Eine Strategie für den Stadtteil Vegesack gibt es bereits seit zwölf Jahren. Doch weil sich die Gewohnheiten der Menschen im Laufe der Zeit verändert haben, muss das Papier entsprechend angepasst werden. Damit betraut sind neben dem Vegesack Marketing auch verschiedene Akteure aus dem Stadtteil. Die haben sich in den vergangenen Wochen mehrmals getroffen, um zu schauen, wie man das Mittelzentrum voranbringen kann.
Nach den Worten von Jens Nußbaum verändern sich Zentren regelmäßig. "Das nennt sich Strukturwandel", sagte der Vertreter des Dortmunder Büros Stadt und Handel während der jüngsten Sitzung des Vegesacker Beirates. Das Büro wurde vom Vegesack Marketing mit der Aktualisierung der Strategie beauftragt. Im vergangenen Jahrzehnt habe es einige Megatrends gegeben, die die Entwicklung der Innenstädte besonders stark beeinflussten. "Dazu zählen etwa die Digitalisierung, der Klimawandel sowie die Individualisierung", so Nußbaum. Diese Faktoren führten dazu, dass es heute nicht mehr so einfach sei, die Menschen in die Innenstädte zu locken.
Vor diesem Hintergrund müsse die bestehende Strategie nachjustiert werden. "Es geht um ein Update der Vegesack-DNA und um eine Fokussierung in einigen Bereichen", sagte er. Dazu zähle etwa, dass smarte Angebote geschaffen werden. Die sollen Zielgruppen in die Fußgängerzone locken, die bisher dort nicht zu finden sind. Zudem müsse geschaut werden, wie kreative Räume geschaffen werden, die auch außerhalb der Fußgängerzone liegen. "Denn das Vegesacker Zentrum ist selbstverständlich mehr als nur die Fußgängerzone", erklärte Nußbaum.
Zeitgleich stellte er klar, dass all das nicht allein vom Vegesack Marketing geleistet werden kann. "Es ist total wichtig, dass es einen Schulterschluss der Akteure vor Ort gibt", stellte er fest. Ziel dieser Bemühungen müsse es sein, dass Vegesacker Zentrum belebt zu halten.
Um das zu erreichen, wurden bisher drei Workshops angeboten. "In der ersten Phase haben wir geschaut, wo der Schuh drückt. Im Anschluss haben wir uns mit einigen Zielgruppen befasst und geschaut, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten es gibt", erläuterte der Vertreter. Das dritte Treffen habe dazu gedient, konkrete Maßnahmen zu entwickeln.
Jörn Gieschen ergänzte, dass die Workshops auch genutzt wurden, um über die Stärken und Schwächen des Stadtteils zu sprechen. "Es wird immer nur über die Schwächen Vegesacks gesprochen", sagte der Geschäftsführer des Vegesack Marketing. "Dabei hat das Zentrum auch unglaublich viele Stärken." Das sei nicht nur ein Ergebnis der Workshops, sondern auch die Rückmeldung von vielen Besuchern.
Einigen Beiratsmitgliedern war vor allem wichtig, dass der Branchenmix in der Fußgängerzone optimiert wird. So erneuerte Ingo Schiphorst (Stimme Vegesacks) seine Forderung nach einem sogenannten Vollsortimenter, also einen Supermarkt, der ein größeres Angebot hat, als ein Discounter. "Wir müssen erreichen, dass die Menschen gerne in Vegesack einkaufen", sagte Andreas Kruse (CDU). Das sei jedoch nicht mit Kiosken und einer Gastronomie zu schaffen, die es an jeder Ecke gibt. Gabriele Jäckel (SPD) monierte, dass es in Vegesack weder ein Sportgeschäft noch einen Laden für Kinderbekleidung gibt.
Jens Nußbaum gab allerdings zu bedenken, dass es keinen Sinn mache, bestimmte Sortimente in die Strategie zu integrieren. "Es braucht jemanden, der eine Geschäftsidee für solche Angebote hat", sagte er. Deshalb sei das auch nicht der Ansatz, den das Büro Stadt und Handel verfolgt. Stattdessen ginge es darum, das Zentrum mit Projekten zu fördern, die durch die Akteure vor Ort beeinflusst werden können.
Denn das Problem sei, dass etwa große Supermarktketten gar kein Interesse an einem Standort im Vegesacker Zentrum hätten. "Ich habe mir die Mühe gemacht, bei den Entwicklungszentren der Ketten anzurufen", sagte Jörn Gieschen. "Dort wurde meine Anfrage durchgerechnet. Dabei kamen die Unternehmen zu dem Ergebnis, dass sich ein Markt in der Fußgängerzone nicht lohnt." Das Thema wolle er aber trotzdem weiter verfolgen. Eine Chance könne etwa der Abriss der Markthalle sein. Deshalb sei er bereits mit Olaf Mosel im Gespräch, der an dem Bauvorhaben rund um den Sedanplatz beteiligt ist.
Um die Dynamik der Workshops nicht zu verlieren, soll der Prozess noch in diesem Jahr in die nächste Phase gehen. Wer bei den Treffen seine Unterstützung zugesagt hat, werde in den nächsten Wochen zu einer erneuten Zusammenkunft eingeladen. Im kommenden Frühjahr sollen dann die ersten Projekte umgesetzt werden. Mit denen wollen sich die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung dann im Rahmen ihrer nächsten Zusammenkunft im Detail befassen.