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Verkehrssituation in Bremen-Nord Welche Folgen die Zugausfälle auf Pendler und Unternehmer haben

Über Zugausfälle bei der Nordwestbahn und Staus auf der Lesumbrücke ärgern sich tausende Pendler. Unter der Situation hat aber auch Unternehmer Achim Boot zu leiden, dem dadurch zusätzliche Kosten entstehen.
13.10.2019, 19:54 Uhr
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Welche Folgen die Zugausfälle auf Pendler und Unternehmer haben
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Die Probleme bei der Nordwestbahn sind nicht nur ein Ärgernis für tausende Pendler, sondern auch für Nordbremer Unternehmer. Achim Boot ist Geschäftsführer der Werbeagentur Designland und beschäftigt drei Mitarbeiter in Vollzeit – zwei davon sind täglich auf die Regio-S-Bahn angewiesen.

„Zur schlimmsten Zeit habe ich im Schnitt alle zwei Tage eine Nachricht von meinen Angestellten erhalten, dass sie wegen eines Zugausfalls zu spät kommen“, berichtet Boot. Teilweise seien die Ausfälle durch seine Mitarbeiter kompensiert worden, in dem sie einen Zug früher genommen hätten. „Das ist zum einen unschön für meine Angestellten und funktioniert zum anderen nur, wenn der Ausfall zuvor in der App angekündigt wird“, sagt der Unternehmer.

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Doch das sei nur selten der Fall, weswegen sein Personal immer wieder zu spät zur Arbeit komme. „Deshalb habe ich Doppelschichten eingeführt, damit das Geschäft zu den Öffnungszeiten nicht geschlossen ist. Auf Dauer war dieses System aber nicht aufrechtzuerhalten. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, nicht mehr um neun Uhr zu öffnen, sondern erst um zehn“, sagt Boot.

Erste Verbesserungen soll es auf der Strecke zwischen dem Hauptbahnhof und Vegesack laut der Nordwestbahn ab dem 21. Oktober geben (wir berichteten). Doch dieses Versprechen stellt Achim Boot nicht zufrieden. „Mir bringt es nur etwas, wenn die bestellte Leistung erbracht wird, sprich zur Hauptverkehrszeit alle 15 Minuten eine Bahn fährt. Dazu gehört aber auch, dass die Züge nicht verkürzt sondern in voller Länge unterwegs sind“, sagt Boot. „Es kann nicht sein, dass meine Mitarbeiter genervt hier ankommen, weil sie in einem viel zu kleinen Zug gefahren sind.“

Kürzere Fahrzeit und deutlich umweltfreundlicher

Früher habe er die Regio-S-Bahn auch regelmäßig für Geschäftstermine in die Innenstadt genutzt. „Wenn es denn funktioniert, ist die Fahrtzeit mit der Bahn viel kürzer als mit dem Auto. Außerdem ist der Zug deutlich umweltfreundlicher, was für mich als Vater von zwei Kindern auch ein wichtiges Thema ist“, berichtet Boot. Mehrfach habe er es allerdings erlebt, dass er wegen ausgefallener Züge zu spät zu einem Geschäftstermin gekommen sei. „Deshalb nutze ich derzeit nur das Auto, weil bei der Bahn die Zuverlässigkeit fehlt“, sagt der Nordbremer.

Probleme bereiten dem Unternehmer nicht nur die Ausfälle bei der Nordwestbahn, sondern auch die halbseitige Sperrung der Lesumbrücke. „Wir haben die Situation, dass wir seit ungefähr einem Jahr ein Problem haben, in die Innenstadt zu kommen. Noch schlimmer ist es, wieder zurück nach Vegesack zu fahren“, sagt Boot. Deshalb versucht er, alle Montagen südlich von Bremen-Nord so zu legen, dass die Termine nach zehn und vor 13, 14 Uhr stattfinden. „Außerhalb dieser Zeiten haben wir auf der Lesumbrücke eine Eskalation. Das bedeutet für mich, wenn ich zwei Monteure und eine Aushilfskraft im Auto sitzen habe, dann sind das drei Personen, die schon mal eine Stunde im Stau stehen können“, sagt Boot. Diese Situation habe es in der Anfangszeit der Sperrung öfter gegeben. Teilweise müssten sich seine Angestellten auch heute noch zur Hauptverkehrszeit auf die A27 begeben, da die Kunden die Ware zu einer bestimmten Zeit benötigen.

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Das Nadelöhr zu umfahren, sei sehr schwierig. „Eine Zeit lang haben wir versucht, über Lemwerder und die Fähre zu fahren. Das ist ein völliges Fiasko, da die Fähre nicht häufiger fahren kann, wenn es etwa zu einem Unfall auf der Autobahn kommt“, sagt Boot. Außerdem seien die Kosten und die Fahrtdauer deutlich höher. Eine Alternative sei der Weg über Ritterhude und Lilienthal, um in die Innenstadt zu kommen. „Vor jeder Fahrt müssen wir in Echtzeit die Stausituation anschauen, um zu gucken, wo wir fahren können“, erzählt er. „Das kostet uns nicht wahnsinnig viel mehr Zeit. Es ist aber ein Arbeitsschritt, den wir zusätzlich einbauen mussten.“

Die Verkehrssituation bedeute für ihn nicht nur zusätzliche Arbeit, sondern auch zusätzliche Kosten. „Durch die Probleme bei der Nordwestbahn und auf der Lesumbrücke sind mir allein zwischen Januar und September zusätzliche Kosten zwischen 3000 und 4000 Euro entstanden“, sagt der Geschäftsführer. Dieser Betrag fehle am Ende, um etwa seinen Mitarbeitern das Gehalt zu erhöhen.

Bremer Politik mit Verantwortung

Verantwortlich für die Probleme im Bahn- und Straßenverkehr ist in den Augen von Achim Boot die Bremer Politik. „Man hat damals bei der Planung der Autobahn versäumt, die Brücke mit auszubauen. Das ist ein definitiver Planungsfehler der Politik in Bremen und niemand anderem sonst“, kritisiert der Unternehmer. Gleiches gelte für die Regio-S-Bahn. „Das Verkehrsressort hätte die Nordwestbahn sofort abmahnen müssen, als der Vertrag nicht mehr zu 100 Prozent erfüllt wurde. Nach zwei, drei Monaten müsste eine weitere Abmahnung erfolgen, sollte der Vertrag noch immer nicht erfüllt werden. Parallel müsste ein Notfallvertrag mit anderen Anbietern geschlossen werden, auf Kosten der Nordwestbahn“, fordert Boot.

Seine durch die Verkehrssituation gestiegenen Kosten könne er nicht vollständig an seine Kunden weitergeben. „Unsere Mitbewerber sitzen in der Innenstadt, das ist ein Riesen-Standortvorteil für sie“, sagt er. Deshalb gebe er nur einen kleinen Teil der Fahrtkosten, der aber nicht kostendeckend sei, an seine Kunden weiter.

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Aufträge südlich der Lesum könne er deshalb aber auch nicht ablehnen. „Wir sind leider nicht in der Situation, in der wir sagen können, da fahren wir nicht mehr hin“, sagt er. Das Bremen-Nord-Geschäft sei für ihn nicht ausreichend. Gleiches gelte für seine Orientierung Richtung Bremerhaven.

„Ich bin abhängig vom Geschäft in Bremen-Stadt“, sagt Boot. Deshalb habe er bei der aktuellen Verkehrsanbindung auf lange Sicht nur zwei Optionen: „Entweder wechsel ich den Standort oder ich gehe in den vorzeitigen Ruhestand“, sagt der Nordbremer Unternehmer. Beide Alternativen sind eigentlich keine Option für ihn. „Ich mache meinen Beruf mit Herzblut und möchte deshalb nicht so gerne vom Aufhören sprechen. Für den Standort Bremen-Nord habe ich mich bewusst entschieden, da ich hier geboren bin und hier immer gelebt habe“, sagt Boot. „Wenn sich das Geschäft am Ende aber nicht mehr lohnt, dann ist das so. Dann werde ich meine Zelte abbrechen müssen. Die Alternative wäre eine Insolvenz.“

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