Die Zahl der Straftaten im Bremer Norden ist 2020 im Vergleich zu 2019 gestiegen. Das geht aus der Kriminalitätsstatistik der Bremer Polizei hervor, mit der sich der Vegesacker Beirat am Montagabend auf Stadtteilebene befasst hat. Für den gesamten Bremer Norden wurden die Zahlen bereits im Sommer 2021 präsentiert. "Die Statistik ist besonders und muss vor dem Hintergrund der Pandemie betrachtet werden", sagte Ralf Goldmann, Leiter des Polizeikommissariats Nord.
Dass sich der Beirat erst in dieser Woche mit der Statistik für das Jahr 2020 befasst hat, liegt zum einen an der Corona-Pandemie, informierte Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt. Zum anderen gab es mit Nicolai Roth, Abteilungsleiter Nord-West, und Ralf Goldmann gleich zwei neue Führungskräfte bei der Nordbremer Polizei.
"Die Zahl der Straftaten ist aufgrund veränderter Tatgelegenheitsstrukturen gestiegen", sagte Goldmann. "2020 gab es zwar weniger Raubdelikte, Wohnungseinbrüche, Kfz-Delikte und Fahrraddiebstähle, dafür ist aber die Zahl der einfachen Körperverletzungen und Einbrüche in Kellerräume gestiegen." Spezielle Brennpunkte hätten die Beamten nicht ausmachen können.
Insgesamt zählte die Polizei 8489 Straftaten im Bremer Norden. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor lag die Zahl noch bei 6632. Daraus ergebe sich allerdings nicht, dass 2020 mehr Straftaten verübt wurden. "Die Kriminalitätsstatistik ist eine Ausgangsstatistik", erläuterte Goldmann. "Straftaten werden in dem Jahr erfasst, in dem die Polizei sie an die Staatsanwaltschaft abgibt." Von den gut 1800 zusätzlich registrierten Straftaten seien etwa 1000 auf den sogenannten Haldenabbau zurückzuführen. Anfang 2020 hätten Studierende der Hochschule für Öffentliche Verwaltung bestehende Fälle, in denen noch nicht ermittelt wurde, bearbeitet. Dazu zählten etwa Betrügereien über Ebay und andere Plattformen sowie Delikte aus der Betäubungsmittelkriminalität. "Über 1000 Fälle sind so in die Kriminalitätsstatistik 2020 eingeflossen", erläuterte der Beamte. Außerdem seien die Ermittlungen zu einer Serie von Kellereinbrüchen mit über 500 Taten Anfang 2020 abgeschlossen worden. Hierbei habe es sich allerdings um Einbrüche aus dem Jahr 2019 gehandelt. "Wenn man diese 1500 Fälle berücksichtigt, bewegt sich die Kriminalitätsstatistik für 2020 etwa auf dem Niveau des Vorjahres", so Goldmann.
Deutlich gesunken ist die Zahl der Raubtaten auf Straßen, Wegen und Plätzen. In Vegesack registrierte die Polizei 2020 zwölf Fälle. Ein Jahr zuvor waren es noch 21. Im gesamten Bremer Norden wurden 23 Straftaten in diesem Bereich bearbeitet, 2018 waren es noch 44. "Diese positive Entwicklung ist im Zusammenhang mit der Pandemie zu sehen", erläuterte Goldmann. "Das öffentliche Leben wurden stark zurückgefahren. Damit gab es weniger Gelegenheiten für Raubüberfälle." Dieser Umstand habe zu einem Fünfjahrestief geführt. Gesunken sei auch die Zahl der Taschen- und Fahrraddiebstähle.
Gestiegen ist dagegen die Zahl der Körperverletzungen im Bremer Norden, von 686 in 2019 auf 963 in 2020. In Vegesack registrierte die Polizei einen Anstieg von 295 (2019) auf 395 (2020) Taten. "Unsere Hypothese ist, dass die Menschen pandemiebedingt mehr Zeit gemeinsam zu Hause verbringen und es damit auch mehr Körperverletzungen gibt", erläuterte Goldmann.
Während die Zahl der Wohnungseinbrüche konstant geblieben ist, ist die Zahl der Einbrüche in gewerblich genutzte Räume 2020 gestiegen. 41 Fälle registrierte die Polizei 2019 in Vegesack, ein Jahr später waren es 78. Im gesamten Bremer Norden hat die Polizei 176 Fälle bearbeitet.
Die Pandemie sei eine schwierige Zeit für die Polizei, sagte Nicolai Roth. "Einerseits müssen wir mit den Herausforderungen der Pandemie in der Bevölkerung zurechtkommen und etwa das Ordnungsrecht durchsetzen. Gleichzeitig müssen wir in den eigenen Reihen dafür sorgen, dass wir keine Ausfälle haben, sodass wir Kernprozesse auch weiterhin darstellen können." Deshalb habe man Kohorten gebildet, sodass nur bestimmte Mitarbeiter gemeinsam in einem Streifenwagen unterwegs sind. Auf diesem Wege wolle die Polizei das Infektionsrisiko innerhalb der Behörde gering halten.
Allerdings sei die Bremer Polizei in der glücklichen Situation, dass aktuell 700 Studierende an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung auf den Polizeidienst vorbereitet würden. "Die Studierenden werden in den nächsten drei Jahren sukzessive zu uns stoßen, davon geht eine erhebliche Anzahl auch in das Polizeikommissariat Nord", so Roth. Das bedeute, dass ein Viertel des Personals ausgetauscht werde, weil viele Polizisten in den Ruhestand gehen würden. Daraus ergebe sich die Herausforderung, den Wissenstransfer innerhalb der Polizei zu organisieren. So müssten junge Kollegen von den Erfahrenen etwa lernen, welche Besonderheiten die jeweiligen Quartiere haben.