Es gibt viele Baustellen in Vegesack. Im wörtlichen, wie im übertragenen Sinne. In den kommenden Monaten und Jahren werden Gerüste und Bagger vielerorts das Ortsbild prägen. Davon ist Dirk Kühling, Abteilungsleiter im Wirtschaftsressort, überzeugt. Damit die zahlreichen Bautätigkeiten Vegesack auch nachhaltig nach vorne bringen können, muss aber auch abseits der großen und kleinen Baufelder einiges abgearbeitet werden. Das jedenfalls war eine Erkenntnis des Dialogforums Nord, das am Donnerstag im Bürgerhaus über die Bühne gegangen ist. Eingeladen hatten der Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord (WiR) und die Handelskammer. Es gebe viele gute Planskizzen für und in Vegesack, betonte Handelskammer-Präses Janina Marahrens. Das sei auch gut so, denn: „Vegesack als erfolgreiches Mittelzentrum ist wichtig für ganz Bremen-Nord.“
Mittelzentrum – dieser Ausdruck bringt Schwung in die Debatte. Denn während Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt oder WiR-Chef Rainer Küchen nicht müde werden, Vegesack genau diese Funktion zuzuschreiben, spricht René Kotte vom Bauamt Nord lieber von einem Stadtteilzentrum, einem besonderen allerdings. Küchen und Dornstedt haben aber eher die 111.000 Einwohner Bremen-Nords im Blick und sehen den Stadtbezirk gewissermaßen als Großstadt. Vergleichbar mit Siegen beispielsweise. Dem müsse Bremen Rechnung tragen. Kühling verweist noch auf die benachbarten niedersächsischen Kommunen und spricht von einem Einzugsbereich von rund 150.000 Menschen.
So oder so, Bremen-Nord fordert bei den Überlegungen der Stadtentwicklung eine besondere Rolle ein. Und Vegesack reklamiert innerhalb des Stadtbezirks eine herausgehobene Position für sich. Die örtlichen Akteure sehen allerdings Handlungsbedarf. „So wie es jetzt ist, verliert Vegesack an Zugkraft“, sagt Küchen. Er macht das beispielsweise an der Maritimen Meile oder dem Stadtgarten fest, die nicht mehr das seien, was sie einmal waren. Und an fehlenden Arbeitsplätzen. Daher fordert er auch mehr Personal für Bauamt und Wirtschaftsförderung, um dort das Tempo erhöhen zu können. Leffers-Chef Werner Pohlmann wies zudem auf den Mangel an Gastronomie hin.
An Bauprojekten mangelt es hingegen nicht. Die großen, wie das neue Hafenquartier oder die Umgestaltung des Steingut-Areals, sind in aller Munde. Doch es gebe noch zahlreiche kleinere Projekte, verkündete René Kotte vom Bauamt Nord. "Die stecken aber noch in den Kinderschuhen und werden sicher noch drei bis fünf Jahre benötigen", warb Kotte um Verständnis. Vielen Unternehmern geht das nicht schnell genug. Das wurde beim Forum klar. Sie fordern, dass Abläufe nicht nur beschleunigt werden müssten, sondern auch vereinfacht. Es könne nicht sein, dass Investoren mit vielen unterschiedlichen Ansprechpartnern zu tun hätten. Da müsse aus einem Guss gearbeitet werden. Ein Argument, dass Dirk Kühling gelten ließ. "Die Wirtschaftsförderung muss hier eine Lotsenfunktion übernehmen", forderte er.
Eines allerdings müsse Vegesack schon selbst regeln. Und zwar müsse geklärt werden, ob die eigene Identität immer noch maritim sei. Das fragte Jörn Gieschen, Geschäftsführer des Vegesack Marketing und forderte seinerseits: "Und die Vegesacker müssen anfangen, die Vorzüge ihres Stadtteiles zu erkennen." Zwischen den Zeilen klang durch: und auch zu vermarkten.