- Warum ist die Deputationssitzung so wichtig für die Grundschule?
- Warum will die Schule an der Melanchthonstraße unbedingt eine Ganztagsbetreuung anbieten?
- Warum ist das Thema Ganztagsgrundschulen deutschlandweit von Interesse?
- Wie haben die Schulleitung und der Projektträger auf die ungewisse Zukunft reagiert?
- Was sind die Ergebnisse des Pilotprojektes "Ganztag und Raum" in Bremen?
- Wie bewertet die Bremer Schule die Teilnahme an dem Projekt?
Der 22. Oktober 2024 wird für die Schule an der Melanchthonstraße ein wegweisender und durchaus nervenaufreibender Tag. An diesem Dienstag nämlich soll die Deputation für Kinder und Bildung darüber entscheiden, ob aus der verlässlichen Grundschule in Walle (Betreuung von 8 bis 13 Uhr) eine Ganztagsschule (Betreuung bis maximal 16 Uhr) wird. Das klingt für Außenstehende erst einmal wenig brisant. Für die Rektorin Laura Materna und ihr 44-köpfiges Kollegium ist das Votum aber ein kleiner Thriller.
Warum ist die Deputationssitzung so wichtig für die Grundschule?
Über ein Jahr lang hat die Schule an der Melanchthonstraße an dem Pilotprojekt "Ganztag und Raum" der Montag-Stiftung teilgenommen. Die Kernfrage des Projektes: "Wie lässt sich gute ganztägige Bildung in bestehenden Schulgebäuden umsetzen?" Als eine von bundesweit fünf Einrichtungen hat die Bremer Bildungsstätte ein Konzept dazu erarbeitet. Vor Kurzem hat die Senatorin für Kinder und Bildung die Fortführung des Projektes übernommen. Auch wenn die Schule an der Melanchthonstraße das Konzept für Bremen erarbeitet hat, ist es aktuell noch unklar, ob sie von ihrer Arbeit überhaupt profitieren wird. Dazu müsste sie erst eine Ganztagsschule werden.
Warum will die Schule an der Melanchthonstraße unbedingt eine Ganztagsbetreuung anbieten?
"Der Ausbau des Ganztagsangebots ist eine riesige Herausforderung, weil man nicht überall neue Schulen bauen kann", weiß Materna nur zu gut. Im Gebäude an der Melanchthonstraße würde es im Ganztagsbetrieb mit rund 270 Lernenden "ziemlich eng" werden. Mit Blick auf den Sommer 2026 empfahl die senatorische Behörde ihr deshalb die Teilnahme an dem Pilotprojekt, bei dem moderne Lernmethoden im jetzigen Schulhaus umgesetzt werden sollen. Derzeit übernimmt der benachbarte Hort die Nachmittagsbetreuung. Mit dem Status Ganztagsgrundschule würde die Betreuung deutlich nahtloser und ganzheitlicher gestaltet werden als bislang.
Warum ist das Thema Ganztagsgrundschulen deutschlandweit von Interesse?
Ab dem Schuljahr 2026/2027 hat jeder Erstklässler in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung. Das hat die Bundesregierung beschlossen. Gut 3,5 Milliarden Euro will sie in den Ausbau des Angebots investieren. Auf den steigenden Betreuungsbedarf werde laut der Montag-Stiftung oftmals mit dem Bau neuer Ganztagsräume und Mensen reagiert. Eine Auslastung der bestehenden Räume über den ganzen Tag hinaus finde nur selten statt. Das soll mit dem Pilotprojekt geändert werden.

Von außen ändert sich am Schulgebäude nichts, nur innerhalb der Schule an der Melanchthonstraße soll es laut dem Konzept bauliche Veränderungen geben.
Die gewonnenen Erkenntnisse an der Melanchthonstraße wird Bremen für weitere Standorte nutzen, teilt die senatorische Behörde mit. Von 82 Bremer Grundschulen werden derzeit 50 ganztägig betrieben.
Wie haben die Schulleitung und der Projektträger auf die ungewisse Zukunft reagiert?
Irritation und Hoffnung. So lässt sich die Stimmungswelt der Projektbeteiligten zusammenfassen. "Das Konzept soll nicht in der Schublade verschwinden, dafür haben wir zu hart gearbeitet", betont Materna. Eine Exkursion zu einer Vorzeige-Ganztagsschule in Köln und mehrere Workshops waren unter anderem Teil des Projektes. Architekten und Pädagogen halfen bei der Ausarbeitung. Die Beratung sei etwa 50.000 Euro wert gewesen. Die Montag-Stiftung habe sich von der ungewissen Zukunft irritiert gezeigt. "Wir hoffen jetzt, dass wir bei der Umsetzung nicht vergessen werden", sagt die Rektorin.
Was sind die Ergebnisse des Pilotprojektes "Ganztag und Raum" in Bremen?
"Die Zeit des Frontalunterrichts ist vorbei", nennt Materna eine von vielen Veränderungen. In dem Konzept verschwinden die Klassenzimmer, dafür gibt es eine Art jahrgangsübergreifenden Co-Working-Space für Grundschüler. Dazu müssen unter anderem einige Wände eingerissen und Räume neugestaltet werden. Zudem ist ein Umbau der Turnhalle in eine Mensa angedacht.
Für die Umbauarbeiten gibt es noch keine Summe. Schließlich ist die Schule an der Melanchthonstraße aktuell keine Ganztagsgrundschule.
Wie bewertet die Bremer Schule die Teilnahme an dem Projekt?
Auch mit Blick auf die ungewisse Zukunft habe sich die Arbeit gelohnt. "Die Haltung bei uns Pädagogen ist oft so, dass wir gar nicht über das neue Verständnis von Bildung in der Gesellschaft nachzudenken brauchen, weil dafür kein Geld vorhanden ist. Durch das Projekt haben wir wieder Mut bekommen, den dringenden Bedarf an Veränderungen in der Pädagogik und am Schulgebäude einzufordern", erklärt Materna. Ob es letztendlich ein Happy End oder eine dramatische Wendung für die Schule an der Melanchthonstraße geben wird, hängt von der Deputationssitzung am 22. Oktober ab.