„In den Bergen“ heißt die Ausstellung von Katrin Ullmann, die zurzeit im Overbeck-Museum zu sehen ist. Sie zeigt in Ölgemälden und Aquarellen die Schweizer Bergwelt mit ihren einzigartigen Formen, Farben und Lichtverhältnissen. Es gibt aber auch Motive aus Skandinavien. Die Werke von Katrin Ullmann werden durch Landschaftsgemälde von Fritz und Hermine Overbeck ergänzt.
Bei einem Künstler-Gespräch im großen Saal des Overbeck-Museums erzählte die im Wallis lebende Katrin Ullmann von der Entstehung ihrer Bilder, aber auch, wie sie als geborene Bremerin in die Schweizer Berge kam.
Museumsleiterin Katja Pourshirazi, die das Gespräch moderierte, hatte zunächst die feinen und präzisen Pflanzenmalereien von Katrin Ullmann kennengelernt. Als sie auch die Landschaftsbilder der Künstlerin sah, stellte sich sofort eine Verbindung zu den Gemälden von Fritz Overbeck fest. Overbeck hatte im Winter 1908/09 mehrere Wochen lang in der Nähe von Davos im Engadin gemalt. „Ich spürte sofort eine Ähnlichkeit des Seelenlebens und hatte das Gefühl, die Bilder sind Geschwister“, sagt Katja Pourshirazi. Katrin Ullmann kann dies bestätigen: Weniger in der Wahl der Bildmotive als im Ausdruck der Werke liege eine tiefe Übereinstimmung. „Es kommt schließlich bei Werken der Kunst nicht darauf an, darzustellen, wie etwas aussieht – sondern wie es sich anfühlt“, sagt die Museumsleiterin.
Doch wie hat es die aus Norddeutschland stammende Malerin in die schroffe Welt der Schweizer Berge verschlagen? „Ich habe noch während meines Studiums meinen Mann kennengelernt, der die Berge über alles liebte“, sagt Ullmann, „doch ich selber war überhaupt kein Bergmensch – und während er wandern ging, habe ich gemalt.“ Irgendwann entwickelte sich jedoch eine tiefe Verbundenheit mit der Landschaft des Wallis: „Es war der Ort, bei dem ich bei mir selber war“, sagt die Künstlerin. Und als dann ein Psychotherapeut ihr riet, in einer großen Landschaft zu leben und dort zu malen, war die Entscheidung gefallen.
Auch wenn die hohen Berge ihre neue Heimat wurden, schauen sie manchmal auf ihren Bildern gegenüber den großen Wolken ganz klein aus. Katja Pourshirazi erkennt darin eine enge Verbindung zur Kindheit der Malerin im Norden Deutschlands, was Katrin Ullmann bestätigt: „Das Licht ist für mich besonders wichtig, und ich spüre ihm besonders in Wolken oder in Gletschertoren nach – Licht ist für mich die Sprache der Landschaft.“ Die Malerin bekennt, dass sie häufig an der großen Herausforderung, eine komplexe Gebirgslandschaft ins Bild zu setzen, gescheitert sei - doch auch dieses Scheitern sei für sie eine wichtige Erfahrung, an der sie gewachsen sei.
Eine Teilnehmerin möchte wissen, wie Katrin Ullmann die schnell wechselnden Lichtverhältnisse draußen in der Natur festhält? Malt sie dazu besonders schnell? Die Malerin verneint dies vehement: „Man muss ein Bild in sich behalten und darf auf keinen Fall zu schnell malen“, sagt sie. Entscheidend sei die Intensität des Erlebens und man müsse den Willen aufgeben, ein schönes Bild zu malen. „Wenn ich mich ganz in einen Gegenstand, wie zum Beispiel einen großen Stein, vertiefe, entsteht ein Dialog, eine Art Liebesgespräch“, sagt sie.
Bei ihrer Malerei sei es ein großer Unterschied, vergleichsweise winzige Pflanzen in Lebensgröße zu malen oder eine gewaltige Gebirgslandschaft: „Man braucht dazu viel mehr Kraft, und es ist jedes Mal ein Abenteuer“, sagt Katrin Ullmann.
Beim Betrachten ihrer Bilder sei die Intensität des Malens zu spüren, so Katja Pourshirazi, „und ich merke auch bei den Besuchern der Ausstellung, dass sie vor solchen Bildern besonders lange stehen bleiben.“ Zum Abschluss versammeln sich die Teilnehmer des Künstlergesprächs vor zwei Bilder von Katrin Ullmann, die für diese Ausstellung ungewöhnlich sind: „Sie zeigen die Weiten einer norddeutschen Landschaft und sind eine Huldigung an meinen Großvater, der auch Maler war“, sagt Katrin Ullmann, „schließlich sind es exakte Kopien von zweien seiner Gemälde und bei dieser Arbeit habe ich die Welt plötzlich mit seinen Augen gesehen.“