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Wabeq Lob für Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft

Die Europäische Union ist einer der wichtigsten Förderer der gemeinnützigen Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft. EU Kommissar Nicolas Schmit weiß jetzt auch, das die Mittel gut angelegt sind.
30.06.2022, 09:35 Uhr
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Von Anke Velten

Besuch aus Brüssel bei der Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft Wabeq: Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration, stattete dem Werkhof an der Getreidestraße einen Besuch ab. Das Programm war straff, die Zeit war knapp, doch offensichtlich hat das Wabeq-Team einen guten Eindruck hinterlassen. Von einem „ausgezeichneten Tag in Bremen“ twitterte Schmit auf der Weiterreise nach Niedersachsen und erwähnte dabei auch ausdrücklich dieses „beeindruckende ESF-Projekt“. Die Europäische Union ist einer der wichtigsten Förderer der gemeinnützigen Gesellschaft. Da muss man doch mal nachschauen, ob das Geld auch gut angelegt ist.

Gut angelegt: Das heißt nicht nur nachhaltig positiv für den beruflichen und persönlichen Lebensweg der Beschäftigten, sondern auch im Blick auf eine Gesellschaft und einen Arbeitsmarkt, der im Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft begriffen ist. „Viele beklagen sich darüber, dass es nicht genug qualifizierte Arbeitskräfte gibt“, hatte der EU-Kommissar zur Begrüßung erklärt. Die Ausbildung sei daher das Thema Nummer eins und die wichtigste Herausforderung. Die Wabeq war in einer Zeit entstanden, als sich der Bremer Westen auf dramatische Weise veränderte. Was früher ein boomendes Hafenviertel gewesen war, wurde mit der Schließung der AG Weser zum Notfall. „Es gab einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit“, erklärte Geschäftsführerin Birgit Füllgrabe-Frede dem Gast.

Suche nach beruflicher Orientierung

Gegründet wurde die Wabeq vor 23 Jahren von zwei Handwerksmeistern und einem Pädagogen – ihm selbst – ergänzte Geschäftsführer Ernst Schütte. Zur Wabeq kommen Menschen, die keinen so guten Start ins Berufsleben hatten oder keinen ganz geraden Weg. Sie finden hier berufliche Orientierung, Ausbildung, Qualifizierung und sinnhafte Beschäftigung. Nachhaltigkeit praktizieren und weitergeben habe bei der Wabeq von Anbeginn an eine Rolle gespielt, betonte Schütte. Beim Projekt „Stromsparcheck“– gefördert vom Europäischen Sozialfonds (ESF) – werden langzeitarbeitslose Frauen und Männer zu Energieberatern geschult, die einkommensschwachen Haushalten aber auch öffentlichen Institutionen dabei helfen, Energie und Geld zu sparen.

Im ebenfalls ESF-geförderten dreieinhalbjährigen Ausbildungsgang Betriebselektronik erlernen aktuell sechs junge Männer einen zukunftsfähigen Beruf – und den Blick für Nachhaltigkeit. „Die Jungs haben in den Sanitärräumen Lampen mit Sensoren eingebaut“, berichtete Ausbilder Gabriel Lampolia. „Vorher brannten die immer.“ Es sind Jungs wie Wiktor, der eigentlich etwas ganz anderes machen wollte. „Ich hätte gerne eine Ausbildung im IT-Bereich gemacht, habe aber keinen Platz gefunden“, erklärte der 21-jährige. „Hier habe ich meine Leidenschaft für Elektronik entdeckt.“

Schulen, Kitas und Polizeireviere umgerüstet

Die hauseigenen Anlagenmechaniker haben Bremer Schulen, Kitas und Polizeireviere so umgerüstet, dass die Stadt jährlich Hunderttausende Liter Wasser einspart. Und die Wabeq-Fahrradwerkstatt hat in den vergangenen beiden Jahrzehnten nicht nur ungezählte kaputte und halterlose Räder wieder zum Laufen gebracht und sie zum Selbstkostenpreis an Bedürftige vermittelt. Hier wurden auch Fahrradmonteure ausgebildet, nach denen sich die Branche die Finger lecke, erzählt Mitgründer Manfred Bednarz.
Der „Bike Point“ ist mittlerweile eine der Werkstätten, in denen Empfänger von Sozialleistungen tätig sind. Robert Vry hat als gelernter Industriemechaniker zwar eine solide Ausbildung, aber in seiner ostfriesischen Heimat keine beruflichen Perspektiven gesehen. „Ich bin erst seit Februar in Bremen“, erzählt der 56-jährige. „Die Wabeq hab ich mir angeguckt und bin geblieben.“ Die Arbeit mache so viel Spaß, „da macht mir sogar eine Stunde Arbeitsweg nichts aus.“

Er habe Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen davon überzeugt, die Sozialwirtschaft zu unterstützen, erklärte EU-Kommissar Nicolas Schmit. „Was Sie machen, beweist: Das ist ein Wirtschaftsmodell, das funktioniert.“

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Das bislang größte Wabeq-Projekt konnte der Geschäftsführer nur auf dem Papier vorzeigen. Auf einem vollständig versiegelten 11.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Seewenjestraße soll ein lebenswertes Wohnquartier entstehen, nach höchsten Energiestandards mit Platz für soziale Einrichtungen und 65 Prozent Grün –  gebaut von Wabeq-Leuten und lokalen Betrieben. „Fantastisch“, lobte der EU-Kommissar. „Das ist Sozialwirtschaft par excellence.“ Und dafür, so Schütte, müsse er unbedingt noch einmal nach Bremen kommen.

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