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Astronomie Warum am Bremer Nachthimmel immer weniger Sterne zu sehen sind

Bremen ist im Ländervergleich das Bundesland, in dem man am schlechtesten Sterne sehen kann. Doch der Leiter des Planetariums verrät, dass man nicht weit fahren muss, um den sternenklaren Nachthimmel zu sehen.
04.03.2024, 05:00 Uhr
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Von Karolina Benedyk

Die Erinnerung daran, auf der Decke im Gras zu liegen und den Polarstern, den Großen oder den Kleinen Wagen am Himmel zu suchen, gehört für einige Menschen zur Kindheit. Auch Sternschnuppennächte ziehen viele Blicke Richtung Nachthimmel. Dabei sind Sternschnuppen und Sterne immer seltener am Nachthimmel zu sehen. Zudem liegt Bremen der Studie eines Onlineportals zufolge auf dem letzten Platz der Bundesländer, wenn es um die Sichtbarkeit von Sternschnuppen geht. Im Vergleich mit Flächenländern wie Bayern oder Niedersachsen ist das logisch. Aber wie schwierig ist es tatsächlich, in der Hansestadt Sterne zu sehen?

"Sterne zu beobachten hat in Bremen eine lange Tradition", sagt der Leiter des Planetariums Andreas Vogel. "Früher war die Stadt führend in der Astronomie. Vor 200 Jahren stand in Lilienthal das größte Teleskop des europäischen Festlandes."

Seither ist viel passiert. Mittlerweile sehe man in Bremen viel weniger Sterne. Im Bundesvergleich sei Bremen eine der hellsten Städte, sagt auch Vogel. "Als Stadtstaat hat man mehr urbanen Raum auf einer kleineren Fläche, wodurch Stadtstaaten heller sind als andere Bundesländer." Und je heller die Stadt, desto weniger Sterne sind am Nachthimmel zu sehen.

Die Sichtbarkeit von Sternen nehme nicht nur in Bremen, sondern weltweit ab, sagt Vogel. Laut einer Untersuchung, an der unter anderem das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) mitwirkte, verläuft die Entwicklung schneller als bislang angenommen. Menschen sehen weltweit immer weniger Sterne am Nachthimmel. Dafür sei vor allem die Lichtverschmutzung in den Abend- und Nachtstunden verantwortlich. Diese nehme pro Jahr um sieben bis zehn Prozent zu.

Lichtverschmutzung nimmt zu

Grelle Straßenbeleuchtung, Flutlicht in Stadien oder beleuchtete Häuserfassen: Jede Lichtquelle erhöht die Lichtverschmutzung der Stadt. Obwohl auch Bremen auf energieeffiziente LED-Beleuchtung umstellte, hat die Lichtintensität zugenommen. Das Problem sei: "Man nimmt nicht dieselbe Lichtmenge mit weniger Energie, sondern man beleuchtet mit derselben Energiemenge viel mehr", sagt der Leiter des Planetariums.

Die Lichtverschmutzung habe "gravierende Auswirkungen auf Mensch und Natur", sagt Vogel. Viele Zivilisationskrankheiten würden mit der zunehmenden Beleuchtung zusammenhängen. Das sogenannte weiße und blaue Licht führten dazu, dass der Körper sich dauerhaft im Wachrhythmus befinde. Auch nachtaktive Tiere wie Igel oder Falter würden mit den Lichtquellen bei Nacht nicht zurecht kommen.

Mit der Lichtverschmutzung gehe auch ein Stück Kultur verloren, sagt Vogel. Die Astronomie sei eine der ältesten Wissenschaften auf der Welt. "Unsere Vorfahren haben sich an den Sternen orientiert und mithilfe des Sternenhimmels die Jahreszeiten bestimmt", sagt er weiter. Heutzutage schauten die wenigsten Menschen in den Himmel. Vogel sagt, es gebe in einigen Ecken der Welt Kinder, die noch nie einen Stern gesehen hätten.

Lichtverschmutzung aus dem Weltall

Astronominnen und Astronomen forschen mittlerweile an den dunkelsten Orten der Welt, wie entlegeneren Berggipfeln. Doch auch dort könnte es zukünftig zu hell werden, um Sterne zu sehen. Lichtquellen gibt es dabei nicht nur auf der Erde, sondern auch im Weltall. Etwa Satelliten in der Erdumlaufbahn bestärken die Lichtverschmutzung. Das besorgt Vogel nach eigenen Angaben.

So will beispielsweise Elon Musik innerhalb seines "Starlink"-Projekts weitere Satelliten in den Weltraum schicken. "Dadurch wird es noch heller", sagt Vogel. "Irgendwann kommen wir zu dem Punkt, dass es zu hell auf der Erde ist, um am Himmel zu forschen. Dann müssen wir auf die Rückseite des Mondes ausweichen."

Deswegen fordert er ein internationales Gesetz zur Regulierung von Satelliten. "In Deutschland und Bremen brauchen wir zudem ein Beleuchtungsgesetz, das den dunklen Nachthimmel schützt", sagt Vogel, "also nur beleuchten, wenn es wirklich notwendig ist und die Beleuchtung anpassen."

Bis dahin müssen Bremerinnen und Bremer etwas weiter aus der Stadt herauszufahren, um Sterne zu sehen. Vogel empfiehlt: "Zwischen Bremen und Bremerhaven, in der Lüneburger Heide oder hinter Verden gibt es noch dunkle Ecken, in denen man wunderbar Sterne schauen kann."

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