Frau Thalbach, Sie lesen nicht nur aus Miss Merkel, sondern verkörpern die Figur auch in der gleichnamigen Fernsehreihe. Wie kommt es, dass Sie sich so intensiv mit dem Werk von David Safier befassen?
Katharina Thalbach: Das hat sich durch die Verfilmung von Miss Merkel ergeben. Dadurch lernte ich David kennen und auch lieben, muss ich zugeben. Letztlich hat sich daraus eine schöne Freundschaft entwickelt, auch mit Davids Frau Marion. Und die wurde auch noch nicht getrübt, weil wir uns so an der gemeinsamen Arbeit erfreuen. Besonders freue ich mich aber über Davids Bücher, und zwar auch über die, die nicht Miss Merkel heißen. Ich genieße zum Beispiel das wunderbare Buch über seine Eltern sehr.
Was reizt Sie so an Miss Merkel?
Katharina Thalbach: Ich bin einfach eine Verehrerin von Agatha Christie. Deshalb spiele ich auch so gerne Hercule Poirot auf der Bühne in Berlin, um da auch einen männlichen Detektiv darstellen zu können. Miss Merkel ist eine ungewöhnliche Geschichte, die im entfernten Sinne etwas mit Agatha Christie zu tun hat. Da ist ein Märchen entstanden, was weltweit ziemlich einzigartig ist, nämlich das eine ehemalige Regierungschefin, in diesem Fall die erste deutsche Kanzlerin, in ihrem Rentendasein noch den Job der Detektivin für sich entdeckt. Und das finde ich so was von märchenhaft und schön. Zum anderen dieses ehrliche Verhältnis zu Herrn Sauer, was ja auch eine Märchenhaftigkeit hat. Ich wünsche es Frau Merkel auch privat, dass es so ist, wie bei Thorsten Merten (spielt Joachim Sauer in den Verfilmungen, Anm. d. R.) und mir. Wir sind ein Traumpaar. Die Figur hat auch etwas von Mister Stringer und Miss Marple. Und die Chance, so eine Rolle zu spielen, bekommt man nur selten. Also habe ich zugegriffen.
Herr Safier, was bedeutet es für Sie, dass Katharina Thalbach Miss Merkel spielt und auch aus dem Roman liest?
David Safier: Beides ist ein großes Geschenk. Das muss man einfach so sagen. Katharina ist eine oder wenn nicht sogar die größte Schauspielerin in Deutschland. Mittlerweile ist, wie schon gesagt, zwischen meiner Frau Marion, Katharina und mir eine Freundschaft entstanden. Das ist wirklich viel. Damit gehört sie zu einem kleinen Kreis von vielleicht fünf Leuten aus dem Showbusiness, die ich auch privat treffe. Das ist wirklich ein großes Geschenk, sie sowohl in den Filmen als auch aus dem Buch lesen zu hören. Vor Kurzem habe ich sie erst in der Orangerie von Schloss Sanssouci gesehen. Ich habe immer so ein Lächeln und Grinsen auf dem Gesicht, wenn sie auf der Bühne steht. Gleiches gilt, wenn ich sie im Fernsehen sehe. In der vorvergangenen Woche hatten wir das Vergnügen, den zweiten Teil von Miss Merkel zu schauen, der am 19. März ausgestrahlt wird. Sie da zu sehen, war einfach schön. Wir lachen und freuen uns. Das ist einfach toll.
Kommen Sie denn auch regelmäßig nach Bremen, um David Safier zu besuchen?
Katharina Thalbach: Wir treffen uns an allen möglichen Orten. Mal ist das in Bremen, mal in Hamburg und mal in Berlin. Wir haben uns auch schon bei mir auf dem Land im schönen Brandenburg getroffen. Wir haben also schon diverse Orte gefunden, werden aber sicher auch noch Orte wie Paris, London und New York finden.
David Safier: Genau. Demnächst wird der erste Teil von Miss Merkel in England erscheinen. Da waren wir auch schon gemeinsam zu einem Interview für die Sunday Times. Also haben die Menschen auf den britischen Inseln es auch schon wahrgenommen, dass Katharina Miss Merkel spielt.
Das heißt, ein Buch aus Bremen wird nicht nur in Deutschland gelesen, sondern auch in Europa und vielleicht sogar weltweit?
David Safier: Ja, in Südamerika wurde Miss Merkel auch veröffentlicht. Ich habe das Glück, dass meine Bücher in vielen, vielen Ländern gelesen werden. Und dadurch, dass die Reihe demnächst auch in England erhältlich ist, wandert die englische Ausgabe ja auch in amerikanische Buchhandlungen.
Frau Thalbach hat es gerade ja schon angesprochen: Die Titelheldin heißt genau so wie die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin. Woran liegt das?
Katharina Thalbach: Naja, es geht eben um Angela Merkel im Rentenstand. Das ist ja auch eine Frage, die die Menschen bewegt. Schließlich hat sie relativ jung abgedankt und nicht wie andere Kanzler in unserem Land, die das dann doch sehr ausgereizt haben. Und sie sagt bei David Safier ja ganz deutlich, sie will nichts mehr mit Politik zu tun haben. Jetzt sind Garten und ein Mops an der Reihe. Und dann stolpert sie plötzlich über Leichen. Ein Problem, das nur von ihr gelöst werden kann. Denn nicht nur in der Politik, sondern auch beim Bundeskriminalamt gibt es viele, viele unfähige Männer. Und dazu zählt besonders Kommissar Hannemann. Vor diesem Hintergrund muss sie natürlich einspringen.
Hat Frau Merkel sich eigentlich mal bei Ihnen gemeldet?
Katharina Thalbach: Das interessiert immer alle, aber nein, sie hat sich nicht geäußert.
Und bei Ihnen, Herr Safier?
David Safier: Nein, mir gegenüber hat sie sich auch nicht geäußert. Keine Sorge, da kam auch kein Schreiben von einem Anwalt. Von Journalisten habe ich aber gehört, dass das Buch in ihrem Umfeld wahrgenommen und viel gelesen wird.
Bisher sind drei Teile von Miss Merkel erschienen. Planen Sie einen vierten Teil?
David Safier: Ich sitze gerade an einem vierten Band. Und da fließen auch Impulse von Katharina mit ein. Sie hat häufig sehr lustige Ideen, die ich dann in die Geschichte integriere. Vermutlich wird es davon dann auch wieder einen Film geben. Und darauf freue ich mich wirklich schon sehr.
Mit Miss Merkel haben Sie einen Uckermark-Krimi aufgelegt. Könnten Sie sich als gebürtiger Bremer auch vorstellen, einen Bremen-Krimi zu schreiben?
David Safier: Vorstellen kann man sich ja im Prinzip immer alles auf dieser Welt. Das ist dann aber immer eine Frage der richtigen Idee. Wenn Angela Merkel aus Bremen gekommen wäre, dann wäre das ein Bremen-Krimi geworden. Allerdings habe ich einen Roman über meine Eltern geschrieben, der ja zu großen Teilen – sicherlich zu 60, 65 Prozent – in Bremen spielt. Also gibt es den Bremen-Roman schon von mir.
Katharina Thalbach: Das Buch ist wunderbar. Dadurch habe ich Bremen sehr schön kennengelernt.
Am 15. März kommen Sie gemeinsam nach Vegesack. Was erwartet die Besucherinnen und Besucher?
Katharina Thalbach: Es erwartet sie eine einsame Frau an einem kleinen Tisch mit Mikrofon – kein Stehpult. Ich halte keine Rede, sondern ich lese vor, und da ich sehr gerne vorlese, ist mir vollkommen egal, ob dort unten sechs Zuhörer sind oder 96. Ich hoffe aber, dass es für das Publikum unterhaltsam ist. Natürlich werde ich nicht verraten, wer der Mörder ist. Das ist ja auch ein sehr dicker Roman, der dann natürlich zusammengeschrumpft wird. Die Lesung wäre sonst einfach zu lang. Aber ich glaube, man bekommt schon einen guten Eindruck von der Personage. Dazu gehört Angela Merkel, ihr Bodyguard Mike, ihr wunderbarer Ehemann, Herr Sauer, und natürlich – nicht zu vergessen – der unfähige Kommissar Hannemann. Ich versuche einfach, die Menschen anderthalb Stunden lang zu unterhalten und in diese Welt eindringen zu lassen.
David Safier: Ich habe an dem Abend keine Funktion. Ich werde da im Publikum sitzen und erfreue mich dann genauso wie die anderen Menschen an der Lesung. Gemeinsam mit meinem Zeichner lese ich ja auch aus Miss Merkel. Aber selbst im Publikum zu sitzen und dann jemand so großartigen wie Katharina zuhören zu können, ist wirklich großartig. Und das kommt wirklich aus tiefstem Herzen. Es ist toll, wie sie den Text interpretiert. Die Geschichte ist natürlich nicht neu für mich. Ich kenne jeden Satz. Dennoch ist es für mich eine Überraschung, was Katharina da auf der Bühne macht. Das ist toll.