Vegesack. Ein riesiges Staudenbeet ist das Prunkstück des Vegesacker Stadtgartens. Es wird gerade für rund 45.000 Euro komplett „neu aufgebaut“, wie es in einer Verlautbarung des Umweltbetriebs Bremen heißt. Und es heizt einmal mehr die Debatte über seine Namensgebung an. Weshalb die gärtnerische Anlage allgemein als Hansekreuz bezeichnet werde, erschließe sich einem eigentlich nicht, sagt der ehemalige Leiter des Bauamtes Bremen-Nord, Christof Steuer.
Das rund 570 Quadratmeter große Beet ist vor rund 90 Jahren erstmals von der damaligen Lehrerin Johann Borcherding und ihren Schülerinnen angelegt worden und ähnelte in seiner Form tatsächlich einem Kreuz. Mit dem Hansekreuz aber, so Steuer, habe das rein gar nichts zu tun gehabt. Die Blumen- und Staudenanlage in der damaligen und heutigen Form sei schlicht ein Motiv ihrer Gestalter gewesen.
Diese Form soll nun auch bei der jetzt angelaufenen Erneuerung beibehalten werden. Grund für die gärtnerische Sanierung ist nach den Worten von Kirsten Doty, Sprecherin des Umweltbetriebs Bremen, die Ausbreitung von hartnäckigen und dominanten Wildkräutern gewesen. Sie hätten den Staudenpflanzen schwer zu schaffen gemacht und ihr Wachstum gehemmt. Die Folge: Die Ästhetik der Stadtgarten-Keimzelle litt sichtbar, so dass sich Umweltbetrieb und Stadtgartenverein zu einer grundlegenden Neugestaltung entschieden.
Inzwischen sind umfangreiche Erdarbeiten erfolgt. Der Boden des 570 Quadratmeter großen Beets wurde komplett und tief ausgesucht, um die Wildkräuter zu entfernen. Und die noch vorhandenen sowie brauchbaren Stauden sind an anderen Stellen verpflanzt worden. Für das neue Beet haben die Gärtnerinnen und Gärtner, die den Vegesacker Stadtgarten pflegen, 18 Pflanzenarten ausgewählt. Die nicht nur Bienen und andere Insekten anlocken sollen, sondern auch erfahrungsgemäß im Stadtgarten gut gedeihen. Die farbenfrohen Pflanzen mit so illustren Namen wie Herzblättriger Blütenkohl, Hohe Flammenblume oder Sommerschnee-Garten-Perlkörbchen sollen das riesige kreuzähnliche Beet im nächsten Jahr als blühende Pracht präsentieren.
Die gesamten Arbeiten zur grundlegenden Sanierung des sogenannten Hansekreuzes hat der Umweltbetrieb Bremen an ein Garten- und Landschaftsbauunternehmen vergeben. Mit der Revitalisierung des Herzstücks im rund sechs Hektar großen Vegesacker Stadtgartens wird noch in diesem Monat gerechnet. Die Kosten in Höhe von etwa 45.000 Euro, so Kerstin Doty, würden aus dem Bremen Fonds beglichen.
Einen historischen Stadtgarten, wenn man so will, gab es in Vegesack schon 1890. Er gehörte samt Teehäuschen zur Villa Fritze (später Ortsamt Vegesack, heute Wohnhaus). 1930 erwarb die Stadt Vegesack das Gelände, das von der Lehrerin und Biologin Johanna Borcherding (1876-1960) im Auftrag des ebenfalls 1930 gegründeten Stadtgartenvereins gestaltet und verschönert wurde. Als Vorlage für ihre Beetanlage, so könnte vermutet werden, diente vielleicht das Hansekreuz im Wappen der Stadt Vegesack. Das allerdings, so Christof Steuer, erinnert eher an die Koggen der Hanse, die vom 12. bis 15. Jahrhundert die Meere kreuzten und zum damaligen Reichtum der Hansestadt Bremen beitrugen. Mit dem Kreuz am Mast, das die christliche Seefahrt symbolisierte.
Auch die offizielle Dienstflagge der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)zeigt das rote Hansekreuz auf weißem Grund mit dem dünnem schwarzen Rand. Bis heute ist es zudem Bestandteil des Wappens von Stralsund und als Pflasterung auf den Bremer Marktplatz zu finden. Und als das Baumt Bremen-Nord den Vegesacker Stadtgarten nach seiner Zerstörung im Zeiten Weltkrieg neu anlegen ließ, wurde das historische kreuzartige Gebilde des riesiges Beetes zwar nachempfunden. „Aber das Hansekreuz“, sagt Christof Steuer,“ hat damit rein gar nichts zu tun.“
Wer durch den Vegesacker Stadtgarten schlendert, kann übrigens auch heute noch auf den Namen von Johanna Borcherding, Gründungsmitglied der ersten Stunde des Stadtgartenvereins, stoßen. Am Sockel einer steinernen Sonnenuhr ist zu lesen: Der Mutter des Stadtgartens und ihren Helfern.