"Ich bin sauer. Ich bin richtig sauer", sagte ein Anwohner während der jüngsten Sitzung des Vegesacker Beirates. Sein Unmut bezog sich auf den Glasfaserausbau im Stadtteil. Als Vertreter der Deutschen Giganetz GmbH bei ihm zu Hause waren, entschied er sich für einen Internetanschluss des Unternehmens. Doch ob der Konzern überhaupt ein Netz in Vegesack aufbaut, ist aktuell noch fraglich.
Gut sechs Monate ist es her, dass die Außendienstmitarbeiter bei dem Vegesacker Anlieger waren. Damals hätten sie ihm gesagt, dass der Ausbau in einem halben Jahr beginnt. "Das ist nun rum", sagte er. Zwischenzeitlich seien Vertreter eines anderen Unternehmens bei ihm gewesen und hätten ihm ebenfalls einen Glasfaseranschluss angeboten. Den Ausbau plane der Konzern für das kommende Jahr. "Daraufhin wollte ich meinen Vertrag mit der Deutschen Giganetz widerrufen. Das war aber nicht möglich, weil die Widerrufsfrist abgelaufen sei", schilderte er.
Penetrantes Auftreten
Kritik gab es nicht nur aus der Bevölkerung, sondern auch von Beiratsmitgliedern. Nicole Poker (SPD) etwa monierte die Vorgehensweise der Außendienstmitarbeiter. "Bei mir waren zwei Mitarbeiter und wollten mir eine Unterschrift abverlangen", erzählte sie. "Die Herrn waren penetrant, aufdringlich und haben Druck ausgeübt." Sie müsse dem Vertrag zustimmen, ansonsten kämen sehr hohe Kosten auf sie zu. Ähnliches konnte auch Ines Schwarz (CDU) berichten. Bereits am Telefon habe sie den Unternehmensvertretern gesagt, dass sie kein Interesse habe. Trotzdem seien die Mitarbeiter zu ihr nach Hause gekommen. Dort habe sie noch einmal wiederholt, dass sie nicht interessiert sei. "Daraufhin hat der Vertreter fast seinen Fuß in meiner Tür gehabt. Mein Mann hat ihm deshalb ein Hausverbot erteilt", schilderte sie.
Projektleiter René Saupe bezeichnete die geschilderten Fälle als No-Go. "So ein Vorgehen dulden wir nicht", sagte er. Wer so etwas erlebt, könne sich direkt an das Unternehmen wenden. "Das sind Kollegen, die in unserem Namen unterwegs sind, aber nicht unsere Philosophie vertreten", so Saupe.
Eigentlich wollte die Deutsche Giganetz den ganzen Stadtteil mit schnellem Internet versorgen. Doch von diesem Vorhaben ist das Unternehmen mittlerweile abgerückt. Der Bereich zwischen der Autobahn 270 sowie der Lindenstraße und der Kirchheide wird ausgeklammert. "Bevor wir in die Vermarktung gegangen sind, hat sich ein Mitbewerber dazu entschieden, diesen Bereich zu versorgen", sagte er. Da die Deutsche Giganetz nicht dort ausbauen wolle, wo ein anderes Unternehmen bereits tätig ist, sei das Gebiet verkleinert worden.
Die verbliebenen Quartiere wolle der Konzern auf eigene Rechnung erschließen. "Wir nehmen keine öffentlichen Mittel in die Hand", sagte Saupe. "Der Netzausbau wird also nicht gefördert."
Von Quote noch weit entfernt
Vor diesem Hintergrund müssten sich mindestens 35 Prozent der Haushalte in Vegesack für einen schnellen Internetanschluss entscheiden. "Von dieser Marke sind wir noch relativ weit entfernt", so der Projektleiter. "Aktuell haben wir noch nicht einmal die Hälfte erreicht." Nichtsdestotrotz gehen die Planungen weiter. Zurzeit sei davon auszugehen, dass die Arbeiten im Herbst, spätestens jedoch zum Ende des Jahres beginnen. "Damit das dann schnell vonstattengeht, stehe ich bereits jetzt in einem engen Austausch mit dem Bauamt Bremen-Nord", schilderte er.
Laut dem Breitbandzentrum Niedersachsen-Bremen gibt es neben der Deutschen Giganetz noch ein weiteres Unternehmen, das den Glasfaserausbau im Norden der Hansestadt vorantreiben will: die Glasfaser Nordwest GmbH. Wie das Unternehmen mitteilt, haben die Arbeiten dafür bereits begonnen. Das gelte zum Beispiel für die Bereiche Vegesack-Mitte, Aumund-Hammersbeck, Schönebeck und Grohn.
Die Deutsche Giganetz beschäftigt zurzeit aber eine ganz andere Frage: Wie viel Zeit gibt sie sich noch, um die Quote von 35 Prozent in Vegesack zu erreichen. René Saupe geht davon aus, dass die Frist definitiv in diesem Jahr ablaufen wird. Einen genauen Termin konnte er aber noch nicht nennen.
Damit müssen Kunden, die bereits einen Vertrag mit dem Unternehmen geschlossen haben, weiter warten. "Wenn klar ist, dass wir uns aufgrund der veränderten Marktsituation zurückziehen müssen, werden wir das entsprechend bekannt geben", sagte Saupe. Erst dann wäre es für Vegesacker möglich, den Kontrakt mit der Deutschen Giganetz aufzulösen.