Sing- und Wiesenvögel, Grasfrösche und Erdkröten sind in den Hammersbecker Wiesen zu Hause. Doch bald könnte in dem Naturschutzgebiet ein Funkmast stehen. Was dafür und was dagegen spricht, beschäftigte den Vegesacker Beirat am Montag. Fest stand jedoch: Die Mitglieder mussten sich für einen Ort entscheiden, mit all seinen Vor- und Nachteilen.
Bisher versorgte den Ortsteil Aumund-Hammersbeck ein Funkmast an der Friedrich-Schröder-Straße. Diesen musste die Stadt abreißen, um ein Bauprojekt zu realisieren. Dadurch ist in Aumund-Hammersbeck ein Bereich nicht optimal mit Funknetz abgedeckt. Am Montag stellten Vertreterinnen und Vertreter des Bauressorts, des Gesundheitsamtes und des Umweltressorts dem Beirat ihre Erkenntnisse vor und brachten den Beirat in Bedrängnis.
Standortsuche
Die Suche nach einem geeigneten Standort ließ der Stadt nicht viel Spielraum. Es gab keine geeigneten Grundstücke im städtischen Besitz oder Gebäude, auf die man ausweichen konnte. In Frage blieben die Lerchenstraße in Aumund-Hammersbeck und ein Platz unweit der Turnhalle der Schule Hammersbeck. Beide Grundstücke sind in privater Hand. Die Eigentümer seien bereit, an die Versorgungsunternehmen zu verpachten, sagte die Vertreterin des Bauressorts, Sarah-Carina Bruhse.
Versorgungsauftrag
Bruhse sagte, dass das Bauressort einen Versorgungsauftrag habe. Ein funktionierender Funkanschluss sei Teil der Daseinsvorsorge. "Die Kommune hat aus dem Telekommunikationsgesetz den Auftrag, jedem Bürger Telekommunikation zu ermöglichen." So weit stimmten alle überein. Bruhse betonte, dass man darauf achten muss, dass der Ausbau gesundheitsverträglich ist.
Umwelthygiene
Matthias Ross ist Vertreter des Gesundheitsamtes Bremen und befasst sich mit Umwelthygiene. Er untersuchte die Standorte auf ihre Gesundheitsverträglichkeit. Hierbei ist der Radius von 200 Metern entscheidend. Ab diesem Grenzwert ist der Schutz für die Bevölkerung nachgewiesen. "Unterhalb dieser Grenze sind sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler uneinig, ob eine dauerhafte Strahlung gefährlich sein kann", sagte Ross. Grundlage hierfür ist die Verordnung über elektromagnetische Felder. Bei der Planung achtete er darauf, "dass Kinder den Hochfrequenzemissionen nicht dauerhaft ausgesetzt sind".
Ross wies darauf hin, dass man bei der Technologie auf ein neues Verfahren zurückgreifen könnte, das sogenannte Beamforming. Das dient zur Positionsbestimmung von Quellen in Wellenfeldern, sodass "die Ausstrahlung fokussierter ist und nicht gleichmäßig ausgestrahlt wird".
- Lesen Sie auch: Aumund-Hammersbeck: Bauantrag für Funkmast noch nicht gestellt
Dennoch ergebe sich bei dem Standort in der Nähe der Sporthalle ein Risikofaktor. Die Kinder würden den Strahlen dauerhaft ausgeliefert sein. Welche gesundheitlichen Folgen das hat, ist aus wissenschaftlicher Perspektive ungewiss. Deswegen favorisiert Ross den Standort an der Lerchenstraße.
Naturschutzrechtliche Bedenken
Dieser sei allerdings auch nicht unbedenklich. Bereits mehrere Verbände äußerten naturschutzrechtliche Zweifel. Hanna Pape ist Sachbearbeiterin für gebietsbezogene Naturschutzaufgaben. In ihrer Analyse blickte sie darauf, wie sich der Funkmast und sein Ausbau auf das Naturschutzgebiet an den Hammersbecker Wiesen auswirken würde.
Das Gebiet ist ein Biotop, der Schutz genießen sollte. Ausnahmen könnte die Umweltbehörde nur treffen, soweit die entstehenden Beeinträchtigungen ausgeglichen werden. Zudem ist das Gebiet zwischen zwei Gewässern ein Ort, den Amphibien durchqueren. Um die Tiere zu schützen, muss der Telekommunikationsdienst bei der Bauzeit darauf achten, nicht während der Wanderzeit der Amphibien zu bauen. Pape dachte bereits an Vorsichtsmaßnahmen für die Zukunft: "Es gibt Vermeidungsmöglichkeiten, die man treffen kann. Ich empfehle, Rasengitterstein anstatt von Schotter einzusetzen."
Auch suchen das Gebiet Besucherinnen und Besucher auf, die sich in der Landschaft erholen. Dabei beeinträchtigt der Mobilfunkmast von ungefähr 35 bis 40 Metern Höhe das Landschaftsbild.
Diese Erwägungen ergeben sich nicht beim Standort in der Nähe der Sporthalle. "Das hat keinen Schutzgebietsstatus." Zudem ist es kein Amphibien-Wanderweg, sodass der Artenschutz nicht in die Erwägung mit einfließt. Auch liegt das Gebiet am Ortsrand und ist kein Naherholungsgebiet.
Die Abstimmung
Während der Beirat diskutierte, ob dem Naturschutz oder der Sicherheit der Kinder Vorrang zu gewähren sei, sagte der Ortsamtsleiter Gunnar Sgolik, "dass das Bauamt auf eigene Hand entscheidet, wenn der Beirat keine Präferenz abgibt".
Daraufhin nahm der Beirat die Beschlussvorlage mit sieben Stimmen an. Präferenz: Lerchenstraße.