenkveranstaltungen zu beteiligen. "Damit Menschen sich gegenseitig verstehen und anerkennen, ist es wichtig, dass sie sich treffen", sagte sie. "Und da beziehe ich auch ausdrücklich Muslime mit ein."
"Bisher richtete sich die Gedenkkultur in Vegesack vor allem an die Leute, die schon wissen, warum man Gedenken muss", sagte Maximilian Neumeyer (CDU). Deshalb begrüße er Tittmanns Vorschlag, Formate für andere Zielgruppen zu entwickeln. Ihm schwebten dabei vor allem niedrigschwellige Angebote vor, die sich insbesondere an junge Menschen richteten.
Nähere Details will der Beirat im Rahmen einer Klausurtagung erörtern. Die soll – Stand jetzt – im ersten Quartal 2025 stattfinden.