Vor 20 Monaten kam Gunnar Sgolik als stellvertretender Ortsamtsleiter nach Vegesack – nun wird er Chef der Stadtteilverwaltung. So hat es der Beirat am Montagabend entschieden. Wie die Wahl ablief, ein Überblick:
Die Ausgangslage: Seit 2008 ist Heiko Dornstedt Ortsamtsleiter in Vegesack. 2018 wurde er für weitere zehn Jahre gewählt. Da der Nordbremer aber Ende des Monats in den Ruhestand geht, brauchte es einen Nachfolger. Nach den Worten von Holger Ilgner ist die Wahl ein Schritt in einem Verfahren, das bereits seit mehren Monaten läuft. "Im Frühjahr hat sich der Beirat sowohl auf eine Ausschreibung der Stelle als auch auf einen Zeitplan verständigt", sagte der Mitarbeiter der Senatskanzlei, der die Sitzung am Montagabend moderierte. Im Sommer sei die Ausschreibung dann veröffentlicht worden. Darauf habe es elf Bewerbungen gegeben, später sei eine wieder zurückgezogen worden. Aus den verbliebenen zehn Einsendungen habe der Beirat im Vorfeld sechs Kandidatinnen und Kandidaten ausgewählt, die sich am Montagabend vorstellen sollten. "Von den eingeladenen Bewerbern musste einer kurzfristig absagen, sodass lediglich fünf Bewerberinnen und Bewerber übrig geblieben sind", so Ilgner.
Die Kandidaten: Vor fünf Jahren kam Thomas Backhaus als Stellvertreter ins Blumenthaler Ortsamt, nun will er den Chefposten in Vegesack. "Als stellvertretender Ortsamtsleiter konnte ich feststellen, dass ich gerne Sitzungen leite und mich eigentlich immer freue, wenn mein Chef nicht da ist", begründete der 32-Jährige seine Motivation. Aktuell betreue er unter anderem die Internetseite des Blumenthaler Ortsamtes. Darum würde er sich auch in Vegesack kümmern. Denn bisher würden der Online-Präsenz verschiedene Informationen, wie etwa Anträge zu den Beiratssitzungen, fehlen. Mit einer gut gepflegten Internetseite wolle er auch für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz sorgen.
Dass die Internetseite des Ortsamtes dringend überarbeitet werden muss, findet auch Dijana Nukic. Derzeit ließe sich dort nur schwer etwas finden. Und unter dem Reiter "Aktuelles" stünde eine Meldung, die bereits zwei Monate alt sei. Darüber hinaus brauche die Stadtteilverwaltung auch eine Social-Media-Präsenz. Die Funktion der Ortsamtsleiterin zu übernehmen, sei genau ihr Ding. Zwar habe sie bisher noch keine Erfahrung in der Verwaltungsarbeit sammeln können, "aber man kann alles lernen", so die 44-Jährige. Dafür verfüge sie über ein großes Netzwerk, das sie in den vergangenen 15 Jahren als Inhaberin einer Werbeagentur aufgebaut habe.
"Vegesack ist das Zentrum meines Lebens", sagte Holger Franz. Sowohl beruflich als Ingenieur bei Immobilien Bremen als auch ehrenamtlich als Funktionär im Fußball habe er viel im Stadtteil voranbringen können. Dieses Engagement wolle er ausbauen. Sollte er Verwaltungschef werden, würde er das Prinzip des "offenen Ortsamtes" verfolgen. Zudem sei ihm Transparenz wichtig. Dazu gehöre auch, dass sich sämtliche Informationen binnen kürzester Zeit auf der Internetseite wiederfinden. Neben Bürgern und Beirat nimmt er auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtteilverwaltung in den Blick. "Mir ist wichtig, dass man sich auch außerhalb der Arbeit trifft und zum Beispiel mal eine Fahrradtour macht", so der 53-Jährige.
Ulf Jünemann habe in seiner Funktion als Bauingenieur diverse Projekte in Vegesack begleitet und viele davon hinterfragt. "Bei manchen Maßnahmen sehe ich viel Potenzial, das besser durchdacht werden sollte", sagte er. Das gelte zum Beispiel für den Tunnel zwischen dem Stadthaus und der Tiefgarage. "Bei solchen Gelegenheiten habe ich gemerkt, dass ich gerne mehr Einfluss in Vegesack nehmen möchte", sagte Jünemann. Das gelte zum Beispiel auch für Projekte wie die Strandlust und die Maritime Meile. Der Bereich müsse gefördert und nicht durch eine Wohnbebauung zurückgedrängt werden.
Er wolle dazu beitragen, dass es Vegesack als Mittelzentrum besser geht, sagte Gunnar Sgolik. Darüber hinaus sei ihm daran gelegen, die Bürgerbeteiligung auszubauen. "Meine Idee ist, dass die Bürgersprechstunde der Beiratssprecherin auch in den Ortsteilen stattfindet", sagte der 35-Jährige. Schließlich sei der Weg ins Ortsamt für manche aus gesundheitlichen Gründen zu weit. Aus diesem Grund wolle er auch den Beiratsbeschluss zur Digitalisierung umsetzen und hybride Sitzungen ermöglichen. Darüber hinaus wolle er die Jugendbeteiligung ausbauen und fördern.
Die Zählkommission: "Aus guter Tradition wird dieses Amt im Bremer Norden von den Ortsamtsleitern der benachbarten Stadtteile, also von Oliver Fröhlich aus Blumenthal und Florian Boehlke aus Burglesum, übernommen", informierte Holger Ilgner. Trotzdem musste der Beirat dieses Vorgehen billigen, was er auch einstimmig getan hat.
Das Ergebnis: Da ein Beiratsmitglied krankheitsbedingt fehlte, haben lediglich 15 Stadtteilpolitiker gewählt. "Auf Thomas Backhaus entfielen zwei Stimmen und auf Gunnar Sgolik 13", sagte Florian Boehlke. Die übrigen Bewerber erhielten keine Stimmen.
Der nächste Schritt: Die Senatskanzlei bereitet nun alles vor, damit der Senat Gunnar Sgolik als neuen Ortsamtsleiter ernennen kann. Erst danach darf er das Amt antreten.