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Blick ins Universum Wie eine Vegesacker Schule eine Reise zum Mond ermöglichen will

Wer in der Gerhard-Rohlfs-Oberschule in Vegesack 109 Treppenstufen hinaufsteigt, landet in der schuleigenen Sternwarte. Die gibt es seit 1937 und soll künftig ergänzend im Unterricht genutzt werden.
29.05.2024, 08:23 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Im Februar war Guido Wehmann auf dem Mond. Vegesack musste der 58-Jährige für diese weite Reise allerdings gar nicht verlassen. Trotzdem war ihm der Himmelskörper, der sich alle vier Wochen nachts leuchtend-voll präsentiert, ganz nah. "Ich habe deutlich die Krater gesehen", berichtet Guido Wehmann. "Es war, als würde ich in ihnen stehen." 109 Treppenstufen musste er für dieses Erlebnis in die Höhe laufen. So viele sind es, bis man in der Gerhard-Rohlfs-Oberschule die Kuppel erreicht hat, unter der sich die Schul-Sternwarte verbirgt. Eine Besonderheit in der bremischen Schullandschaft.

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Guido Wehmann ist an der Gerhard-Rohlfs-Oberschule IT-Tutor und betreut die IT-AG des fünften Jahrgangs. Und er ist begeisterter Hobbyastronom. "Schon von Kindesbeinen an", erzählt er. Darauf wurde auch Schulleiterin Kathrin Borges-Postulka aufmerksam. Sie bat ihn, die schulische Sternwarte zu betreuen, was den 58-Jährigen sehr freut. "Es ist ein tolles Gerät", schwärmt er unterm Kuppeldach und bringt das dreifache Spiegelteleskop in Position. Zuvor hatte er schon einen Teil des dunkelhölzernen runden Daches geöffnet. Dem Blick in die weite Ferne steht eigentlich nichts mehr im Wege. Wäre nicht gerade hellichter Tag. Und ein regendurchtränkter dazu. Ganz zu schweigen vom Feinstaub durch den Verkehr rund um die Schule, sagt der Hobbyastronom. Keine Chance, auch nur einen einzigen Stern vors Auge zu bekommen.

Blick über Vegesack

Dafür gibt es eine andere "kleine Nettigkeit", verspricht Guido Wehmann dem Besuch von der Zeitung und richtet seinen Blick in Richtung Süden. Im Inneren der Kuppel hängen Schilder mit den Anfangsbuchstaben der Himmelsrichtungen. Und unter dem S für Süden öffnet er nun eine Tür, durch die man auf einen kleinen Rundum-Balkon gelangt. "Von hier aus hat man bei schönem Wetter einen herrlichen Blick über Vegesack und bei klarer Sicht sogar bis zum Bremer Dom", sagt Guido Wehmann. So kommen einem an diesem Vormittag statt ferner Galaxien Weser und Grohner Düne, in die Höhe ragende Kirchtürme und die Dächer etlicher Vegesacker Häuser vor Augen.

Ideale Voraussetzung für den erfolgreichen Blick durchs Fernrohr, weiß Guido Wehmann, ist eine klare Luft. "Am besten wäre eine trockene und klare Winternacht." Wie bei der Mondreise im Februar. Weniger günstig seien die Sommermonate wegen der hohen Luftfeuchtigkeit und wegen der langen hellen Tage. Aber zu tun gibt es für Guido Wehmann rund um die Sternwarte auch jetzt noch genug. Sie müsse wieder instand gesetzt werden, sagt er. Reparaturen seien erforderlich. "Und das Gerät ist innerlich verstaubt." Gelegentlich erhält die Schule Spenden für die Instandsetzung, über die man sich sehr freue. Und nicht zuletzt gehe es ihm auch darum, seine Begeisterung für die "tollen Beobachtungen", die das Spiegelteleskop biete, an die Kinder und Jugendlichen der Schule weiterzugeben. "Auch sie sollen sich an den Sternen und der Astronomie erfreuen." Wie er den Orion- oder den Andromedanebel entdecken können.

Sternwarte soll ergänzend genutzt werden

Die Schulleiterin ist nicht abgeneigt. Auch wenn es schwierig sei, sagt Kathrin Borges-Postulka, die Sternwarte, die es seit 1937 auf dem Schulgelände gibt, fest in den Schulalltag einzubauen. "Aber es besteht das Interesse an einem ergänzenden Angebot." Und Guido Wehmann hat auch schon Ideen, wie die Schülerinnen und Schüler in die Sterne gucken können, ohne ihre Klassenräume verlassen zu müssen. Obgleich das Erlebnis, in die Kuppel hinaufzusteigen und mit den eigenen Händen das mächtige Teleskop zu bewegen, um den Himmel abzusuchen, sicher eine wahrlich einprägsame Erfahrung ist. Aber auf den fünf Quadratmetern, die der Raum unterm Kuppeldach bietet, könnten höchstens fünf Personen Platz finden. Auch er war als Schüler mal hier oben, erinnert sich Guido Wehmann. Das sei schon faszinierend gewesen.

Damit möglichst viele Schüler in den Genuss kommen, Sonnen betrachten zu können, obwohl sie Lichtjahre entfernt sind, möchte der IT-Fachmann das Sternwartesystem so modernisieren, dass man die Beobachtungen computergesteuert über ein Netzwerk auf einen großen Bildschirm ins Klassenzimmer überträgt. Einige Lehrer der Schule sind ebenso an dem Gedanken dran, ihren Unterricht und die Sternwarte auf diesem Wege unter ein Kuppeldach zu bringen. Das passe zum Profil der Schule, sagt Kathrin Borges-Postulka. "Wir sind MINT-Schule und haben somit schon die Schnittmenge zur Sternwarte", weist sie auf praxisnahe Angebote in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik hin. "Und wir sind eine Erasmusschule", fügt die Schulleiterin hinzu. "Wir gucken gerne weit."

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